Die gepluenderte Republik
Deutsche Bank mit.So lässt sie von der US-Kanzlei Freshfields das »Enteignungsgesetz« entwerfen, das auf die HRE gemünzt ist. »Die Wahl dieser Berater, die weltweit und in Deutschland führend bei neoliberalen Privatisierungen und Finanzprodukten sind, garantiert, dass die ›Enteignung‹ nur eine Übergangs-Pannenhilfe auf Kosten des Staates darstellt«, meint Werner Rügemer. »Die zweite am Gesetzentwurf beteiligte Kanzlei, Hengeler Müller, ist die Hauskanzlei der Deutschen Bank: Zufällig ist die Deutsche Bank einer der Hauptgläubiger der HRE, und inzwischen bestimmt sie mit ihrem Personal den neuen Vorstand und den Aufsichtsrat der HRE. Und Hengeler Müller ist auch die Kanzlei des HRE-Großaktionärs Flowers.« 64
Selbst die Kommunen leiden unter den Geschäften mit der Deutschen Bank. So wurde sie von der Stadt Hagen wegen eines befürchteten 57-Millionen-Euro-Verlustes aus Spekulationsgeschäften beim Landgericht Wuppertal auf Schadensersatz verklagt, weil sie nicht ausreichend über die enormen Risiken informiert habe.
Beileibe kein Einzelfall: Wegen ähnlicher Geschäfte haben schon Kommunen und Unternehmen die Deutsche Bank verklagt. So fordert die kommunale Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) nach Millionenverlusten 2,6 Millionen Euro Schadensersatz. Und auch Remscheid machte mit derlei Zockerei fast 13 Millionen Euro Verluste, Neuss verlor mehr als 10, Dortmund 6 und Solingen rund 1,5 Millionen Euro.
Natürlich gehören zu derlei Deals immer zwei: Aber so unverantwortlich, verachtenswert und tendenziell kriminell (Untreue) das Verzocken von Steuergeldern auch sein mag: Ahnungslosen, naiven und geldgierigen Stadtvätern höchst unsichere Geldanlagen aus Steuergeldern anzudrehen ist genauso verwerflich, wie gutgläubigen Senioren überteuerte Rheumadecken aufzuschwatzen.
Hoch die Tassen!
»Sein Geburtstag, seine Gäste – nur blechen musste der Steuerzahler«, schrieb die
Süddeutsche Zeitung
über die rauschende Party inklusive Festessen zum 60. Wiegenfest von Josef Ackermann, die ihm Angela Merkel am 22. April 2008 im Kanzleramt ausrichtete. »Das wäre mal eine schöne Sache: den eigenen runden Geburtstag würdig feiern, hoch über der Spree in den repräsentativen Räumen des Bundeskanzleramts. Ein paar Freunde sollten nicht fehlen. Und das Schönste wäre, wenn für die ganze Chose der Steuerzahler aufkommt.« 65 Ein »feuchtfröhlicher Abend« auf Staatskosten – bei näherer Betrachtung des herzlichen Verhältnisses zwischen Merkel und Ackermann eigentlich nicht einmal verwunderlich. Schon immer sei der Banker von der Kanzlerin hofiert worden wie ein Staatsgast. Und im Gegenzug gab’s von der Deutschen Bank im Jahr 2008 laut Rechenschaftsbericht der CDU mit 280 000 Euro die größte Einzelspende für die Christdemokraten.
Angela Merkel wiederum schrieb mit ihrer krampfhaften Verteidigung der flotten Sause Steuergeschichte. Wenn dies nämlich tatsächlich ein »Arbeitsessen« war, dann werden sich viele Steuerzahler freuen: Dann nämlich wäre der Kindergeburtstag der zwölfjährigen Tochter in Wahrheit ebenso ein Arbeitsessen wie der Kegelausflug der eisernen Münsteranerinnen nach Ibiza und die Jeckensitzung im Kölschen Karneval, möglicherweise sogar der Besuch der Schalke-Fans des Heimspiels gegen Borussia Dortmund: »Die Puppen tanzen lassen« war gestern, heute ist »Arbeitsessen«.
Und folgender Satz war nicht von Karl Valentin oder Loriot, sondern ebenfalls von der Kanzlerin, nämlich »dass es keine Geburtstagsfeier für den Chef der Deutschen Bank gegeben habe, sondern ein Abendessen ›im Umfeld des 60. Geburtstags von Herrn Ackermann‹« 66 . Abendessen »im Umfeld von Geburtstagen« – diese Formulierung mag Rainer Maria Rilke,Joseph von Eichendorff oder Heinrich Heine auch schon eingefallen sein, aber vermutlich fanden sie es zu hanebüchen, dies zu veröffentlichen. Fest steht, dass sich die Kanzlerin zu jener Zeit nicht »im Umfeld« der Wählerverarschung befand, sondern in deren Epizentrum.
2. Unter Staatsregie in den Schlamassel
Wer nun die Verstaatlichung der Banken zu Recht als Allheilmittel anpreist, muss sich allerdings – ebenfalls zu Recht – einige gewichtige Argumente entgegenhalten lassen. So stehen die staatlichen den privaten Banken in Sachen Zockerei und Misswirtschaft kaum nach.
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