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Die Geschichte Der Kinder Hurins. Sonderausgabe.

Die Geschichte Der Kinder Hurins. Sonderausgabe.

Titel: Die Geschichte Der Kinder Hurins. Sonderausgabe. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ronald Reuel Tolkien
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verhörten sie ihn. Doch auf alle ihre Fragen gab Beleg nur die eine Antwort: »Seit ich ihn zum ersten Mal in den Wäldern traf, bin ich ein Freund Neithans gewesen, und er war damals noch ein Kind. Ich suche ihn aus Freundschaft und um ihm gute Nachrichten zu bringen.«
    »Töten wir ihn, damit wir seine Schnüffelei los sind«, sagte Andróg zornig und warf, da er selbst ein Bogenschütze war, begehrliche Blicke auf Belegs großen Bogen. Aber einige weniger Verdorbene wandten sich dagegen, und Algund sagte zu ihm: »Der Hauptmann könnte doch noch zurückkehren, und dann wirst du es bereuen, wenn er hört, dass er durch dich einen Freund verloren hat, der ihm zudem gute Nachrichten bringen wollte.«
    »Ich glaube die Geschichte dieses Elben nicht«, sagte Andróg. »Er ist ein Spion des Königs von Doriath. Aber wenn er wirklich irgendwelche Nachrichten hat, soll er sie uns mitteilen, und wir werden darüber entscheiden, ob sie wichtig genug sind, ihn am Leben zu lassen.«
    »Ich werde auf euren Hauptmann warten«, sagte Beleg.
    »Du wirst so lange hier stehen bleiben, bis du sprichst«, entgegnete Andróg.
    Auf Andrógs Betreiben ließen sie Beleg an den Baum gebunden und ohne Nahrung und Wasser stehen, während sie selbst in der Nähe saßen und aßen und tranken; er aber sagte nichts mehr zu ihnen. Als auf diese Weise zwei Tage und zwei Nächte vergangen waren, wurden sie ärgerlich, bekamen Angst und wären am liebsten aufgebrochen, und die meisten waren jetzt bereit, den Elben zu töten.
    Als die Nacht hereinbrach, hatten sich alle um ihn versammelt, und Ulrad hielt eine Fackel, die er an dem kleinen Feuer angezündet hatte, das am Höhleneingang brannte. Genau in diesem Augenblick kehrte Túrin zurück. Nach seiner Gewohnheit war er geräuschlos gekommen; im Schatten außerhalb des Kreises der Männer stehend, erblickte er im Schein der Fackel Belegs abgezehrtes Gesicht.
    Er stand wie vom Donner gerührt, und wie wenn Eis plötzlich schmilzt, schossen ihm Tränen in die Augen, die er lange nicht mehr vergossen hatte. Er sprang hervor und eilte auf den Baum zu. »Beleg! Beleg!«, rief er. »Wie bist du hierhergekommen? Und warum bist du gefesselt?« Im Nudurchschnitt er die Fesseln seines Freundes, und Beleg fiel nach vorn in seine Arme.
    Als Túrin hörte, was die Männer erzählten, überkamen ihn Zorn und Schmerz, doch zuerst kümmerte er sich um Beleg. Während er ihn mit all seiner Geschicklichkeit pflegte, dachte er über sein Leben in den Wäldern nach, und er wurde zornig über sich selbst. Oft waren nämlich Fremde getötet worden, wenn man sie nahe dem Lager der Geächteten aufgegriffen hatte, oder man hatte ihnen aufgelauert und sie überfallen, ohne dass er es verhindert hätte. Und oft hatte er selbst böse Worte über König Thingol und die Grau-Elben verloren, sodass er einen Teil der Schuld daran trug, wenn man sie als Feinde betrachtete. Von Bitterkeit übermannt, wandte er sich an die Männer: »Ihr wart grausam«, sagte er, »grundlos grausam. Niemals haben wir bislang einen Gefangenen gefoltert, doch das Leben, das wir führen, hat uns dazu gebracht, dass wir uns wie Orks verhalten. Gesetzlos und fruchtlos sind alle unsere Taten gewesen; sie haben uns nur selbst genützt und den Hass in unseren Herzen genährt.«
    Aber Andróg sagte: »An wen sonst sollen wir denken außer an uns selbst? Wen sollen wir lieben, wenn uns alle hassen?«
    »Zumindest werde ich meine Hand nicht mehr gegen Elben und Menschen erheben«, sagte Túrin. »Angband hat Helfershelfer genug. Wenn andere dieses Versprechen nicht ebenfalls geben wollen, werde ich allein weiterziehen.«
    Darauf öffnete Beleg die Augen und hob den Kopf. »Nicht allein!«, sagte er. »Jetzt kann ich endlich meine Nachricht überbringen. Du bist kein Geächteter, und der Name Neithan passt nicht auf dich. Soweit du für schuldig befunden wurdest, hat man dir vergeben. Ein Jahr lang haben wir nach dir gesucht, um dir deine Ehre wiederzugeben und dich in den Dienst des Königs heimzuholen. Der Drachenhelm wird schon zu lange vermisst.«
    Aber Túrin zeigte keine Freude über diese Kunde und saß lange schweigend da; denn bei Belegs Worten fiel erneut ein Schatten über ihn. »Lass diese Nacht vorübergehen«, sagte er endlich. »Dann werde ich meine Entscheidung treffen. Wie auch immer sie ausfällt, morgen müssen wir dieses Lager räumen; denn nicht jeder, der nach uns sucht, ist uns wohlgesinnt.«
    »Nein, keiner«, fügte Andróg hinzu und

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