Die geraubte Braut
freilich erübrigt.« Lächelnd musterte sie Olivias Begleiterin. Phoebe hatte sich nicht verändert. Ihr rundes Gesicht war rosig vor Überraschung, die offenen grauen Augen freundlich.
»Himmel, hast du uns erschreckt«, sagte sie überflüssigerweise. »Olivia war überzeugt, dass du ums Leben gekommen wärest. Und was für ungewöhnliche Sachen du anhast!«
»Für das Leben, das ich jetzt führe, sind sie äußerst praktisch«, gab Portia mit fröhlichem Lächeln zurück.
»Olivia war der Meinung, du würdest Lord Rothburys Geliebte werden. Gefällst du ihm in Hosen?« fragte Phoebe neugierig.
»Nicht im Bett«, griente Portia mit einem Anflug von Verruchtheit.
»Du trägst ja ein Schwert!« stieß Olivia fassungslos hervor. »Warum das?«
»Weil ich Soldat bin«, sagte Portia geduldig. »Das wollte ich immer schon sein.«
»Ja, das war schon in London dein Wunsch«, warf Phoebe ein. »Ich kann mich gut erinnern. Damals, als wir schwören, an unseren Zielen festzuhalten und nicht wie die anderen zu werden.«
»Nun, ich habe den Pakt nicht gebrochen«, sagte Portia. »Als Soldat ist man nicht wie die anderen.«
»Ich bin mit meinen Plänen nicht sehr weit gekommen«, erklärte Phoebe leicht bedrückt. »Ich versuche mich als Dichterin, bin aber mit meinen Arbeiten nicht zufrieden, da sie mir unvollkommen erscheinen. Und ich kann keine guten Gedichte schreiben, wenn wir wegen des Krieges nicht die Burg verlassen dürfen.«
Olivia hörte gar nicht zu. »Und d-du kannst mit dem Schwert umgehen?« fragte sie ungläubig.
»Natürlich.«
»Zeig es uns.«
Portia wurde klar, wie weit sie sich schon von Olivias Leben entfernt hatte. »Es ist kein Spielzeug«, sagte sie leise und wechselte das Thema. »Also, Phoebe, was führt dich in den Norden?«
»Ach, daran ist mein Vater schuld! Er schlug sich auf die Seite des Parlaments und brachte seine eigene Miliz herauf, um sich mit General Fairfax zu vereinigen. Er war der Meinung, bei Diana auf Castle Granville wäre ich am besten aufgehoben«, erklärte Phoebe ungehalten.
»So ist es, Portia. Und Diana hasst sie noch mehr als mich.«
»Es ist schrecklich«, gab Phoebe zu. »Sie ist eine grässliche Person. Ich dachte, Ehe und Kinder würden sie milder stimmen, doch war es nicht der Fall … ach, sieh mal, woher kommen die Flecken?« Sie strich über eine Stelle an ihrem Mantel, die Schmutzflecke aufwies.
»Und deine Rüsche am Unterrock ist zerrissen«, ermahnte Olivia sie.
»O Gott!« jammerte Phoebe. »Wie konnte das passieren?«
»Bei deinem Sturz auf dem Eis.«
»Ich kann nicht richtig eislaufen«, seufzte Phoebe betrübt. »Ich stolpere schon beim Gehen über meine Füße, wie also soll ich mit diesen Kufen an den Schuhen das Gleichgewicht halten?« Sie hob einen Fuß mit der beinernen Kufe.
»Viel länger werdet ihr ohnehin nicht mehr eislaufen können. Das Eis wird immer dünner«, sagte Portia zum Trost.
»Ja, und Pechvogel, der ich bin, würde ich als erste einbrechen« meinte Phoebe. »Ich bin so dick wie ein Elefant, sagt Diana.«
Portia betrachtete Phoebe kritisch. »Dick bist du nicht, aber rund.«
»Ich könnte nie Breeches tragen«, stellt Phoebe selbstkritisch fest. »Kannst du dir vorstellen, wie ich darin wirken würde?«
Olivia lachte auf, und Portia sagte: »Warum solltest du welche tragen?«
»Will ich auch gar nicht«, sagte Phoebe. »Zu meinem Glück.« Und dann brach sie in fröhliches Lachen aus, das ihr Aussehen verwandelte und den schuldbewussten Ausdruck aus ihren Augen vertrieb.
»Wie bin ich froh, dass du Olivia Gesellschaft leistest«, sagte Portia. »Ich machte mir große Sorgen um sie.«
»Ich schilderte Phoebe eben, was du Brian angetan hast«, vertraute ihr Olivia an und wollte sich wieder ausschütten vor Lachen.
Portia schmunzelte. »Was wir beide ihm antaten.« Sie wurde wieder ernst. »Wie reagierte dein Vater, als ich verschwand?«
Olivia krauste die Nase. »Er tobte vor Zorn. Ich versicherte ihm, dass ich nicht wüsste, wohin oder warum du gegangen wärest, und er hat mir wohl geglaubt. Doch dann ist etwas wirklich Schlimmes passiert. Was das genau war, weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass er dir die Schuld daran gibt.«
Portia nickte. Das hatte sie erwartet. »Ich muss gehen«, sagte sie unvermittelt. »Gut, dass du Phoebe bei dir hast, Olivia. Also, lebt wohl.« Sie schob sich an ihnen vorbei, ehe die beiden erfasst hatten, dass es ein Abschied war. Mit einem raschen Winken huschte sie auf die
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