Die gesandte der Köingin Tess 2
um meine Handgelenke war schmerzhaft fest, und meine gesamte Vorderseite schrammte über den Rand des Boots, als sie mich hochzogen. Ich landete schwer auf dem Boden und prellte mir die Schulter. Der Wind traf mich mit eisiger Wucht und drang augenblicklich bis auf meine nasse Unterwäsche. Duncan legte mir einen Umhang um, und ich wickelte mich fest hinein. Dann zog ich die Beine an, setzte mich auf, wischte mir das Wasser aus dem Gesicht und versuchte zu begreifen, dass ich noch lebte, und Contessa ebenfalls, und dass wir beide auch heute Abend den Sonnenuntergang erleben würden.
»Schnell. Umkehren«, sagte Duncan, obwohl die kräftigen Seeleute das bereits getan hatten. Ich hob den Kopf und sah Jy neben uns, der kraftvoll der Strandläufer entgegenschwamm. Eines der Kriegsschiffe hatte eine Winde an Bord. Man würde ihn hier nicht sterben lassen, mochte der Kapitän auch noch so protestieren und brummeln wegen des nahenden Sturms und der Zeit, die es kosten würde, das Tier an Bord zu holen. Nicht, nachdem der Wallach der Königin das Leben gerettet hatte.
Mein Herzschlag verlangsamte sich, und ich begann zu zittern. Meine Schwester war in Sicherheit. Meine Schwester würde weiterleben und mir auch morgen wieder auf die Nerven gehen.
Duncan berührte mich an der Schulter, und ich begegnete unter meinen tropfenden Haarsträhnen hervor seinem Blick. Er holte Luft und zog mich dann mit einem trotzigen Ausdruck in den braunen Augen in eine ganz und gar unpassende öffentliche Umarmung – er erdrückte mich schier, und das vor aller Augen.
Ihn von mir zu schieben kam nicht in Frage. Also schmiegte ich den Kopf in die Lücke zwischen seinem Hals und seiner Schulter. Zitternd vor Kälte und Erschöpfung sog ich den Duft nach Leder und Rasierseife ein. Warme Tränen traten mir in die Augen, die aber niemand vom Wasser aus meinem triefenden Haar unterscheiden konnte.
Womit habe ich dieses Glück verdient? Ich hielt mich von ihm fern, und dennoch lag ihm so viel an mir. Dass ich ihm meine aufregendste persönliche Geschichte verheimlichen musste, piesackte mich mit Schuldgefühlen wie ein Dorn. Langsam wich ich zurück, und er spürte es und ließ mich los. Der Blick seiner ausdrucksvollen Augen hinter dem windzerzausten Pony begegnete dem meinen, und er verzieh mir wieder einmal, weil er sich von mir angenommen gefühlt hatte, ehe die Etikette mich hatte zurückweichen lassen. Beruhigt wandte er sich der Strandläufer zu und brüllte nach sauberem Wasser und Decken, ehe wir das Schiff überhaupt erreicht hatten.
Ich wischte mir Tränen und Salzwasser aus dem Gesicht, und mein Blick fiel auf das Misdever Schlachtschiff, das gerade durch eine weite Wende manövrierte. Meine überwältigende Erleichterung über Contessas Rettung wich der Scham, als ich Jecks schwarzgrün gekleidete Gestalt am Bug des Misdever Schiffs entdeckte. Selbst aus dieser Entfernung konnte ich sehen, wie steif und angespannt seine Haltung war.
Meine Finger zitterten, als Duncan sie in einer statthafteren Zurschaustellung von Sorge mit beiden Händen umfing. Ich riss den Blick von Jeck los, und meine Wangen brannten vor Scham. Jeck wusste Bescheid. Der rivalisierende Spieler aus Misdev würde mich für eine Närrin halten und behaupten, dass ich nicht für das Spiel taugte, wenn ich nicht einmal mein eigenes königliches Paar daran hindern konnte, sich gegenseitig zu ermorden.
Und während die Mannschaft des Beiboots rhythmisch zu singen begann, um ihre Ruderschläge im Takt zu halten, fragte ich mich, ob Jeck womöglich recht hatte.
2
Ich zupfte an Contessas sauberem, aber nassem Haar und zerrte die mit Perlen verzierte Bürste mit zorniger Kraft durch die hüftlangen blonden Strähnen. Und die Königin von Costenopolis, Herrscherin über die Meere und die riesigen Wälder im Landesinneren, ertrug meine stumme Folter in beschämtem Schweigen. Über der lächerlich kleinen Kabine war der Lärm zu hören, mit dem mein Pferd mittels der Winde an Bord geschafft wurde. Diese Kabine neben dem winzigen Offizierssalon hatte einst dem ersten Offizier Haron gehört, aber jetzt war sie mit so viel Seide und Leinen vollgestopft, dass man die Umrisse des Raums kaum mehr erkennen konnte. Er bestand ohnehin hauptsächlich aus einem Bett, und es blieb kaum Platz für Contessas trocknende Kleider und uns beide, während ich sie präsentabel machte. Die Decke befand sich dicht über meinem Kopf, und es fiel mir nicht schwer, das Gleichgewicht zu
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