Die gepluenderte Republik
Plünderung der geistigen Fähigkeiten der Schüler, sondern auch um die der materiellen Ressourcen der Eltern.
Ein absolutes Highlight in dieser Hinsicht ist das Abkassieren der Schüler für die Benutzung des WCs. »Zehn Cent für einmal Pinkeln«, spöttelt die
Süddeutsche Zeitung
über die seit kurzem gängige Praxis von immer mehr Schulen besonders in NRW. Und fertig ist die Zweiklassengesellschaft schon für die Kleinsten: Können die Eltern zahlen, dürfen die Kinder auf die sauberen Toiletten, wo eine vom Eintrittsgeld finanzierte 400-Euro-Kraft den ganzen Tag über für blitzende Waschbecken sorgt. Können die Eltern das Geld nicht aufbringen, muss der Nachwuchs auf die schäbigeren, verdreckten Klos, für deren Reinigung die klammen Kommunen zuständig sind. 174
Noch blamabler war das Hickhack um das Schulobstprogramm der EU. Danach erhält Deutschland für das Schuljahr 2009/2010 gut 20 Millionen Euro für die Versorgung von sechs- bis zehnjährigen Kindergartenkindern und Schülern, wenn es gut 18 Millionen Euro beisteuert. Das war den Ländern – im Gegensatz zu den Milliardengeschenken für die Zockerbanken – lange Zeit zu teuer. Erst auf der letzten Sitzung vor der Bundestagswahl am 18. September 2009 gab der Bundesrat grünes Licht, wobei die Teilnahme freiwillig war. Prompt schlug ausgerechnet der rot-rote Senat in Berlin das Angebot aus. Das Schulessen enthalte bereits genug Obst und Salat, hieß es beim Senat. Allerdings kostet dies die Eltern 23 Euro im Monat. Nur »Peanuts«? Wird nicht schon eine Rentenerhöhung von 3,50 Euro als »Geschenk« gefeiert?
Nur zur Erinnerung: Die Bürger eines Sozialstaates zahlen ihre Steuern nicht dafür, dass sie Wirtschaftsgangstern und Banksternhinterhergeworfen werden, sondern dafür, dass notwendige Aufgaben ebendieses Sozialstaates finanziert werden. Und witzigerweise sind es oft dieselben, die hier von der »Verantwortung für künftige Generationen« faseln und dort den Kindern eine halbwegs gesunde Ernährung vorenthalten.
Vor diesem Hintergrund ist es geradezu der Gipfel der Ungerechtigkeit und eine abstoßende Form der Plünderung des Staatshaushalts, dass bei den Privatschulen und Internaten der Besserverdiener sowohl profitgierigen »Investoren« als auch bestens betuchten Eltern von der Politik massenweise Geld hinterhergeworfen wird. So können Eltern 30 Prozent des Schulgeldes – Beträge bis zu 2000 Euro pro Monat sind keine Seltenheit – als sogenannte Sonderausgaben steuersparend geltend machen, sofern der Nachwuchs eine staatlich anerkannte Privatschule besucht. Zudem zahlt der Staat für die Ausbildung der verwöhnten Ableger der Steinreichen bis zu 90 Prozent der Lehrpersonalkosten. 175
Beispielhaft für die grenzenlose Geldgier der Betreiber ist die Abmahnung von 13 Hamburger Privatschulen. Grund: Sie scheren sich einen Dreck um das gesetzlich verankerte Sonderungsverbot, mit dem der Ausschluss der Kinder weniger reicher Eltern von diesen Lehrinstituten verhindert werden soll. Entsprechend einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts legte die Hansestadt 200 Euro im Monat als Höchstgrenze fest.
Aber da hat man die Rechnung ohne die besserverdienenden Herrschaften gemacht. Der Paragraf 35a des Sozialbuchs VIII macht’s möglich: Demnach müssen Jugend- und Sozialämter auch für Internatsaufenthalte von Millionärskindern aufkommen, wenn ihnen »das Drohen seelischer Behinderungen« ärztlich bescheinigt wird. Die gesamten Kosten für die Förderungen belaufen sich laut
Bild am Sonntag
auf 400 Millionen Euro pro Jahr. Natürlich fordern die Millionäre die Leistungen durch Anwälte und Ärzte ein, und die werden schon allein beim sogenanntenZappelphilipp-Syndrom und bei Rechenschwäche auf Attest gewährt.
Kein Geld für Schulmilch. Aber bis zu 2000 Euro monatlich für den Millionärsnachwuchs werden locker bezahlt. 176
Kirchliche Kassierer
Laut Subventionsbericht der Bundesregierung erhielten die christlichen Kirchen im Jahre 2008 rund 3,05 Milliarden Euro. 177 Diese schier unglaubliche Zahl kommt durch die steuerliche Absetzbarkeit der Kirchensteuer zustande. Dies aber bedeutet, dass die Kirchen auch von jenen Steuerzahlern finanziert werden, die ihnen gar nicht angehören. Das allerdings ist nicht nur ein Affront gegen Atheisten und Andersgläubige, sondern auch gegen diejenigen Christen, die aus der Kirche ausgetreten sind, weil sie den Amtskirchen gerade kein Geld mehr zukommen lassen wollen. Hinzu kommt, dass der Einzug
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