Die gepluenderte Republik
zunächst nur Magna im Spiel. Der Staat müsste für mindestens 4,5 Milliarden Euro bürgen.
30. Mai 2009:
Bund und Länder geben vorerst sechs Monate lang eine Garantie über 1,5 Milliarden Euro. Als Soforthilfe stellt Magna Opel 300 Millionen für »unmittelbaren Finanzierungsbedarf« bereit. Die Einigung beinhaltet aber weder schriftliche Festlegungen zur Sicherung der deutschen Standorte noch Beschränkungen des Stellenabbaus. Magna habe stets von einem Abbau von etwa 2600 oder zehn Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland gesprochen, aber erklärt, dass die vier Standorte erhalten blieben, heißt es. An den übrigen europäischen Standorten wolle Magna insgesamt etwa 7500 bis 8500 Arbeitsplätze streichen. Bundeskanzlerin Angela Merkel wählt zur Rechtfertigung für diese Art der Rettung von Opel auf Kosten von Belegschaft und Steuerzahlern das hinlänglich lächerliche Wort »alternativlos«.
1. Juni 2009:
GM reicht in New York einen Antrag auf Insolvenz mit Gläubigerschutz ein. Die Liquidität Opels ist durch das Rettungspaket gesichert.
10. Juli 2009:
GM fährt zum Neustart aus der Insolvenz, mehrheitlichist der US-Autobauer nun in Staatsbesitz. Zur Sanierung fließen weit mehr als 50 Milliarden Dollar (36 Milliarden Euro) an Steuergeldern.
15. Juli 2009:
RHJI stellt in Berlin ein verbessertes Übernahmeangebot vor. Die Bundesländer mit Opel-Standorten favorisieren Magna, weil der Zulieferer weniger Arbeitsplätze abbauen und Opel klarer vom früheren Mutterkonzern trennen will. Magna plant Staatsgarantien von 4,5 Milliarden Euro ein, RHJI zwischen 3 und 3,8 Milliarden Euro.
31. Juli 2009:
Der Opel-Absatz boomt in Deutschland dank der Abwrackprämie: Von Januar bis Juli werden rund 219 000 Fahrzeuge zugelassen, ein Drittel mehr als im Vorjahreszeitraum.
7. August 2009:
GM-Chef Fritz Henderson und Magna-Chef Siegfried Wolf klären die noch offenen Fragen. Der GM-Verwaltungsrat kann sich nicht auf eine Empfehlung für einen der beiden Bieter einigen.
19. August 2009:
Bund und Länder drücken aufs Tempo und wollen den Kredit für Opel von 4,5 Milliarden Euro ohne Beteiligung der anderen europäischen Länder mit Opel-Standorten vorstrecken, wenn GM sich für Magna entscheidet.
21. August 2009:
Der GM-Verwaltungsrat vertagt erneut seine Entscheidung über die Angebote und legt sich immer noch nicht auf einen Bieter für Opel fest.
25. August 2009:
Erneutes Opel-Spitzentreffen zwischen Bund, Ländern und GM in Berlin. Medien berichten, dass der amerikanische Autokonzern prüft, ob er seine bisherige Tochter doch behalten sollte.
9. September 2009:
Das endlose Hickhack findet ein vorläufiges Ende, als sich GM zum Verkauf an Magna bereit erklärt. Im Gegenzug spendiert Schwarz-Rot für Opel zusätzlich zu den bereits gewährten 1,5 Milliarden Euro weitere Kreditbürgschaften in Höhe von drei Milliarden Euro. Magna wiederum muss überdie neue Gesellschaft »NewOpel« 170 Millionen Euro nach Russland überweisen. Allerdings bleiben wesentliche Details, wie etwa das Rückkaufrecht für den US-Katastrophenkonzern GM, ungeklärt.
3. November 2009:
Urplötzlich überlegt GM es sich anderes und will jetzt doch nicht verkaufen. Auf einmal meint der Verwaltungsrat des US-Konzerns, GM brauche Opel wegen der modernen Technologie der Deutschen und deren Zugang zum europäischen Markt. Der Betriebsrat ist verärgert, und die Bundesregierung fordert die 1,5 Milliarden zurück.
Eines sollte übrigens bei alledem nicht in Vergessenheit geraten: Opel hatte lange vor der Finanzkrise massive Probleme. Bereits 1998 fällt der deutsche Marktanteil nach Qualitätsproblemen und Konflikten mit der Muttergesellschaft auf den vorläufigen Tiefpunkt von rund 14 Prozent. Und ab 2004 fährt GM einen radikalen Sanierungskurs und streicht bei der deutschen Tochter bis 2006 rund 10 000 Stellen.
Man kann auch hier nur die Chuzpe bewundern, mit der dieselben, die sich gestern noch jegliche Einmischung des Staates verbeten haben, ihn heute um Geld anbetteln. Das einzig für den Steuerzahler Akzeptable wäre im Prinzip eine Komplettverstaatlichung, dann nämlich würden eventuelle Gewinne nicht von windigen »Investoren« eingefahren, sondern vom Gemeinwesen. Dagegen spricht eigentlich nur Ideologie der primitivsten Art: Selbst die Regierung Nordkoreas könnte Opel nicht weiter herunterwirtschaften, als dies unsere Marktwirtschaftler getan haben.
Im Grunde ist es immer das alte Lied: In den immer kürzeren Perioden des
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