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Die geraubte Braut

Die geraubte Braut

Titel: Die geraubte Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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zurück.«
    George nickte bereitwillig. Natürlichen Bedürfnissen konnte man hier ungehindert nachgeben.
    Portia lenkte ihr Pferd abseits und ließ die Kolonne an sich vorüberziehen, dann ritt sie mit Penny im Galopp zurück und zum Zaun.
    Das Stoppelfeld erstreckte sich über den Abhang eines Hügels, und als Portia oben angekommen war, sah sie Rufus ein Stück tiefer, auf der anderen Seite. Hoch zu Ross saß er da und hielt seinen Blick hinunter ins Tal gerichtet. Seine völlig reglose Gestalt wirkte im schwindenden Licht so abweisend, dass sie wünschte, sie wäre bei George geblieben.
    Schon wollte sie kehrtmachen, als er sich plötzlich im Sattel umdrehte. Seine Augen, die sie über die trennende Entfernung hinweg anstarrten, waren wie leere Höhlen. Die Schwärze rasender Wut schien ihn zu umgeben.
    Sie wusste nichts von ihm.
Das hatte er erst gestern zu ihr gesagt. War es erst gestern gewesen? Ihr war bis jetzt nicht klargewesen, wie sehr es stimmte. Die zerbrechliche Intimität ihrer gemeinsamen Nacht war zersplittert wie Glas.
    »Komm schon, und sieh dir an, was du sehen wolltest«, rief er ihr voller Bitterkeit und Hohn zu.
    Portia wollte nicht, und doch musste sie, da sie wie durch teuflischen Zauber zu ihm hingezogen wurde. Sie ritt bergab, bis Penny neben Ajax stand. Der Fuchs zitterte so heftig, dass seine Decke am Hals und an den Flanken bebte.
    »Du möchtest also das Werk der Granvilles sehen«, sagte Rufus. »Also, sieh hin!« Er deutete mit der Reitgerte hinunter.
    Portia blickte hinüber ins Tal und sah eine geschwärzte Brandruine. Der einst mattrote Backstein war verkohlt; eingestürzte Mauern, deren Ränder gezackt aufragten, zeigten noch immer die Umrisse des Herrensitzes, der sich hier einst erhoben hatte. Heruntergefallene Schornstein-Aufsätze lagen auf den von Unkraut überwucherten Höfen. Zwischen zerbrochenen blaugrauen Dachziegeln schimmerten die Glasscherben der Fenster im Gras. Der einstmals eingefriedete und bepflanzte Park war nun eine verwahrloste Wildnis üppig wuchernder Sträucher. Die mit Kies bestreute Zufahrt, die zur großen elisabethanischen Eichentür führte, erstickte unter Unkraut.
    Portia starrte in benommenem Schweigen auf dieses Werk der Vernichtung hinunter.
    »In diesem Haus wurde ich geboren.« Rufus' Ton war heftig und sein Blick hart, als er in Portias bleiches Gesicht sah. »Ich war acht, als die Granvilles meinen Vater vor seiner eigenen Haustür ermordeten. Acht Jahre, als man ein Haus in Brand setzte, dessen Fundamente vor der normannischen Invasion gelegt wurden. Ich war acht, als die Granvilles die Decaturs wie wilde Tiere ins Hügelland trieben.«
    »Jack sagte, dein Vater hätte sich selbst getötet«, sagte Portia, deren Kehle so trocken war, dass sie kaum ein Wort herausbrachte. »Nicht George Granville war es, der deinen Vater tötete, sondern dieser selbst.«
    »Ja, er tötete sich, um der Schmach des Verrätertodes zu entrinnen«, stieß Rufus hervor. »Er tötete sich, damit sein Sohn nicht mit ansehen musste, wie sein Vater am Tower Hill für ein nicht begangenes Verbrechen aufs Schafott musste. Und der Mann, dem er über zwanzig Jahre lang in Freundschaft verbunden war, trägt die Schuld an seinem Tod, als hätte er die Pistole selbst abgedrückt.«
    Portia sah ihn an. Dann starrte sie wieder zur Brandruine hin. Seine Miene hätte nicht furchteinflößender sein können. Fast war es, als hätte er ihre Gegenwart vergessen.
    »Als Lohn für seinen Verrat wurde George Granville mit der Verwaltung der Güter der Rothburys betraut.« Er sprach noch immer wie ins Leere. »Ich hatte Granville zwingen wollen, mir die Einkünfte aus diesen Gütern im Gegenzug für seine Tochter auszuhändigen. Statt dessen aber …«
    Innehaltend sah er Portia mit einem undeutbaren Blick an, ehe er mit einer Sanftheit, die seine schrecklichen Worte Lügen strafte, fortfuhr: »Ich schwor, meinen Vater zu rächen, und ich werde es tun, so wahr mir Gott helfe. Ich will diese Ratte Cato für den Verrat seines Vaters vor mir im Staub kriechen sehen.«
    Portia merkte entsetzt, dass er jedes Wort ernst meinte. Ihr Einfühlungsvermögen ließ sie freilich verstehen, was er verloren hatte. Vom zarten Kindesalter an vaterlos, seines Geburtsrechtes beraubt, war er in die harte Welt außerhalb von Gesetz und Gesellschaft hinaus gestoßen worden. Ein kleiner Junge, der wusste, dass sein Vater einen schrecklichen Tod gestorben war.
    »Und deine Mutter?« fragte sie zaghaft.
    »Sie

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