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Die geraubte Braut

Die geraubte Braut

Titel: Die geraubte Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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Belagerer können sich wenigstens zurückziehen, dachte Portia bei sich. Für die Burgbewohner musste die stickige Luft in der Nacht eine wahre Qual sein. Sie konnten ihr nicht entfliehen, und das Wetter machte die Sache nicht leichter. Es war heiß und gewitterschwül, ohne dass ein Gewitter Abkühlung gebracht hätte.
    An diesem frühen Junimorgen aber zogen am stahlgrauen Himmel bereits Gewitterwolken auf, und die Schwüle vermehrte Portias Unwohlsein. Sie hatte Kopfschmerzen, und die ständige zermürbende Übelkeit wurde fast unerträglich und ließ sich immer weniger verbergen. Sie konnte von Glück reden, dass ihre Pflichten nicht schwer waren. Sie half beim Brückenbau und beim Anbringen der leichten Strickleitern, die sie beim Erklimmen der Mauern benutzen würden. Sie machte Wachtdienst, ging auf Patrouille um Lager und Graben und hielt ständig Ausschau nach ungewöhnlichen Bewegungen in der Festung. Und wenn sie vorüberging, wandte sie den Blick von der Geheimtür knapp oberhalb des Grabens ab.
    Prince Ruperts Bataillon war wie versprochen eingetroffen, und als Portia über den zertrampelten Rasen zum Kommandozelt ging, hörte sie die Stimme des Prinzen, zuversichtlich und gutgelaunt. Er hatte kürzlich die Blockade um York durchbrechen können und strotzte vor Siegesgewissheit.
    Die hohen Herren, die von der Hitze aus dem Zelt vertrieben worden waren, umstanden im Schatten einer Buche einen langen Tisch mit einer Landkarte. Der Prinz, dem sein Lockenhaar bis auf den kunstvollen Kragen aus Valenciennesspitze fiel, war in seinem pfauenblauen Wams mit den rotgefütterten Schlitzen prächtig anzusehen, wie er so dastand und mit einem Stab auf die Karte deutete.
    »Gentlemen, wir müssen – besser gesagt, wir werden – eine Entscheidungsschlacht erzwingen. Der König fordert es.« Er wandte sein strahlendes Gesicht der Sonne entgegen und schwang seinen Stab. »Es ist der Wille des Königs, Mylords.«
    Rufus studierte die Karte. Seine Miene ließ die begeisterte Zuversicht des Prinzen jedoch vermissen. Tatsächlich hatte Portia, die aus einiger Entfernung die Szene beobachtete, den Eindruck, dass ihm Widerspruch auf der Zunge lag. Seine Schulterhaltung und der Zug um seinen Mund deuteten darauf hin. Zu ihrer Verwunderung aber sagte er kein Wort und fuhr fort, stirnrunzelnd die Karte zu betrachten.
    Plötzlich blickte er auf, und sie wusste, dass er ihre Nähe gespürt hatte. Mit einer Entschuldigung entfernte er sich von der Gruppe und kam auf sie zu. »Nun, meine Liebe?« Trotz seines Lächelns blieb sein Ausdruck angespannt. »Hast du heute keinen Dienst?«
    »Bis Mittag«, sagte sie. »Steht Verdruss bevor?«
    »Ich weiß es nicht. Der Prinz hält an seiner Überzeugung fest, dass die Armeen zu einem entscheidenden Schlag bereit sind. Ich bin da nicht so sicher.«
    »Heißt das, dass die Belagerung aufgehoben wird?«
    Rufus warf einen Blick auf Castle Granville. Die Banner flatterten noch immer über den Mauern, tapfer den Belagerern trotzend. »Seit Tagen haben sie kein Wasser mehr. Auch wenn sie Wasservorräte angelegt haben sollten, können diese bei fünfhundert Personen und ich weiß nicht wie vielen Pferden nicht lange reichen.«
    Nun erst sah er Portia aufmerksamer an. »Wenn du den Hut in der Hand trägst, wird er dir nicht viel nützen.« Er nahm ihr den Hut aus der Hand und setzte ihn ihr auf, wobei er ihr die Krempe schräg und verwegen in die Stirn zog. »Du siehst spitz aus. Bist du krank?«
    »Nein. Das macht nur die Hitze«, beeilte sie sich zu versichern. »Was soll aus Olivia und Phoebe werden, aus Diana und den Kleinen?«
    »Man wird ihnen auf Wunsch sicheres Geleit gewähren. Ist es das, was dir Sorgen bereitet?«
    »Ich bin in Sorge, weil sie jetzt leiden müssen«, sagte sie offen.
    »Es liegt an Cato, diesem Leiden ein Ende zu bereiten«, erwiderte Rufus knapp. »Er braucht nur seine Banner einzuziehen und die Zugbrücke zu senken.«
    »Und dann wirst du ihn hängen«, meinte sie darauf.
    »Nein. Er wird nicht mein Gefangener sein, sondern der des Königs. Mich interessiert nur seine Kapitulation.« Er sagte es mit kalter Endgültigkeit.
    Portia entgegnete nichts darauf. Ihr sommersprossiges Gesicht nahm einen entschlossenen Ausdruck an, und ihre eckigen Züge traten, vom Schatten der Hutkrempe noch betont, stärker hervor. Sie glaubte ihm nicht. Rufus nahm den Krieg zum Vorwand, um sein Mütchen zu kühlen. Besitz und Freiheit hatte er schon wiedergewonnen, nun wollte er noch Catos

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