Die gesandte der Köingin Tess 2
noch verletzlicher aus. »Mit dir … spreche?«, fragte er, und die neuen Flammen warfen tanzende Schatten auf ihn.
Ich war beschämt und wollte nicht zugeben, dass seine Stimme mich beruhigte. Also starrte ich stumm ins Feuer.
Er sagte nichts, als ich mich bequemer zurechtsetzte und Zweige und Laub beiseiteschob, bis ich auf der feuchten Erde saß. Davon würde ich mich sicher erkälten, aber ich hatte nun einmal nichts Besseres, worauf ich sitzen könnte. Ich fühlte mich, als würde ich zerbrechen, wenn ich mich zu schnell bewegte. Ich wusste, dass Jeck zu essen hatte, denn ich hatte ja gesehen, wie er alles mitgenommen hatte. Aber das Wasserfass war ausgelaufen. Ich war heute die gleiche Strecke marschiert wie er und hatte nirgends Wasser gesehen. Er war vermutlich am Verdursten.
Mit beinahe gierigem Blick beobachtete er, wie ich ein paar mickrige Schluck Wasser in eine tiefe, rosige Muschelschale goss, die Penelope mir um die Taille gehängt hatte. Ich band die Schnur los und stellte sie auf Armeslänge vor mich hin. Jeck wartete, bis ich mich wieder aufgerichtet hatte, ehe er näher rutschte.
Er bewegte sich mit gezwungener Gelassenheit, griff danach und trank die Muschelschale in einem Zug leer. Das war nicht annähernd genug gewesen, und ich drückte Penelopes Flasche eifersüchtig an mich. Wenn er mir zu nahe kam, würde ich ihm wehtun, das schwor ich mir. Doch Jeck blieb, wo er war, und sah schweigend zu, wie ich die Brötchen und den würzigen Ziegenkäse auspackte, die die Frau mir mitgegeben hatte.
Meine Finger waren kalt, und ich beobachtete sie, um mich zu vergewissern, dass sie auch taten, was ich wollte. Mit der Wärme kam der Schmerz, den ich gern ertrug. Die Brötchen waren zerdrückt und wurden nur von der dicken, kräftigen Ziegenbutter zusammengehalten, mit der sie sie bestrichen hatte. Tränen brannten mir in den Augen. Sie war so gütig gewesen, und ich hatte ihr nichts zurückgeben können.
Jeck bewegte sich, und mein Kopf fuhr hoch.
»Bleib weg von mir«, knurrte ich und erinnerte mich an seinen Zorn, mit dem er sich geweigert hatte, ihr das Messer zurückzugeben. Er hatte mir das Leben gerettet, es mir aber im selben Zug weggenommen. Ich wusste nicht, ob uns das erst recht zu Rivalen machte oder nicht. Aber ich wollte nicht, dass er mich anrührte.
Sein Blick fiel auf das höllisch scharfe Messer, das an einem roten Band um meine Taille baumelte. »Ich hatte nicht vor, dich zu berühren.«
Sein Blick sagte etwas anderes. Ich behielt ihn im Auge, während ich mir einen Bissen Brötchen in den Mund stopfte und die Lippen abwischte. »Das wirst du auch nicht«, drohte ich.
Jecks Blick glitt zu der Wasserflasche. »Ich singe dir etwas vor, von hier zur Hölle und wieder zurück, wenn du mir dieses Wasser gibst.«
Meine Hand fiel auf die Keramikflasche, die sie mir ebenfalls um die Taille gebunden hatte. Durstig?, höhnte ich im Stillen, aber ich war nicht so dumm, es laut zu sagen. »Ich gebe dir die Hälfte. Wenn ich fertig bin«, fügte ich hinzu, und er nickte. Sein Blick kehrte zum Feuer zurück, und er entspannte sich. Ich hatte nicht einmal bemerkt, dass er zum Sprung gespannt gewesen war, bis er wieder in sich zusammensank. Ein Schauer überlief mich. Wenn ich nein gesagt hätte, dann hätte er den Tod riskiert und versucht, mir die Flasche zu entreißen. Aber er würde mich lieber bei Laune halten, um die Hälfte davon ohne Risiko zu bekommen.
Ich atmete erleichtert auf, als er sich wieder auf den Boden setzte. Er schürte das Feuer und ließ seinen Stock darin liegen, und ich beobachtete ihn argwöhnisch. Ich musste an das erste Mal denken, als wir gemeinsam an einem Feuer im Wald gesessen hatten. Ich war ohne meine Stiefel an einen Baum gefesselt gewesen. Er hatte mir alles gestohlen. Allerdings hatte ich am nächsten Morgen wiederum sein Pferd gestohlen, mit seinem sämtlichen Gepäck.
»Ich habe dich schreien hören«, bemerkte er und fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen, als ich einen Schluck trank.
Ich biss die Zähne zusammen und ließ wieder locker. Wenn ich ihm nicht sagte, warum, würde er sich etwas noch Schlimmeres ausdenken. Und das meiste wusste er ohnehin schon. »Ich habe mit dem Wind gesprochen«, sagte ich, las einen Krümel von meinem Knie auf und aß ihn. »Er ist mir auf die Nerven gegangen.«
Jeck stieß ein überraschtes Brummen aus, und meine Schultern entspannten sich bei dem vertrauten Laut. »Du hast ihn doch nicht losgelassen«,
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