Die geraubte Braut
muss das alles besonders arg treffen.«
»Vor zwei Monaten war ich in Oxford«, berichtete Brian. »Die vornehme Haltung der Majestäten ist für den ganzen Hof Vorbild.« Dass er, wiewohl in Oxford, sich nicht bei Hof hatte blicken lassen und dem Königspaar nur beim Kirchgang auf der Straße begegnet war, verschwieg er.
»Ich wünschte, ich könnte meinen Gemahl überreden, dass er …« Diana hielt inne und betupfte ihre Augen mit dem Rand ihres parfümierten Taschentuches. »Vergebt, Mr. Morse. Es steht mir nicht zu, die Entscheidungen meines Gemahls zu kritisieren, aber ich fühle mich so erniedrigt. Meine Pflicht, meine Loyalität gehört meinem Souverän, und in dieser schrecklichen Lage – vergebt«, wiederholte sie und vergrub ihr Gesicht im Taschentuch.
Brian tätschelte ihr Knie. Seine Augen blickten scharf, da er eine Möglichkeit witterte, Zwietracht zu säen. Überaus nutzbringende und produktive Zwietracht. »Manchmal, Teuerste, muss man seinem Gewissen folgen, selbst wenn die Pflicht etwas anderes gebietet.«
Diana blickte auf. Ihr Gesicht zeigte keine entstellenden Spuren der Verzweiflung. »Was meint Ihr, Sir?«
Brian hüstelte diskret. »Persönliche Loyalitäten, Gewissensfragen … Ich glaube nicht, Euer Gemahl würde erwarten, dass Ihr Euer Gewissen vergesst, nur weil, seines ihn in eine andere Richtung führt, Wir beide wissen, dass Lord Granvilles Entscheidung ein schwerer Fehler ist. Sich gegen den König zu wenden, heißt, sich gegen Gott zu wenden. Der König regiert von Gottes Gnaden als gesalbter Stellvertreter des Allmächtigen.«
Diese ernste und zutiefst belehrende Rede war Musik in Dianas Ohren. »Ich fürchte sehr um meinen Gemahl!« murmelte sie. »Was soll aus ihm werden und aus all jenen, die sich gegen den König erheben, wenn der Aufruhr niedergeschlagen wird und alle sich königlichem Zorn stellen müssen?«
»Eine wahrhaft betrübliche Aussicht«, gab Brian salbungsvoll zu. »Lord Granville hat gewiss nicht bedacht, dass seine eigene Familie sein Los teilen muss.«
Diana erschauerte. »Auch mein eigener Vater erwägt, sich für das Parlament zu entscheiden. Wir werden jeder Zuflucht beraubt.«
»Vielleicht … aber, nein, ich könnte … könnte so etwas nie vorschlagen.« Er erhob sich und durchmaß in scheinbarer Erregung den warmen, vom Feuer erhellten Raum.
»Bitte, sprecht aus, was Euch bewegt«, bat Diana.
»Es erscheint mir undankbar, da Lord Granville mich so großzügig willkommen hieß, und doch ertrage ich es nicht, Euch leiden zu sehen, Mylady.« Er kam zurück zum Sofa und erfasste vor ihr niederkniend ihre Hände. »Wenn Ihr mir vertrauen würdet.«
»Natürlich vertraue ich Euch.« Sie drückte seine Hände. »Was habt Ihr mir zu sagen?« Ihre Augen glänzten.
»Nun, vielleicht könnt Ihr mit Eurem Verhalten das Vergehen Eures Gemahls in den Augen des Königs mildern.«
»Ich soll mich gegen meinen Mann wenden?«
»Nicht eigentlich. Wenn Ihr aber einen Weg fändet, ohne Wissen Eures Gemahls die Sache des Königs zu fördern …« Seine Zunge huschte über seine Lippen. Er begab sich auf gefährlichen Boden, aber Diana sah ihn mit so rückhaltloser Bewunderung an, dass er den Triumph schon zu schmecken vermeinte. Was für ein Coup! Die Ehefrau im Herzen der Rebellenfestung zum Verrat zu bewegen!
Cato war ein mächtiger Mann. Ein ehrenhafter Mann, der mit seinem Eintreten für das Parlament dessen Sache enorm fördern konnte und sie in den Augen vieler noch Unentschlossener legitimieren würde. Wenn es aber gelänge, seine Macht auf seinem eigenen Territorium, innerhalb der Mauern seiner Festung zu untergraben, würde er jegliche Glaubwürdigkeit verlieren. Und Brian Morse, dem Instrument seines Sturzes, würde der Dank des auf seinen Thron zurückgekehrten Königs sicher sein.
»Wie?« flüsterte Diana, die sich der Gefahr ebenso bewußt war wie Brian. Aber ehe er antworten konnte, wurde die Tür geöffnet.
»Brian, was soll das? Was machst du auf den Knien?« herrschte Cato ihn an. »Meine Frau ist schon vergeben.«
Brian rappelte sich auf »Mylord, ich …«
»Mr. Morse half mir bei der Auswahl eines Farbtons meiner Stickseide«, erwiderte Diana gelassen.
»Ich verstehe.« Cato beugte sich über die Körbe mit den Seidensträhnen. »Vielleicht kann ich helfen.«
Diana lächelte. »Ach was, Mylord. Euch interessiert ja doch nur, was mit diesem schrecklichen Krieg zusammenhängt.«
Cato zog die Schultern hoch. »Mag sein.« Er griff nach
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