Die gepluenderte Republik
gerade die öffentlichen Banken und die mit staatlicher Beteiligung wie die IKB am unprofessionellsten gearbeitet hätten. 73 Dies ist ziemlich dreist. Zum einen hatte zur Zeit des Beginns der IKB-Krise die staatliche KfW noch keine Mehrheitsbeteiligung. Zweitgrößter Aktionär der IKB war allerdings die Stiftung Industrieforschung, also eine Tochtergesellschaft des Bundesverbandes der deutschen Industrie. Zum anderen saßen im Aufsichtsrat Konzernbosse wie der damalige E.on-Chef Ulrich Hartmann, und 2008 waren unter den 21 Aufsichtsräten neben Steinbrücks Abteilungsleiter Jörg Asmussen auch Wirtschaftsführer wie Michael Rogowski, Ex-Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Randolf Rodenstock, Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, oder eben wieder der inzwischen bei E.on ausgeschiedene Ulrich Hartmann. Hartmann saß übrigens auch im Aufsichtsrat der Deutschen Bank – einem der Institute, die der IKB »lange Jahre mit guten Gewinnen verbriefte Ramschhypotheken verkauft haben«. 74
Ins Visier des Bundesrechnungshofs geriet aber zunächst die KfW als Hauptaktionärin der IKB-Bank, also der 37-köpfige Verwaltungsrat. Bis zu dem Zeitpunkt elf Milliarden Euro Steuergelder zu verplempern – im Juli 2009 kamen ja noch einmal sieben Milliarden dazu – ist schließlich kein Pappenstiel, auch wenn einem das angesichts der astronomischen Summen für die diversen Rettungspakete so vorkommen mag.
Und ebenfalls ein »Glanzstück« war das faktische Verschenken der IKB an die US-Heuschrecke Lone Star für 115 Millionen statt möglicher drei Milliarden Euro, ganz zu schweigen von jener Überweisung von 350 Millionen Euro an die US-Bank
Lehman Brothers
unmittelbar vor deren Insolvenz. Was aber die Vorstellungskraft des braven Bürgers endgültig sprengte: Die angebliche Transferschlamperei geschah offenbar in vollerAbsicht 75 , und die Milliarden wurden in Wahrheit von der Staatsbank KfW selbst verzockt. 76
Das ganze Elend deutscher Politik im Allgemeinen und des KfW-Verwaltungsrats im Besonderen wird deutlich am Verhalten derer, denen man bislang ein besonders intensives Interesse an der Aufklärung von Skandalen in der westlichen Marktwirtschaft unterstellt hat.
»Kapitalismuskritiker schwänzt KfW-Verwaltungsrat«, triumphiert das
Handelsblatt
am 19. September 2008. »Als bei der Staatsbank KfW die Vorstände purzeln, fehlt Deutschlands schärfster Kapitalismuskritiker. Während im Verwaltungsrat am Donnerstag die peinliche Überweisungspanne der KfW an Lehman Brothers aufgeklärt … wird, macht ein Mitglied Wahlkampf in Bayern: Oskar Lafontaine.« 77
Nun hat der linke Parteiführer das Gremium inzwischen verlassen. Es stellt sich aber doch die Frage nach der Qualität politischer Kontrolle staatlicher Unternehmen und damit der Steuergelder, wenn die einen keine Lust haben und die anderen der Aufgabe geistig oder fachlich nicht gewachsen sind – von den Lobbyisten gar nicht zu reden. Man wird nicht umhinkommen, Vorstände, Aufsichtsräte und auch Politiker für von ihnen angerichtete Schäden haftbar zu machen. Jede Wette, dass die halsbrecherische Zockerei – Motto: »Ist ja nicht mein Geld« – schlagartig abebben würde.
Einstweilen aber ist das Gegenteil der Fall. Die Landesfürsten schanzen gerade den Vorständen jener Landesbanken, die vom Steuerzahler Milliarden absahnten, Traumgehälter und üppigste Boni zu. So kassierten die Vorstandsmitglieder der WestLB im Krisenjahr 2008 jeweils durchschnittlich mehr als eine Million Euro Jahresgehalt. Anders als bei Finanzspritzen vom Bund, wo die Vorstände höchstens 500 000 Euro verdienen dürfen, gab es Geld von den Ländern ohne jede Auflage.
3. »Aus vollen Händen«: Der Konjunkturschirm
Kurz vor Silvester 2008 genehmigt die EU-Kommission das 15 Milliarden Euro umfassende Konjunkturpaket 1 der Bundesregierung. Herzstück ist ein Kreditprogramm der KfW für den Mittelstand, mit dem eine »Kreditklemme« seriöser Unternehmen verhindert werden soll. Schon bald allerdings erweist sich dieser Rettungsschirm als grandioser Fehlschlag. Wichtiges Ergebnis immerhin: Nach der grundsätzlichen Billigung durch die EU-Kommission müssen diese Beihilfen nun nicht mehr einzeln von Brüssel genehmigt werden.
Im Februar 2009 folgt das 50 Milliarden Euro schwere Paket 2, das außer der unverfrorenen Subvention für die Auto-Industrie in Gestalt der Abwrackprämie ebenfalls nicht viel Erwähnenswertes enthält. »Mehr als 1100 Firmen
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