Die gesandte der Köingin Tess 2
oder eine Hure behandeln. Er musste mich bitten, musste mich mit dem Respekt behandeln, der mir gebührte. Ich würde ihm meine Schulter nicht zeigen, und er konnte mich nicht berühren, ohne zu riskieren, dass ich ihn mit bloßen Händen umbrachte.
»Was ist dir denn eine schmerzfreie Nacht wert?«, entgegnete er. Sein Gesicht wurde vom unsteten Feuerschein in Schatten getaucht, und er ließ die Hand von seiner Seite sinken.
Zitternd strich ich mir eine Locke hinters Ohr und wandte den Blick ab. Die Verlockung einer behaglichen Nacht war nicht stark genug, um dafür seine Hände auf mir zu dulden. Aber es gab etwas, das ich von ihm wollte. Schmerz konnte mich nicht dazu bewegen, Scham aber schon, und um die zu vermeiden, würde ich ihm einen Blick auf meine Schulter verkaufen. Mein Herz schlug schneller, und ehe ich es mir anders überlegen konnte, platzte ich heraus: »Ich lasse dich meine Schulter heilen, wenn du Kavenlow nichts sagst.« Dann errötete ich und fügte hinzu: »Wenn du ihm nichts von dem Puntabiss erzählst und dass ich den Wind gerufen habe und dass mein Giftpegel erhöht ist.«
Er wirkte wie erstarrt und fixierte mich mit einem ungläubigen Blick. »Du willst eine beschleunigte Heilung und mein Schweigen für einen kurzen Blick auf deine Schulter? Du überschätzt deine Reize, Prinzessin.«
Meine Wangen wurden noch heißer. Ich kam mir vor wie eine Hafenhure, die nackte Haut aufblitzen ließ, um etwas zu bekommen, das sie wollte. »Du möchtest dir meine Schulter gründlich ansehen, um die Zeit bis zu meiner Vision abzuschätzen? Das sind die Bedingungen dafür.« Mein Herz pochte. Ich leckte mir die letzten Reste Käse von den Fingern und traf darunter auf den Geschmack von Schmutz.
Jeck rutschte ein wenig hin und her und hätte verlegen gewirkt, wenn ich ihm geglaubt hätte, dass er zu diesem Gefühl fähig war. »Wie kommst du darauf, dass ich mich an die Abmachung halten werde, wenn ich die Schulter erst gesehen habe?«
Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. »Ich werde dir wohl vertrauen müssen.«
Er schürzte die Lippen, beugte sich vor, schürte das Feuer mit dem nächsten Ast und ließ ihn dann darin liegen. Ich beobachtete ihn und rückte näher an die plötzlich aufsteigende Wärme heran. »Traust du mir denn?«, entgegnete er, und ich fand, dass ein seltsam fragendes Zögern unter der oberflächlichen Verachtung in seiner Stimme mitschwang.
Ich zog meinen Umhang fester um mich und genoss zitternd die Wärme vor mir. Ich dachte an sein entschlossenes Handeln zurück, als wir plötzlich auf einem brennenden Schiff gestanden hatten. Daran, wie er mich die letzten paar Schritte ans Ufer getragen hatte, als meine Muskeln kraftlos zu zittern begannen, weil mein vollgesogenes Kleid mich nach unten zog. Ich erinnerte mich an den Schmerz, der sich später an jenem Tag auf seinem Gesicht gespiegelt hatte, als er zugab, versehentlich eine Frau getötet zu haben, die er geliebt hatte. Ich dachte an seine knappen Worte und unverhohlene Gemeinheit, als er von dem Floß davonspaziert war und mich bei Penelope zurückgelassen hatte.
»Nein«, sagte ich. »Aber es wird dich nichts kosten, meine Schulter zu heilen, also denke ich, dass du es tun wirst. Ich kann keine Spielerin mehr werden; du hast nichts zu verlieren und alles zu gewinnen, wenn ich schneller einschlafe. Dann musst du dich nicht so lange mit mir unterhalten.«
Er brummte und lehnte sich ein wenig zurück. »Ich muss mich überhaupt nicht mit dir unterhalten.«
Elend starrte ich ins Feuer und entdeckte ein Fleckchen Gold, wo nur Schatten sein sollten – eine Blase aus Hitze, eingeschlossen unter einem schräg geneigten, breiten Ast. An dieser geschützten Stelle brannte das goldene Feuer fröhlich, doch wenn es ins Freie gelangte, würde es zu einer ganz gewöhnlichen Flamme werden. Ich wollte nicht zugeben, dass Jecks Stimme die Stimme des Windes in meinem Kopf in Schach hielt und mir die Kraft verlieh, sie abzuwehren. »Willst du sie nun sehen oder nicht?«, fragte ich, zornig auf mich selbst.
Ich konnte seine Gedanken beinahe lesen, als ich den Blick hob. Er presste die Lippen so fest zusammen, dass sie fast hinter seinem Bart verschwanden. Mir stockte der Atem, als er die Handflächen gegen den Boden stemmte, um aufzustehen. Ich streckte warnend die Hand aus, weil ich nicht wollte, dass er zu mir kam. Er seufzte tief und ließ sich wieder sinken. »Na schön«, brummte er. »Dann komm du hierher.«
Plötzlich war
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