Die gesandte der Köingin Tess 2
sagte er vorwurfsvoll.
»Ich habe es versucht«, erwiderte ich atemlos, denn nun schien die Last des ganzen langen Tages auf mich herabzusinken. »Ich dachte, ich hätte es geschafft, aber er ist immer noch da, in meinem Kopf. Er spricht mit mir und fordert, dass ich ihn gehen lasse.«
»Dann lass ihn frei.«
Darüber wollte ich jetzt nicht reden. Ich hob den Blick, und seine Augen weiteten sich. Ich fragte mich, wie schlimm ich wohl aussehen mochte. »Wenn ich ihn freilasse, wird er mich töten.«
»Er wird dich auch töten, wenn du es nicht tust«, entgegnete er und hielt ruhig meinem Blick stand.
Ich biss von meinem letzten Brötchen ab, tat gleichgültig und fragte mich zugleich, wie er das hatte erraten können. »Wahrscheinlich.« Ich konnte spüren, wie er in meinem Kopf brodelte. Er würde auf mich einflüstern, wenn Jecks Stimme ihn nicht erschreckt hätte, so dass er schwieg.
Meine Schulter zwickte, und ich massierte die heilenden Wunden mir der freien Hand. Der Biss tat weh, aber das hier war nicht mehr mit der lähmenden Pein von vor vier Tagen zu vergleichen. Der Schmerz vermischte sich mit dem Wind in meinem Kopf. Das Gift hatte mir die Kraft verliehen, den Wind meinem Willen zu unterwerfen, der Punta hatte mir das Wissen geschenkt, wie man ihn herbeirief, und mein Stolz hatte einen Weg gefunden, mich selbst zu zerstören.
»Soll ich dir die Schulter wärmen?«, fragte er und hob eine starke, vom Salz gerötete Hand. »Die Heilung kann ich vermutlich nicht mehr sehr beschleunigen, aber sie wird sich besser anfühlen.«
Ich starrte ihn ungläubig an. Er glaubt tatsächlich, ich würde ihm erlauben, mich zu berühren? »Ich glaube, du hast bereits genug Schaden angerichtet, meinst du nicht?«, entgegnete ich scharf und griff nach meinem Stück Käse. »Du willst doch nur nachsehen, wie nah wir dem Traum sind«, fuhr ich hitzig fort und musste daran denken, dass ich die Erfüllung des ersten Traums nicht hatte verhindern können. Ich schätzte, dass meine Wunde auf natürliche Weise noch etwa eine Woche Zeit brauchen würde, bis sie so aussah wie in diesem prophetischen Traum, und ich hatte nicht vor, den Prozess mit ein wenig zusätzlicher Magie aus seinen Händen zu beschleunigen. »Ich habe diesen Traum gesehen«, fügte ich hinzu, »und ich werde es nicht dazu kommen lassen.«
»Vermutlich«, stimmte er mit ruhiger Gewissheit zu und strich sich mit der Hand über das bärtige Kinn. »Nicht, wenn du dagegen arbeitest. Aber ich kann es doch nicht schlimmer machen, und wenn du recht hast und da wirklich bloß altes Gift ist, das sich abbauen muss, dann kann es nur helfen. Vielleicht lernst du dabei sogar, wie du mit den Händen heilen kannst. So etwas schnappst du ja sehr leicht auf.«
Ich schnaubte, denn nicht einmal meine königliche Erziehung konnte mich daran hindern, ihm meine Verachtung zu zeigen. Seine Schmeichelei fiel auf taube Ohren. Er wusste, dass es kein altes Gift war, das sich aus dem Gewebe abbaute; es war frisch und stark und beraubte mich meiner Zukunft. »Nein.« Ich hatte den Appetit verloren und aß den Käse, ohne ihn zu schmecken. Was spielte das noch für eine Rolle?
Jeck zog die Knie an und saß nun im Schneidersitz da, in das Segel gehüllt. Ich blickte auf und wurde verdrießlich, als ich sah, dass er die Hand unter sein blutbeflecktes Hemd geschoben hatte und sie an seine Seite presste, genau da, wo er verwundet worden war. Sein Blick wirkte entrückt, und seine Schultern sanken herab. Es war offensichtlich, dass er seine Magie benutzte, um die Heilung zu beschleunigen und den Schmerz zu lindern.
Ich biss die Zähne zusammen, als ich mich daran erinnerte, wie seine Hände sich angefühlt hatten, als Magie aus ihnen hervorgeströmt war, um mich von innen zu heilen. Er konnte die taube Kälte aus mir vertreiben, die vielen kleinen Schmerzen in Wärme und Behaglichkeit auflösen. Besser als ein heißes Bad.
Besser als ein Feuer in einer Winternacht. Besser als … alles andere.
Er zog die Augenbrauen hoch, als er mich dabei ertappte, dass ich seine Hände anstarrte, und ich zwang mich, den Blick abzuwenden, und unterdrückte einen Anfall von Neid. Er war bereit, mir das Töten beizubringen, nicht aber das Heilen. Was für ein Mistschlepper. »Du ärgerst dich sicher darüber, dass ich weiß, wie nah wir dem Traum sind, und du nicht«, bemerkte ich und empfand Befriedigung, als sein Auge zuckte. Er konnte mir nicht mehr seinen Willen aufzwingen und mich wie einen Hund
Weitere Kostenlose Bücher