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Die geraubte Braut

Die geraubte Braut

Titel: Die geraubte Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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Leben für das seines Vaters.
    Rufus ertappte sich dabei, wie er auf ihre Antwort wartete, obschon er wusste, dass sie ihm die Antwort, die er hören wollte, nicht geben wollte, nicht geben konnte. Sie sollte sagen, dass sie ihn verstünde und die Freude über seinen Triumph teile. Insgeheim aber war ihm klar, dass er von ihr nur stumme Hinnahme seiner an Besessenheit grenzenden Rachegelüste und die ebenso stumme Loyalität, die sie ihm gelobt hatte, erwarten konnte. Und er wusste, dass sie unter beidem litt.
    Als das Schweigen sich in die Länge dehnte, ging er mit einer brüsken Geste zurück zu den Männern unter dem Baum und wandte Portias Schmerz und der Tatsache, dass er daran schuld war, den Rücken zu. Selbst wenn er es gewollt hätte, konnte er jetzt dem Lauf der Ereignisse nicht mehr Einhalt gebieten.
    Portia schleppte sich mit bleiernen Schritten zum Kantinenzelt. Sie hatte nicht gefrühstückt und wurde nun von Hunger und Übelkeit zugleich geplagt. Ihr ganzer Körper schien nicht zu wissen, wie ihm geschah und wie er reagieren sollte. Ihre Brüste waren empfindlich, ständig schwankte sie ohne triftigen Grund zwischen Hochstimmung und tiefster Niedergeschlagenheit, zwischen Lächeln und Schroffheit. Sie fand jedenfalls, dass das Kinderkriegen längst nicht so wundervoll war, wie vielfach behauptet wurde.
    Rufus hatte sie von ihrem Zustand noch immer nichts gesagt. Sie hatte die feste Absicht, war aber noch nicht bereit dazu, da sie sich über ihre eigenen Gefühle noch nicht im klaren war und außerdem Angst hatte. Angst, dass er nicht so reagieren würde, wie es für sie wünschenswert gewesen wäre. Da er schon Kinder hatte, würde es für ihn kein einschneidendes Ereignis sein. Zwar wusste sie, dass er ihr Kind nicht ablehnen würde, doch musste sie damit rechnen, dass er sich achselzuckend damit abfinden und ihr Versprechen würde, für das Kleine zu sorgen. Dabei würde er es wohl belassen. Das Kind würde der Bastard seiner Geliebten sein. Beide konnten keine Forderungen geltend machen und sich nur auf Liebe und Ehre berufen. Seiner Ehre würde er Genüge tun, aber was die Liebe betraf, so war Portia ihrer Sache nicht sicher.
    Und sie brauchte mehr, viel, viel mehr als eine pflichtschuldige Reaktion. Sie ertrug den Gedanken nicht, ihr Kind so aufwachsen zu sehen, wie sie selbst aufgewachsen war, im Bewusstsein, dass man ungewollt war, nur ein lästiges Ärgernis, dem kein Platz auf der Welt zugebilligt wurde. Und die Gewissheit, dass das Bastardkind eines Bastards doppelt verflucht war, machte sie zornig und verbittert.
    Sie musste es irgendjemandem sagen. Musste sich anvertrauen, darüber sprechen, mit ihren eigenen Gefühlen ins reine kommen. Aber außer Rufus hatte sie niemanden, der ihr zuhören würde.
    »He, Mädchen, du warst zum Frühstück nicht da«, rief Bill ihr entgegen, als sie im Zelteingang zögerte. »Ich habe ein hübsches Stück fetten Speck und frische Hafermehlbrötchen.«
    »Nur das Brötchen, danke«, sagte Portia und wandte hastig den Blick von der dicken weißen Fettschicht der Speckseite, die Bill aufschneiden wollte.
    »Wie du willst. Ein rarer Leckerbissen.«
    »Danke, heute Morgen nicht. Ist Milch da?«
    »Ja, im Krug dort hinten.« Er deutete mit dem Kopf auf den rückwärtigen Teil des Zeltes, wo Steinkrüge in Schüsseln mit kaltem Wasser standen.
    Portia trank in tiefen Zügen direkt aus dem Krug. Die Milch war kühl und sahnig, am Morgen von der kleinen Herde im Tal gemolken. Granville-Vieh, das außerhalb der Mauern weidete.
    Für die Belagerten gab es keine Milch. Sie stellte den Krug wieder hin und tauchte einen Finger in die Schüssel mit dem kalten Wasser. Wie mochte es sein, wenn man kein Wasser hatte? Wenn man es rationieren musste und wusste, dass es kein frisches geben würde?
    Selbst wenn es Cato gelungen war, Leute unbemerkt durch die Geheimtür hinauszuschleusen, konnten sie nicht ausreichend Wasser für die ganze Festung herbeischaffen. Sicher hielt er täglich mit steigender Verzweiflung nach den rettenden Verstärkungstruppen Ausschau. Aber nach ihrer Niederlage bei York hatten Fairfax und Leven alle Hände voll zu tun und konnten weder Zeit noch Truppen für Castle Granville erübrigen.
    Sie trat aus dem Kantinenzelt und schlenderte hinunter an den Burggraben. Der Wasserstand war sehr niedrig, da es seit fast sechs Wochen keinen Regen mehr gegeben hatte und die Schneeschmelze längst vorüber war. Schlamm und Algen am Grund waren durch das

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