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Die gesandte der Köingin Tess 2

Die gesandte der Köingin Tess 2

Titel: Die gesandte der Köingin Tess 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cook
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reglos und mit gesenktem Kopf, bis es vorüberging und mein Zorn von kalter Angst vertrieben wurde.
    Der Wind in meinem Kopf sah seine Chance zur Flucht. Er schwoll binnen eines Herzschlags von einem Zephir zu einer Brise zu einem Sturm an, der durch meine Gedanken wirbelte und den nur ich hören und fühlen konnte.
    In meinen Händen vibrierte immer noch der Tod. Ich riss den Wind zurück, legte ihm die Fesseln an, rang ihn nieder, brachte ihn zum Gehorsam. Er schlug nach mir, und ich keuchte auf und zwang mich, nicht auf ihn zu hören, als er mir versprach, dass er mich das Fliegen lehren würde. Gott steh mir bei. Ich breche in Stücke.
    Jeck blieb abrupt stehen und drehte sich um. »Was ist?«, fragte er tonlos, als er meine plötzliche Angst bemerkte. Seiner ärgerlichen Miene nach zu schließen, ahnte er nicht, dass ich ihn gerade nicht nur fast getötet hätte, sondern auch binnen zweier Herzschläge beinahe wahnsinnig geworden wäre.
    »Dann behalte es eben«, flüsterte ich und schluckte schwer. Er war beinahe entkommen. Der Wind hatte mich hereingelegt, und fast hätte ich Jeck wegen eines albernen Messers getötet.
    Er musterte mich von Kopf bis Fuß, rückte das Bündel mit allem Wertvollen, was wir hatten, ein wenig höher über die Schulter und ging davon. Ich sah ihm an, dass er in Gedanken schon meilenweit voraus in der Hauptstadt war. »Ich werde es deinem Meister sagen, Prinzessin«, erklärte er, ohne sich umzublicken. »Du bist gefährlich, und er muss sich seinen Fehlern stellen.«
    »Prinzessin!«, rief die alte Frau aus und blickte von ihrer Erkundung des leeren Wasserfasses auf.
    »So nennt er mich nur«, sagte ich. Ich stand in der Sonne, die Arme um mich geschlungen, und mir war kälter als im ärgsten Winter. Aber die Frau hatte mich gar nicht gehört, denn inzwischen sprach sie mit den toten Rochen, die überall am Strand angespült worden waren.
     

 
    18
     
    Die Gelegenheiten in meinem Leben, da ich ganz allein gewesen war, wirklich allein, konnte ich an einer Hand abzählen und hätte immer noch Finger übrig gehabt. Stets war Kavenlow da gewesen, oder meine beste Freundin Heather, oder sonst alle möglichen Leute. Im Palast waren immer Wachen in Rufweite, selbst wenn ich die Illusion genoss, allein zu sein. Jenseits der Palastmauern hatte Kavenlow mich überallhin begleitet. Das einzige Mal wahrhaftig allein war ich im vergangenen Jahr gewesen, auf dem Weg durch einen Frühlingswald, geflohen aus dem eroberten Palast und auf der Suche nach Kavenlow. Und selbst damals war fast immer Duncan bei mir gewesen.
    Und nun lief ich durch einen kalten Wald und versuchte wieder einmal, Kavenlow zu erreichen.
    Der Wind war böig und fand manchmal den Weg unter die Bäume, um mit meinen matten Locken zu spielen. Seine durchtriebene Gegenwart hielt ein beständiges Flüstern in mir wach, und er setzte sich nun endgültig an dem Platz fest, den er sich in meinem Geist geschaffen hatte. Eine leise Litanei der Sehnsucht hatte begonnen, die Erinnerung an wilde Freiheit schwoll an, tat meinem Geist weh und verhöhnte mich.
    »Geh weg«, hauchte ich und versuchte, im Zwielicht unter den Bäumen nicht zu stolpern. Ich hatte den Wind fast den ganzen Tag lang ignorieren können, während die frühlingsmunteren Vögel und die Sonne, die durch das Blätterdach fiel, mich abgelenkt hatten. Doch nun, da es dunkel wurde, hörte ich ihn deutlicher.
    Mein rechtes Bein wurde wieder taub, und den rechten Arm hatte ich nicht mehr gespürt, seit die Sonne untergegangen und der fast volle Mond am Himmel erschienen war. Wie ein totes Ding hatte mein Arm heruntergehangen, bis ich ihn unter dem Umhang, den die alte Frau mir geschenkt hatte, fest an mich gezogen hatte. Sie hatte mir außerdem ein Bündel Essen mitgegeben und es mir mit einem roten Stoffstreifen um die Taille gebunden. Ein weißes Tuch mit dem feinsten Webmuster, das ich je gesehen hatte, wärmte unter dem Umhang meine Schultern. Dieses Tuch war ihr Hochzeitsgeschenk von der Familie ihres Mannes gewesen, und sie hatte es mir nach kurzem Zögern einfach geschenkt – sie hätte es ihrer Schwiegertochter geben wollen, hatte sie gesagt, aber die käme sie ja nie mehr besuchen, seit sie ihren Sohn verlassen hätte.
    In Wahrheit lag ihr Sohn in einem liebevoll gepflegten Grab zwanzig Schritt vom Haus entfernt, direkt neben den Gräbern seiner Frau und seines kleinen Kindes.
    Die alte Frau lebte völlig allein, und ihr milder Wahn schützte sie vor dem

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