Die gesandte der Köingin Tess 2
ich mit Duncan gesprochen und für mich festgestellt hatte, welche Narbe sein Verrat in mir hinterlassen würde.
Er hat dich nie geliebt, höhnte die Stimme in meinem Kopf, geweckt von dem Wind, der mir bei dem schnellen Tempo ins Gesicht wehte. Ich stieß sie tief hinab, wo ich sie nicht hören konnte, doch sie arbeitete sich wieder an die Oberfläche, stieg auf wie kleine Bläschen, die einfach zwischen meinen Fingern hindurchglitten. Er hat dich nie geliebt. Du wirst ihn niemals finden. Niemals finden. Niemals finden.
Jy trug mich in die tiefere Dunkelheit unter den Bäumen, und seine Hufe griffen den Vers auf. Ich schloss die Augen und ritt blindlings weiter, während der Wind in irrer Freude gackerte. Er wusste, dass er mich hatte. Er würde mich in den Wahnsinn treiben. Ich war bereits halb wahnsinnig, ritt in halsbrecherischer Geschwindigkeit durch den Wald auf einem Weg, der nirgendwohin führte.
Frustration schnürte mir die Brust ein, und ich biss die Zähne zusammen. Der Wind in meinen Gedanken entwischte meinem Griff und verlockte die Brise in den Bäumen zum Wachsen. »Dann such du ihn doch!«, schrie ich ihn an, und Jy strauchelte.
Mir stockte der Atem ob der Woge verschlagener Schläue, mit der der Wind mir begegnete. Er konnte es. Er konnte ihn finden … wenn ich ihn freiließ.
Mit hämmerndem Herzen richtete ich mich auf. Jy spürte, dass ich das Gewicht verlagerte, und schneller, als ich es für möglich gehalten hätte, kamen wir unter heftigem Ruckeln zum Stehen. Da plötzlich die Bewegung fehlte, stürmten alle anderen Empfindungen auf mich ein. Die Bäume und die Dunkelheit schlossen sich um mich und wurden wieder Wirklichkeit. Von nirgendwo war ein Froschkonzert zu hören. Jys Atem und das leichte Stampfen seiner Hufe, als er auf der Stelle trat, klangen sehr laut. Hinter den Bäumen verbarg sich ein verschwommener weißer Fleck, der einzige Hinweis auf den Mond.
Ich hielt die Zügel straff, saß aufrecht auf dem Reitkissen und starrte in das Nichts, das mich umgab. Meine Lunge sog gierig die feuchte Luft ein, als sei ich hierhergerannt, nicht Jy. Die Angst legte die Finger um mein Herz und drückte zu. Ich musste Duncan finden. Ich musste den Wind befreien.
Jy spürte meine Nervosität und tänzelte auf der Stelle. Ich sandte ihm einen beruhigenden Gedanken zu, erinnerte ihn daran, dass er ein großes Schlachtross war, und befahl ihm, still zu stehen. Ich spürte, wie sein Körper sich zu lockerer Wachsamkeit entspannte. Seine Hufe standen still, und er hob den Kopf. Seine Brust dehnte sich unter mir aus und entspannte sich, während er tief einatmete und mit geblähten Nüstern die schwere Nachtluft einsog. Dann verharrte er reglos.
Der Wind in meinem Kopf zappelte weiter, wo Jy aufgehört hatte. Er schmeichelte mir, versprach mir alles, verweigerte mir nichts. Er schwatzte in Vorfreude auf seine Freiheit, und ich saß mit gesenktem Kopf da, schlang meinen Willen um ihn und drückte mit der ganzen Kraft meiner Wut zu.
Er jaulte auf und zersprang in tausend kleine Zephire, die unheimlich kreischend in meinem Kopf herumsausten und auf mich einstürmten. Du, sagte ich und packte einen von ihnen mit meinem festen Willen. Ich werde dich befreien. Du wirst Duncan finden und zu mir zurückkehren.
Der kleine Windhauch stimmte zu und überschüttete mich mit gekicherten Versprechungen und falschen Phrasen. Ich wusste, dass er mir gehorchen würde, aber die verschlagene Selbstsicherheit in seiner Schmeichelei erfüllte mich mit einer bösen Vorahnung.
Dennoch ließ ich ihn frei.
Mein Haar flog hoch, als der Zephir in einer wilden Spirale um mich herumwirbelte und verschwand. Jy erschrak bei dem plötzlichen Windstoß, und ich beruhigte ihn. Der Wind, der in mir gefangen blieb, rief dem Befreiten kläglich hinterher, doch die Blätter waren schon wieder still. Er war fort.
Mit klopfendem Herzen wartete ich auf seine Rückkehr. Jys Hitze stieg auf und wärmte mir die Finger, die ich in seine Mähne grub. Die Frösche sangen an verborgenen Teichen, und das Mondlicht nahm zu, als die Wolken dünner wurden. Der Wind, in mir gefangen, beklagte sich lautstark, und dieses eine Mal galt seine Aufmerksamkeit nicht mir – er jammerte dem Teil von sich hinterher, den ich befreit hatte.
Ein fernes Rauschen erhob sich über den Gesang der Frösche. Jy spitzte die Ohren, und ich folgte seinem Blick in die Dunkelheit. Er kehrte zurück.
Obwohl die Bäume um mich herum noch standen wie erstarrt,
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