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Die Geschichte der Deutschen

Die Geschichte der Deutschen

Titel: Die Geschichte der Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm von Sternburg
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können, treffen in diesen Jahren zusammen.
    Ein Warnzeichen für die Brisanz der Lage in Deutschland sind schon 1842 die Hungerrevolten der schlesischen Weber. Die sich als Heimarbeiter durchschlagenden Weberfamilien leben schon immer am Rande des Existenzminimums |134| . Hohe Zölle auf Textilien, die Einführung der ersten englischen Webmaschinen und die harte Haltung der Tuchfabrikanten, auf deren Aufträge die Weber angewiesen sind, lassen sie bald noch schlimmere Arbeits- und Einkommensbedingungen befürchten. Straßendemonstrationen beginnen, Webmaschinen werden zerstört, eine Fabrikantenvilla geht in Flammen auf. Berlin schickt seine Soldaten. Sie ersticken in Peterswalde und Langenbielau, den Zentren der Weberproteste, die Unruhen mit Gewalt. Die vorrevolutionären Spannungen in Deutschland wachsen.
    Wieder beginnt es in Paris. Im Februar 1848 marschieren protestierende Arbeiter und Handwerker durch die Straßen der Hauptstadt. Ein strenger Winter und hohe Arbeitslosigkeit liegen hinter den Menschen. Die Großbourgeoisie, neureiche Börsenspekulanten und der Altadel haben die Regierung des »Bürgerkönigs« Louis Philippe korrumpiert. Trotz der eingeschränkten Pressefreiheit berichten die Zeitungen über die schlechte Lage des Kleinbürgertums. Die Schriftsteller Honoré de Balzac und Victor Hugo üben in ihren viel gelesenen Romanen scharfe Sozialkritik. Reformunfähigkeit der herrschenden Schichten, rücksichtslose Jagd nach Profit auf der einen, elende Wohnquartiere, Kinderprostitution, Trunksucht und Armut auf der anderen Seite: In Paris explodiert eine soziale Krise. Die Regierung lässt auf die Menge schießen, die jedoch lässt sich nicht mehr einschüchtern. Barrikaden werden gebaut, und nach zwei Tagen muss Louis Philippe den Thron aufgeben. Frankreich wird Republik.
    Die Aufstände in Paris lösen einen europäischen Flächenbrand aus. Deutschland, Österreich, Ungarn und Italien erleben Massendemonstrationen, Straßenschlachten und Barrikadenkämpfe. In England drohen neue Streiks, die die Regierung nur durch Reformen verhindern kann. In Preußen hat Friedrich Wilhelm IV. 1840 den Thron bestiegen. Als Kronprinz ist er die große Hoffnung der Liberalen, die glauben, mit ihm gehe endlich die Zeit der Restauration zu Ende. Bitter haben die Demokraten auch die Abhängigkeit seines Vorgängers Friedrich Wilhelms III. von der Politik Metternichs kommentiert. So wird der neue König zunächst von breiter Zustimmung getragen. Voller romantischer Ideen über das Verhältnis zwischen Monarchie und Volk beginnt er seine Regierungszeit. Doch auch wenn Friedrich Wilhelm IV. die Zensur lockert und ein Zeichen setzt, indem er dem einst verjagten Nationaldichter Ernst Moritz Arndt seinen Bonner Lehrstuhl zurückgibt: Die Liberalen übersehen, dass der neue König keineswegs einer der ihren ist, sondern fest an das Gottesgnadentum eines Monarchen glaubt. Schon bald zeigt sich, welch tiefer Graben zwischen den Forderungen der Demokraten und dem preußischen König liegt. 1847 gibt Friedrich Wilhelm |135| IV. in seiner Thronrede zur Eröffnung des Landtags ein Bekenntnis ab: »Es drängt mich zu der feierlichen Erklärung, dass es keiner Macht der Erde je gelingen soll, Mich zu bewegen, das natürliche, gerade bei uns durch seine innere Wahrheit so mächtig machende Verhältnis zwischen Fürst und Volk in ein konventionelles, konstitutionelles zu wandeln, und dass ich es nun und nimmermehr zugeben werde, dass sich zwischen unseren Herrn Gott im Himmel und dieses Land ein beschriebenes Blatt, gleichsam als eine zweite Vorsehung, eindränge, um uns mit seinen Paragraphen zu regieren und durch sie die alte, heilige Treue zu ersetzen.« Was hier so umständlich und pathetisch gesagt wird, ist im Klartext eine Absage an jede parlamentarische Reform.
    Im März 1848 erfährt Friedrich Wilhelm eine Demütigung, die er nie mehr vergessen wird. Es sind kalte, sonnige Tage, als in Berlin die Massen auf die Straße gehen, um gegen die herrschenden sozialen und politischen Verhältnisse zu protestieren. Barrikaden werden gebaut, die Gewalt eskaliert, und am 18. März lässt der König seine Truppen auf die Demonstranten schießen. 303 Tote bleiben auf dem Straßenpflaster liegen. Einen Tag später versammelt sich eine Menschenmenge auf dem Schlossplatz, auf den die Leichen der gefallenen Barrikadenkämpfer gebracht worden sind. Die Menge ruft nach dem König und als dieser auf dem Balkon erscheint, fordert sie die Freilassung

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