Die geraubte Braut
Schwägerin, mit der ich auch befreundet bin.« Portia, die aus ihren eigenen Worten Mut und Kraft schöpfte, schob ihr Kinn vor. Niemand, auch nicht Rufus Decatur, konnte ihr vorschreiben, mit wem sie befreundet sein durfte.
»Granville-Frauen«, gab er dumpf von sich.
»Ach, hol's der Teufel, Rufus«, brach es aus ihr hervor. »Olivia kümmert die Fehde zwischen dir und ihrem Vater keinen Deut, und Phoebe ebenso wenig. Ich war fünf Minuten mit ihnen beisammen, und es kam nicht ein einziges Mal die Rede darauf! Das mag dich verwundern, aber …«
»Sei still und komm her!« unterbrach er sie und löste sich plötzlich vom Kaminsims. Seine Augen blitzten, als er eine gebieterische Handbewegung vollführte.
Portia wich zurück. »Eher trete ich zwischen zwei gereizte Eber«, sagte sie und brachte den Tisch zwischen sich und Rufus.
»Komm her!«
Portia schüttelte den Kopf, und als er auf sie zuging, langsam und mit entschlossenem Blick, langte sie hinter sich und bekam den Henkel des kupfernen Ale-Kruges zu fassen. »Rühr mich nicht an, Rufus!«
Er schien taub zu sein und kam näher. Als er den Tisch mit beunruhigender Leichtigkeit wegstieß, schleuderte ihm Portia den Inhalt des Kruges entgegen, der als schäumende Kaskade auf seinen Kopf traf und sich über seine Schultern ergoss. Die gewünschte Wirkung trat sofort ein. Er blieb wie angewurzelt stehen.
Als ihm Ale in die Stiefel floss, waren seine Fassungslosigkeit und Verblüffung so groß, dass Portia fast einen hysterischen Lachkrampf bekam.
Und dann stürzte er sich mit kriegerischem Gebrüll auf sie. Portia sprang zur Seite, wobei sie zu spät merkte, dass sie sich von der Tür, ihrem einzigen Fluchtweg, entfernte. Im Haus gab es sonst kein Ausweichen. Sie lief zur Treppe, doch er reagierte blitzschnell und erreichte diese gleichzeitig mit ihr. Sein ausgestreckter Arm blockierte ihr den Weg. Instinktiv duckte sie sich darunter weg und sprang auf die dritte Stufe, wohl wissend, dass es egal war, denn auch oben würde sie nicht sicher sein.
Seine Finger umklammerten ihren Knöchel. Ein entschlossener Ruck, und sie taumelte rücklings und fiel mit rudernden Armen gegen ihn. Sie spürte seinen Körper eisenhart und feucht an ihrem Rücken. Der Ale-Geruch war überwältigend.
»Verdammt, Rufus! Was machst du da? Wage es nicht, mich festzuhalten!« Trotz ihrer verzweifelten Gegenwehr wurde sein Griff nur noch eiserner. Als er sie hochhob, und sie strampelte und um sich trat, fühlte sie sich wie eine Fliege im Netz unter den Augen einer hungrigen Spinne.
Dann trug er Portia, die sich noch immer vehement wehrte, hinauf. Er warf sie mit dem Gesicht nach unten aufs Bett, und als sie sich an den Rand rollen wollte, stützte er ein Knie in ihr Kreuz und nagelte sie fest wie einen Schmetterling in einer Sammlung. »Lass mich los, du Ungeheuer!«
Anstatt sie loszulassen, schwang er sich aufs Bett und setzte sich rittlings auf ihre Kehrseite. Er umfasste ihre Handgelenke und hielt sie hinter ihrem Rücken mit einer Hand fest. Sie bäumte sich auf und trat mit den Beinen, obwohl sie wusste, dass sie hilflos wie ein Baby 'war.
Rufus wartete geduldig, bis ihre Kräfte erlahmt waren, dann veränderte er seine Position und rollte Portia auf den Rücken, wobei er nach wie vor rittlings auf ihr saß.
»O Gott!« sagte er. »Hätte ich etwas von deinen Steinzeitgelüsten geahnt, dann hätte ich dir diesen Gefallen eher tun können.«
Für Portia war es ein Schock, als ihr klarwurde, dass er nicht mehr wütend war, sondern sich über sie lustig machte. »Hurensohn!« krakeelte sie. »Du bist ein richtiger Bastard … ein Mistkerl … ein Dreckfresser … ein … ein …« Ihre Erfindungsgabe ließ sie im Stich. »Und du stinkst wie ein Alefass!«
»Dann trink tief daraus«, riet er ihr, beugte sich über sie und hob ihren Kopf mit verschränkten Armen, als er seinen Mund auf ihren drückte. Sie lag unbequem, und es war weder ein sanfter noch ein besonders liebevoller Kuss, doch passte er zum Schlagabtausch der letzten Minuten, zur Unbeherrschtheit, die sie beide ausgetobt hatten.
Als er sie losließ und ihr Kopf aufs Bett fiel, hatte Portia das Gefühl, ihre Lippen seien von einem Bienenschwarm wundgestochen worden. Ihr Herz pochte heftig, sie kämpfte um Atem wie nach einem Marathonlauf oder nach einem verlorenen Ringkampf, was den Tatsachen sehr nahekam.
»Das hatte ich die ganze Zeit schon tun wollen«, erklärte Rufus. »Wie du selbst entdeckt hättest, wenn
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