Die geraubte Braut
dem Klingelzug.
»Ist etwas vorgefallen, das Euch erregte, Mylord?« Diana erhob sich und schwebte auf ihn zu, um besorgt eine Hand auf seinen Arm zu legen.
»Nur der verdammte Krieg«, beschied er sie knapp. »Ach, Balley, bring uns Wein.«
»Bekümmert Euch etwas, Mylord?« fragte Brian, der sich bückte, um das Feuer zu schüren.
Deine Überaus störende Gegenwart und ein ganzes Hornissennest von Verdacht gegen Portia Worth. »Wo sind die Mädchen?« fragte Cato, der die Frage überging. »Es ist doch schon Zeit zum Abendessen?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Diana. »Soll ich nach ihnen schicken … oder nur nach Olivia?« Sie lächelte ihrem Mann zu und fuhr mit liebevoller Besorgtheit fort: »Mylord, allmählich wächst in mir das Gefühl, dass wir Portia allzu ungezwungen in die Familie einbeziehen. Ihren Einfluss auf Olivia sollte man nicht fördern, zumal nach dieser schrecklichen Entführung. Ich weiß, dass Ihr das Kind Eures Bruders nicht benachteiligen wollt, doch glaube ich, Portia wäre viel glücklicher, wenn ihr Platz unter den Bedienten wäre.«
Cato versuchte, seinen Ärger zu beherrschen. Er hatte nicht die Absicht, Diana ins Vertrauen zu ziehen. »Madam, ich bin anderer Meinung. Ihr ist es immerhin zu verdanken, dass Olivia das Bett verlassen hat. Und das kann nicht schlecht sein. Ich habe meine Gründe dafür, dass sie im Kreis der Familie verbleibt, zumindest im Moment.«
Diana schien enttäuscht. »Darf ich diese Gründe erfahren?«
Cato schüttelte den Kopf. »Meine Liebe, es ist nicht nötig, dass du dir deshalb Sorgen machst Ich habe alles bedacht. Ach, Bailey …« Er drehte sich um, als der Butler mit dem Wein eintrat. »Melde Lady Olivia und Mistress Worth, dass wir in zehn Minuten zu Tisch gehen.«
»Ja, Mylord.« Bailey entfernte sich unter Verbeugungen.
Diana presste die Lippen zusammen und schwieg. Als wenig später Olivia und Portia eintraten, lächelte sie Olivia voller Wärme zu und küsste sie. »Ich bin ja so glücklich, dass du dich besser fühlst, liebes Kind.«
Olivia lächelte andeutungsweise zurück und wischte sich verstohlen über die Wange, als sie sich umdrehte.
Bei Tisch wirkte Cato geistesabwesend und überließ es Diana und Brian, Konversation zu machen, während er Portia beobachtete. Sie benahm sich perfekt, sprach sehr wenig und antwortete höflich, wenn sie angesprochen wurde. Nichts an ihrem Benehmen ließ vermuten, dass er eine Spionin unter seinem Dach beherbergte. Dass sie ihm nicht alles über ihren Aufenthalt im Lager Decaturs verraten hatte, war für ihn deutlich spürbar gewesen, ein Eindruck, den er schon gewonnen hatte, als er sie über ihre erste Begegnung mit Decatur befragte. Vielleicht hatte Giles mit seiner Vermutung recht, und an der Beziehung des Mädchens mit Decatur war etwas faul.
Er merkte gar nicht, wie aufmerksam er sie beobachtete, bis Portia unvermittelt von ihrem Teller aufsah und seinem Blick kühn begegnete. Herausfordernd. Vielleicht ebenso unbeabsichtigt wie seinerzeit sein Bruder. Vielleicht wollte sie wie Jack nur ihren Spott mit ihm treiben, in der Meinung, sie könne ihn zum Narren halten.
Er war entschlossen, noch einmal mit ihr darüber zu sprechen und sie weiter auszuhorchen.
Gleich nach Tisch bat er daher Portia in sein Allerheiligstes im Wehrturm. Sie saß ihm am großen Tisch ernst gegenüber, bemüht, ihr Unbehagen zu verbergen, das sie empfand, da sie sich über Catos messerscharfen Verstand keine Illusionen machte. Er durfte nicht – konnte nicht – die ganze Wahrheit über ihre Begegnung mit Rufus Decatur erfahren.
»Wie oft hast du mit Decatur gesprochen?«
Portia überlegte. »Eigentlich nur einmal. Als ich ankam und er sah, dass ich nicht Olivia bin.«
»War er sehr erbost?«
»Zuerst schon, dann aber hat er sich wohl damit abgefunden, dass seinen Leuten ein verständlicher Irrtum unterlaufen war. Ich trug Olivias Mantel, und sie hatten Befehl, das Mädchen in Blau mitzunehmen.«
Die Sache mit dem geborgten Mantel wusste Cato bereits von Olivia. Insofern stimmten ihre Versionen überein. »Und wie hat man dich behandelt?«
Mit Humor, mit Lust, mit Leidenschaft? Oder war sie vom erbittertsten Gegner der Granvilles nur manipuliert und zum Narren gehalten worden?
Gleichmütig gab sie zurück: »Die meiste Zeit wurde ich in einem Apfelspeicher festgehalten. Ich unternahm einen Fluchtversuch auf dem Fluss, nachdem ich einen Schlitten entwenden konnte, wurde aber von den Wachtposten gestellt.« Sie
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