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Die Gerüchteköchin

Die Gerüchteköchin

Titel: Die Gerüchteköchin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Crusie
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wollen, dass er auf sich selbst aufpassen könne, aber schon damals ließ Henry nicht mit sich diskutieren. Also war er in den Wagen geklettert, und Henry hatte ihn mit zu Anna genommen, die sagte: »Von jetzt an bleibst du bei uns, C.L.«, woraufhin er tatsächlich meinte: »Nein, ich kann auf mich selbst aufpassen«, weil er wusste, was es bedeutete, wenn Leute jemandem einen Gefallen taten: Sie ließen dich ewig dafür bezahlen. Seine Mutter ließ ihn noch immer dafür büßen, dass sie ihn geboren hatte. Davon hatte er mehr als genug.
    Aber dann hatte Anna gesagt: »Klar, C.L., das wissen wir, aber wer passt auf uns auf? Sieh mal, wir werden auch nicht jünger. Wir könnten einen jungen und kräftigen Burschen im Haus gebrauchen.« Bei dem Gedanken daran musste C.L. grinsen. Henry musste damals so um die vierzig gewesen sein, stark genug, um eine Kuh im Armdrücken zu schlagen. Und Anna hatte noch nie einen schwachen Tag in ihrem Leben gehabt. Aber für einen Zehnjährigen, der gebraucht werden wollte, hatte dies durchaus Sinn gemacht, und sich um die beiden zu kümmern, schien mit keinerlei Verpflichtung verbunden zu sein, im Gegenteil, sie würden in seiner Schuld stehen. Also hatte er gemeint: »Na gut, solange ihr wisst, dass ich es nur für euch tue.« Daraufhin hatte Anna ihn nach oben zu einem großen Bett mit weichen, weißen Laken gebracht und ihm gesagt, dass es zum Frühstück Pfannkuchen geben würde.
    Er hatte zwanzig Jahre für die Einsicht gebraucht, dass die Verpflichtungen gegenüber Menschen, die sich um einen kümmerten, nichts im Vergleich zu denjenigen waren gegenüber Personen, um die man sich kümmern wollte. Bei den Menschen, die sich um einen kümmerten, konnte man sich revanchieren, aber diejenigen, die man beschützen musste, bleiben einem das ganze Leben lang erhalten. Was bedeutete, dass er, auch wenn er sich nichts sehnlicher wünschte, als Frog Point nie wiederzusehen, zurückkommen musste, um Anna zu besuchen. Nun betrachtete er sie mit inniger Liebe und dachte, dass sie noch immer aussah wie die energische blonde Frau, die ihm vor so langer Zeit das Leben gerettet hatte. Ihre Schürze war neu, mit modernem Streifenmuster anstelle ihrer üblichen Blumen, aber ihr mittlerweile weißes Haar trug sie immer noch in der Mitte gescheitelt und zu einem Knoten im Nacken zusammengebunden, so glatt und ordentlich wie immer, und ihre blauen Augen hatten sich überhaupt nicht verändert.
    An Anna hatte sich überhaupt nichts Wichtiges verändert.
    Er grinste sie an. »Jawohl, Ma‘am, natürlich habe ich mir die Hände gewaschen. Sie haben mich sehr gut erzogen.« Er marschierte an ihr vorbei zu seinem Platz an der Seite des Tisches und kniff sie im Vorübergehen in die Taille.
    Sie rümpfte die Nase. »Ich weiß, dass du erwachsen bist, C.L., aber für mich bist du immer noch mein Junge.«
    »Darauf wette ich.« C.L. ließ sich auf den Stuhl fallen und streckte seine Hände mit den Handflächen nach oben für eine Inspektion aus. »Siehst du? Sauber.«
    Anna setzte eine weitere dampfende Schüssel vor ihn auf den Tisch, diesmal mit grünen Bohnen. »Und heute ißt du deinen Teller leer. Keine Diskussion.«
    C.L. ließ den Blick über das Festmahl gleiten: in Zucker gepökelter Schinken, Brötchen und Butter und Annas Himbeermarmelade, grüne Bohnen mit Speck, dickgeschnittener Kohlsalat mit rotem Pfeffer - Annas Kochkünste waren ein Weltwunder. »Ja, Ma‘am.«
    Die Fliegentür wurde aufgestoßen, und Henry trat von der Veranda herein, weniger gigantisch als er dem kleinen C.L. damals erschienen war, jedoch immer noch reichlich groß und kräftig. Das dunkle Haar war inzwischen weiß geworden, aber immer noch dicht und üppig. Er wusch sich die Hände an der Spüle und sagte: »Riecht wirklich toll, Anna«, und sie erwiderte: »Danke, Henry.« Vor jeder Mahlzeit, die ich hier jemals gegessen habe, habe ich sie das sagen hören , schoss es C.L. durch den Kopf. Und nicht zum ersten Mal dankte er seiner Mutter stillschweigend dafür, dass sie ihn hinausgeworfen hatte. Es war das Beste gewesen, was sie jemals für ihn getan hatte.
    Henry nahm am Kopfende des Tisches Platz, und C.L. faltete die Hände, während Anna sich auf ihren Stuhl setzte und den Kopf neigte. »Herrgott, wir danken dir für diese Speisen, Amen«, sagte Henry. »Amen«, echoten Anna und C.L., bevor Henry nach dem Schinken griff und Anna ihm die Brötchen reichte, während C.L. eine Portion Kartoffeln auf seinen Teller

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