Die gesandte der Köingin Tess 2
zwischen die Rippen, so dass er an seinem eigenen Blut erstickte. Mit nichts als einem leisen Ächzen milder Anstrengung tötete der weich erscheinende Prinz einen Menschen, während alle in fassungslosem Staunen zusahen.
Ein hässliches Röcheln war zu hören, und der getroffene Seemann kippte langsam aufs Deck, wo er merkwürdig verrenkt liegen blieb. Eine dunkle Pfütze breitete sich unter ihm aus. Alex stieß mit dem Schwert ein letztes Mal zu. Dann stellte er einen Fuß auf den Gefallenen, riss das Schwert aus dessen Körper und warf sich das Haar aus den Augen.
»Bei allem, was heilig ist«, murmelte Duncan neben mir, offenkundig schockiert.
Er war ein Prinz von Misdev. Was erwarteten die Leute eigentlich?
Mit einem empörten Aufschrei zogen die umstehenden Seeleute blank und rückten vor.
»Tötet sie nicht!«, brüllte Kapitän Rylan an Smittys Seite hinter dem Steuer. Von seinem höfischen Akzent war nichts mehr zu hören. »Wenn ihr sie tötet, bekommt ihr nichts! Habt ihr verstanden? Gar nichts!«
Ich fürchtete, das könnte den Männern im Augenblick egal sein.
Alex rollte den Sterbenden herum und nahm ihm das Schwert ab. »Hier«, sagte er grimmig, legte es hin und schob es über das Deck zu Duncan hinüber. Der Falschspieler hob es auf. Er betrachtete die lange Klinge, packte das Heft fester und blickte sich mit verängstigter Miene um. Die beiden Seeleute, die uns am nächsten waren, nahmen Contessa und mich in die Zange. Warum eigentlich?, dachte ich. Wir konnten das Schiff nicht erobern. Wir konnten uns nicht retten. Aber aufzugeben kam einfach nicht in Frage.
»Achtung!«, rief Contessa, und ich wirbelte herum. Zwei Männer schlichen sich von hinten an uns heran. Ich traf jeden mit einem Pfeil, ehe Alex oder Duncan sie töten konnte. Mein Gift würden sie überleben – Alex’ Klinge nicht. Duncan wandte den Kopf und sah zu, wie sie fielen, und drehte sich dann mit einem Aufschrei um, als ein Mann ihn ansprang.
Zwei Seeleute zugleich griffen Alex an. Der Prinz schlug sich tapfer, er kämpfte stumm bis auf leise Schritte und das Klirren seiner Klinge. Duncan machte seine Sache nicht so gut und wurde bis zu uns zurückgedrängt.
»Duncan!«, schrie ich auf, als eine Schwertspitze ihn erreichte und ihm das Hemd zerriss.
Er sprang zurück, befühlte sein Hemd, und sein Gesicht verzerrte sich vor Wut. »Das habe ich gekauft!«, brüllte er und ging fluchend zum Angriff über, der seinen Gegner einen Schritt zurücktrieb.
Ich schoss einen Mann nieder, der mit blankgezogenem Schwert am Rand des Geschehens auf eine Gelegenheit lauerte, sich ins Getümmel zu stürzen. Stöhnend kippte er gegen seine Kameraden. Sie fingen ihn auf und blickten sich erschrocken um, weil sie nicht wussten, was mit ihm geschehen war. Die Männer schrien etwas von Hexerei, und ich verbarg mein Blasrohr, ehe es jemand entdeckte.
»Das war die Frau!«, brüllte Kapitän Rylan, und ich runzelte bestürzt die Brauen. »Sie hat Giftpfeile. Schnappt euch die Frau!«
Es drehte mir den Magen um. Auf Smittys derbe Geste hin umkreisten uns drei Männer, bis wir sie im Rücken hatten. Alex und Duncan waren zu beschäftigt, um sie zu bemerken, doch Contessa umklammerte zitternd meinen Arm. Sie keuchte und stieß einen ängstlichen Laut aus. Hin und her gerissen zwischen Furcht und Ärger befreite ich mich von ihrem Arm. »Wagt es nicht«, warnte ich, und einer der Männer zeigte im Fackelschein grinsend die gelben Zähne.
Ich nahm einen meiner letzten Dolche wurfbereit in die Hand und warnte ihn erneut. Er warf einen Blick auf den Dolch, grinste mich dann lüstern an und winkte mich zu sich.
»Willst du mich mit deinem Messerchen stechen, meine Hübsche?«, höhnte er. »Ich hab hier einen viel längeren Dolch, den steck ich gleich in dich rein.«
Angewidert schleuderte ich den Dolch und musste würgen, als er dem Mann in die Kehle fuhr.
Ich sah ihn nicht mehr fallen, denn die beiden anderen Männer stürzten sich auf uns.
Ich wich zurück. Dabei stolperte ich über Contessa und ging zu Boden. Ich trat um mich, rollte herum und löste die Peitsche von meiner Taille, als ich wieder aufstand.
Contessa schrie. Mit hämmerndem Herzen fuhr ich herum.
Sie hatte sich unverletzt zu Duncan geflüchtet. »Rührt sie ja nicht an!«, brüllte ich, entrollte die Peitsche und ließ sie in der Luft knallen.
Ein Schmerzensschrei von Alex ließ mich herumwirbeln. Ein Mann hatte ihn getroffen, und der Prinz war auf ein Knie gefallen.
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