Die gepluenderte Republik
Aufschwungs verbittet sich die Wirtschaft staat liche Einmischung. Kaum aber geht es mit der glorreichen freien Marktwirtschaft erwartungsgemäß bergab und erwischt es deren lauteste Verfechter selber, entpuppen sie sich in denGängen und Büros der verhassten Behörden als die größten hilfeheischenden Waschlappen.
Hinzu kommen die zahllosen vorgelagerten menschlichen Tragödien: Dass sich eine Frau einen braven Installateur oder Supermarktkassierer des Geldes wegen angelt, klingt unwahrscheinlich; bei den Ehefrauen oder »Lebensabschnittspartnerinnen« der feisten Reichen dagegen weiß man das nicht so genau – ganz abgesehen davon, dass es schwerfällt, Typen wie die aus dem berühmten »Nudelsketch« von Loriot wirklich zu mögen: »Warum übernehme ich denn bald die Einkaufsabteilung? Weil mir niemand was vormachen kann. Weil ich eine weiße Weste habe. Weil ich politisch in Ordnung bin.« Wer als Frau diese Lichtgestalten dennoch erwählt, tickt möglicherweise ähnlich: Auf jeden Topf passt ein Deckel und unter jede Prostituierte ein Freier.
Übrigens hat der Autobauer auch jenseits der erwähnten direkten staatlichen Hilfen reichlich abgesahnt: »Opels Umgang mit Steuern erschwert die Rettung«, titelte
Welt Online
bereits im März 2009: »In den Jahren 2005 bis 2007 hat Opel deutlich mehr Geld vom Staat erhalten als Steuern gezahlt. Opel habe seine Gewinne an den Mutterkonzern in den USA überwiesen, Verluste aber in Deutschland steuerlich geltend gemacht.« 84 Schon ohne Staatshilfen hat das Unternehmen also dem Steuerzahler Milliarden aus der Tasche gezogen.
Bleibt also die simple Feststellung: Dass die Herrschaften ihre Art von »Streben nach Glück« in Gestalt der sozial unterentwickelten Ideologie der »freien Marktwirtschaft« suchen, sei ihnen unbenommen: Aber dass sie bei Bedarf die ehrlichen Menschen um einen finanziellen Zuschuss bitten, geht zusehends mehr Menschen zu weit.
Werftenrettung: Holzmann lässt grüßen
Ein Lehrbeispiel für den großzügigen Umgang mit Geld, das einem nicht gehört, liefert die Politik bei der rabenschwarzen Komödie um die Schiffsbaubetriebe in Wismar und Rostock-Warnemünde. Nach der Devise »Was dem Schröder sein Philipp Holzmann war, sind der Merkel die Werften« inszenierte sich unser aller Kanzlerin pünktlich zu Beginn der heißen Wahlkampfphase Mitte August 2009 als Retterin der beiden maroden Unternehmen. Man fand für die Waden-Werften einen neuen Investor. Wie der bisherige Besitzer ist es ein Russe. Der frühere russische Energieminister Igor Jussofow unterzeichnete einen Kaufvertrag über 40,5 Millionen Euro, und der Gläubigerausschuss mit Vertretern von Land, Deutscher Bank, KfW und Zulieferern stimmte dem Vertrag einstimmig zu. Jussofow will beide Werft-Standorte erhalten, allerdings nur 600 von bislang 2500 Arbeitsplätzen garantieren. Dafür fiel ihm wenigstens ein neuer schicker Name ein: Nordic Yards. Die Werften sollen neben Windenergieplattformen vor allem eisbrechende Tanker bauen, mit denen russische Unternehmen Öl- und Gasvorkommen erschließen wollen. Einer der Partner ist das russische Staatsunternehmen OSK.
Sein Sanierungskonzept war auch Hauptthema eines Treffens von Kanzlerin Merkel mit dem russischen Präsidenten Dmitrij Medwedjew Mitte August im russischen Sotschi. Merkel, deren Wahlkreis für die Bundestagswahl im September übrigens gleich neben der Rostocker Werft liegt, hatte in den vergangenen Monaten hinter den Kulissen immer wieder Druck gemacht und Staatshilfe versprochen, um die Industriebetriebe im strukturschwachen Mecklenburg-Vorpommern zu erhalten, das unter hoher Arbeitslosigkeit und der Abwanderung der Jungen leidet.
Offiziell streitet Putins Platzhalter Medwedjew allerdings ab,dass Gazprom auf Wunsch der Regierung über Aufträge an Wadan die Werften zu retten gedenke. Andererseits sitzt Jussofow im Aufsichtsrat des staatlichen Energiekonzerns Gazprom.
Eines der ersten Begehren Jussofows galt natürlich dem Geld. Er sei sich sicher, »dass es einen konstruktiven Dialog auch um Finanzfragen gibt«. Dazu muss man wissen: Jussofow ist ein früherer Geschäftspartner Andrej Burlakows, der die Wadan-Werften im Jahre 2008 nur wegen seines Versprechens kaufen durfte, wegen seiner gigantischen Verbindungen zur russischen Regierung werde die Werft bald in Aufträgen ersticken. In Wahrheit konnte Burlakow nicht einen einzigen neuen Vertrag an Land ziehen. Und weil er natürlich den Zahlungsverpflichtungen nicht
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