Die gesandte der Köingin Tess 2
um seine Gemahlin gewesen, als wir es endlich an Bord geschafft hatten. Den Verlust seines Schwertes hatte er vor lauter Angst, er könnte Contessa getötet haben, für den Moment vergessen. Ich wusste aber, dass sich das ändern würde, denn im Lauf der Zeit würde sich der Zusammenhang zwischen seiner Angst und der Erinnerung an Contessa, die sein Schwert ins Meer warf, immer weiter lockern. Sollte Contessa zu stolz sein einzugestehen, dass sie einen Fehler gemacht hatte, würde Alex womöglich auf den erstbesten der verschlagenen Höflinge hören, der eine Gelegenheit sah, seine persönliche Macht zu mehren, indem er den jungen Prinzen gegen seine Frau aufhetzte.
Besorgt zerrte ich die Bürste durch Contessas Haar. Sie zuckte stumm zusammen, als ich auf einen Knoten traf und die Bürste daran hängen blieb. »Entschuldigung«, murmelte ich, denn ich erinnerte mich daran, wie weh es getan hatte, wenn Heather, meine Kindheitsfreundin und Zofe, ihren Ärger auf die gleiche Weise an mir ausgelassen hatte. Ich legte die Bürste weg, um den Knoten vorsichtig zu entwirren.
»Du tust mir weh«, klagte Contessa, und es klang, als hätte sie Angst davor, was ich erwidern würde. In der Öffentlichkeit war sie die Königin, und ich war ihre Adoptivschwester und angesehenes Mitglied ihres Hofstaats. Wenn wir unter uns waren, fragte sie mich um Rat und ließ sich manchmal auch harte Kritik von mir gefallen, weil ich ihr helfen wollte. Ich versuchte, ihr politisches Geschick und Taktgefühl, die ich über viele Jahre hinweg gelernt hatte, möglichst schnell beizubringen, ehe sie derart über ihre eigene Tölpelhaftigkeit stolperte, dass sie uns alle mit in den Abgrund riss.
»Das war sehr dumm von dir«, sagte ich und dachte mir, dass es wohl einfacher wäre, den Knoten, den das Salzwasser in ihrem Haar hinterlassen hatte, herauszuschneiden, als ihn mühsam aufdröseln zu wollen. »Es sind schon aus geringeren Anlässen Kriege geführt worden.«
Mit zitternden Fingern griff sie nach dem kleinen Handspiegel und beobachtete, was ich mit ihrem Haar tat. »Er kann wohl kaum einen Krieg gegen seine Frau anfangen.«
Mit zusammengekniffenen Lippen tupfte ich ein klein wenig duftendes Öl auf meine Fingerspitzen, um den Knoten zu lösen. »Doch, das kann er«, entgegnete ich, und ihr Blick begegnete meinem im Spiegel. Ihre tiefblauen Augen wirkten verängstigt. Gut. Sie sollte sich auch fürchten. Sie mochte wieder an Bord sein, aber aus ihrem Schlamassel war sie noch lange nicht heraus, und das hatte sie wohl eben begriffen.
»Was soll ich tun?«, fragte sie. »Eine Entschuldigung würde mich schwach erscheinen lassen. Ich bin doch eine Königin.«
»Daran hättest du denken müssen, ehe du sein Schwert ins Meer geworfen hast.« Ich griff wieder zur Bürste und fuhr grob fort, ihr Haar zu entwirren. Ein schwacher Fischgeruch stieg von meiner Kleidung auf, und ich verzog das Gesicht. »Was hast du dir nur dabei gedacht?«, fragte ich vorwurfsvoll. »Das war das Schwert seines Großvaters. Es hat die königliche Familie in vielen Schlachten geschützt. Es ist unersetzlich. Ganz abgesehen vom praktischen Standpunkt – was soll er denn jetzt während der restlichen Reise tun? Schwerter von einer solchen Qualität findet man nicht überall. Er wird sich auf die Klinge eines anderen verlassen müssen. Kannst du dir vorstellen, wie sich das für einen Mann anfühlt? Für einen Prinzen obendrein?«
Sie machte ein klägliches Gesicht und ließ den Handspiegel sinken, damit ich ihre Tränen nicht sah. »Ich werde mich öffentlich bei ihm entschuldigen und ihm ein neues Schwert schenken«, sagte sie kleinlaut.
Mit einem müden Zischen stieß ich die Luft aus. »Du wirst nichts dergleichen tun. Du wirst ihm öffentlich erklären, dass du an deiner Entscheidung festhältst, die Verstümmelung von Dieben bedürfe der königlichen Zustimmung. Und heute Abend wirst du dich in eurer Kabine wortreich bei ihm entschuldigen. Auf den Knien, mit all der Demut, die du bei den Nonnen gelernt hast. Du wirst ihm sagen, dass du eine Närrin bist, dass du für das, was du getan hast, eine Züchtigung verdienst, und dann wirst du ihm den Riemen reichen, damit er dich auspeitschen kann.«
»Nein!«, schrie sie und schlug sich die Hand vor den Mund. »Das kann ich nicht!«
Ich schob mich an dem Stuhl vorbei, auf dem ihr gewaschenes Kleid trocknete, und baute mich vor ihr auf. Ich runzelte so fest die Brauen, dass ich Kopfschmerzen davon bekam, und mein
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