Die gepluenderte Republik
nur noch ab. Auch hier gilt: Was ist das für ein System, bei dem sich stetig steigende Arbeitsproduktivität nur in Konzernbilanzen und Kontoauszügen einiger weniger niederschlägt, für die Bevölkerung aber Senkung des Lebensstandards bedeutet?
Auch das ist Plünderung der Republik.
Eine sprudelnde Quelle des Riesenreibachs der Konzerne ist auch die Wasserversorgung. So kassieren nach dem Verkauf von 49,9 Prozent der Berliner Wasserbetriebe im Jahre 1999 durch den damaligen CDU/SPD-Senat die RWE und Veolia munter mit: Weit über 100 Euro pro Einwohner Reingewinn werden geschätzt, und die Preise steigen und steigen. Mittlerweile ist Berlin bundesweit Spitze: Nach einem Gutachten des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen bezahlen die Berliner mit 5 Euro pro Kubikmeter gut 60 Prozent mehr als die Kölner oder Münchener. Kein Wunder also, dass die entsprechenden Verträge bis heute geheim gehalten werden. Ein Volksbegehren für deren Offenlegung und den Rückkauf der Wasserbetriebe lehnte der rot-rote Senat im März 2008 als unzulässig ab. Mit 36 000 gültigen Unterschriften seien die formalen Voraussetzungen zwar erfüllt worden, doch der vorgelegte Gesetzentwurf sei verfassungswidrig.
Deshalb bleibt es wie gehabt. »Wasser bleibt ein teures Gut«, titelt der
Tagesspiegel
im Februar 2009. Und Gabriele Franckevon der
Verbraucherzentrale
stellt fest: »Die Wasserpreise sind eine Katastrophe.« Seit 2003 seien die Preise um bis zu 30 Prozent gestiegen.
Der Skandal: Während die Privatisierung der öffentlichen Grundversorgung ohnehin schon unverantwortlich ist, so wird sie vollends zum Skandal, wenn schon allein die technischen Bedingungen gar keine Konkurrenz zulassen. Wenn also »bloß staatliche Monopole in private umgewandelt werden«, schreibt Gereon Asmuth in der
taz
, »nennt man das nicht Liberalisierung, sondern Ausbeutung«. 185
Fazit: Wichtige Kernbereiche des Staates – hier wäre der Begriff
systemrelevant
wirklich angebracht – in die Hände von mehr oder minder zwielichtigen, in jedem Fall aber profitorientierten privaten Investoren zu legen und damit das Wohl oder Wehe einer ganzen Gesellschaft den unergründlichen Gesetzen des Marktes zu überlassen, führt über kurz oder lang in die Katastrophe, wie die Finanzkrise zeigte. Ähnliches räumte sogar die Deutsche Bank ein, als sie die Verstaatlichung der Energiekonzerne forderte.
Überlässt der Staat nämlich seine Kernaufgaben irgendwelchen skrupellosen Renditejägern, so leiden nicht nur die Bürger, sondern auch alle anderen Unternehmen und Branchen darunter. Außer durch eine überteuerte und störungsanfällige Energieversorgung hat die Gesamtwirtschaft empfindliche Nachteile besonders durch Unberechenbarkeit oder Preistreiberei in Infrastrukturbereichen wie Post oder Bahn, Müllbeseitigung oder Wasserversorgung. Wenn das nicht funktioniert oder unbezahlbar wird, bedeutet dies empfindliche Konkurrenznachteile und schadet »dem Standort Deutschland«, um einmal die Sprache der Neoliberalen zu verwenden.
Zyniker könnten sagen: Wenn sich die Konzerne gegenseitig ausplündern, kann das dem Volk ja egal sein. In Wahrheit aber haben als letztes und schwächstes Glied in der Kette die Bürgerden Schwarzen Peter, ob nun in Form steigender Preise, mangelnder Qualität der Waren und Dienstleistungen oder des Verrottens ihrer Umgebung.
7. Man gönnt sich ja sonst nichts: Diäten und Amtsbezüge
Vorweg: Der Unmut über die Höhe von Einkommen im Allgemeinen und Politikereinkünften im Besonderen hängt in einer uns als solcher dargestellten
Leistungsgesellschaft
stets damit zusammen, ob die Betreffenden sich ihren Verdienst verdient haben. Ein Bill Gates, Bob Dylan oder Boris Becker haben den Menschen Nutzen oder viel Freude gebracht; ihnen gönnt der Normalbürger die Millionen eher als einem verwöhnten jugendlichen Erben, dessen Familie seit fünf Generationen nicht mehr arbeiten muss. Ähnlich in der Politik: Wer hätte einem Willy Brandt, Herbert Wehner, Gustav Heinemann, Hans-Dietrich Genscher oder gar Helmut Schmidt je die Einkünfte geneidet? Dass genau dies aber unseren aktuellen Politikern widerfährt, hängt keineswegs mit einer »Neidzunahme« im Volk zusammen, sondern mit dem, was sie abliefern.
In einer Königssuppe ist kein König drin, und Diäten haben nichts mit Abnehmen zu tun, schon gar nicht finanzieller Art. So kassiert unsere Kanzlerin etwa 15 833 Euro brutto und 2000 Euro Zuschläge plus 12 270,96
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