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Die Geschichte der Liebe (German Edition)

Die Geschichte der Liebe (German Edition)

Titel: Die Geschichte der Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Krauss
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einer großen Topfpflanze. Meine Handflächen waren feucht, mir wurde schwindlig. Vielleicht war es ein Fehler gewesen zu kommen.
    Ich wollte fragen, wo er begraben lag; das hatte nicht in der Zeitung gestanden. Plötzlich überkam mich großes Bedauern darüber, dass ich meine eigene Grabstelle so voreilig gekauft hatte. Hätte ich Bescheid gewusst, könnte ich ihm Gesellschaft leisten. Morgen. Oder am Tag darauf. Ich hatte gefürchtet, den Hunden zum Fraß zu fallen. Ich war bei Mrs.   Freids steingefasstem Grab auf dem Pinelawn-Friedhof gewesen, und es schien ein schöner Platz zu sein. Ein Mr.   Simchik führte mich herum und gab mir eine Broschüre. Ich hatte mir etwas vorgestellt unter einem Baum, einer Trauerweide etwa, und vielleicht eine kleine Bank. Aber: Als er mir die Preise sagte, sank mir der Mut. Er zeigte mir, was für mich in Frage kam, ein paar Stellen, die entweder zu dicht an der Straße lagen oder da, wo das Gras dünn wurde. Gar nichts mit einem Baum?, fragte ich. Simchik schüttelte den Kopf. Ein Busch? Er leckte sich den Finger und ging raschelnd die Papiere durch. Er druckste herum, aber schließlich knickte er ein. Da könnten wir etwas haben , sagte er, das wäre zwar mehr, als Sie ausgeben wollten, aber Sie können in Raten bezahlen . Es war am äußersten Ende, am Rand des jüdischen Teils. Nicht genau unter einem Baum, aber in der Nähe, nahe genug, dass im Herbst ein paar Blätter auf mich herunterfallen konnten. Ich überlegte. Simchik sagte, ich solle mir Zeit lassen, und ging ins Büro zurück. Ich stand im Sonnenlicht. Dann legte ich mich ins Gras und wälzte mich auf den Rücken. Der Boden war hart und kalt unter meinem Regenmantel. Oben sah ich die Wolken ziehen. Möglich, dass ich eingeschlafen bin. Als Nächstes merkte ich, dass Simchik über mir stand. Nu, nimmscht’s?
    Aus den Augenwinkeln sah ich Bernard, den Halbbruder meines Sohnes. Ein Riesentrampel, ganz der Vater, Gott hab ihn selig. Ja, sogar ihn. Sein Name war Mordecai. Sie nannte ihn Morty. Morty! Seit drei Jahren ist er unter der Erde. Ich betrachte es als kleinen Sieg, dass er zuerst ins Gras gebissen hat. Und doch. Wenn ich daran denke, zünde ich eine Jahrzeitkerze für ihn an. Wenn nicht ich, wer dann?
    Die Mutter meines Sohnes, das Mädchen, in das ich mich verliebte, als ich zehn war, ist vor fünf Jahren gestorben. Ich rechne damit, bald bei ihr zu sein, wenigstens insoweit. Morgen. Oder am Tag darauf. Davon bin ich überzeugt. Ich dachte, es würde seltsam sein, in einer Welt ohne sie zu leben. Und doch. Ich hatte mich längst daran gewöhnt, mich mit der Erinnerung an sie zu begnügen. Erst ganz am Ende habe ich sie wiedergesehen. Jeden Tag stahl ich mich in ihr Zimmer im Krankenhaus und saß bei ihr. Da war eine Schwester, ein junges Mädchen, und ich erzählte ihr – nicht die Wahrheit. Aber: eine Geschichte, die der Wahrheit nahe kam. Diese Schwester ließ mich nach den Besuchszeiten kommen, wenn keine Aussicht mehr bestand, dass ich irgendjemandem in die Arme lief. Sie hing an einer Herz-Lungen-Maschine, mit Schläuchen in der Nase und einem Fuß in der anderen Welt. Immer wenn ich wegsah, war ich halbwegs darauf gefasst, dass sie beim nächsten Hinsehen von mir gegangen sein würde. Sie war winzig und hutzlig und taub wie ein Türknauf. Es gab so viel, was ich hätte sagen sollen. Und doch. Ich erzählte ihr Witze. Ich war fast so komisch wie Jackie Mason. Manchmal glaubte ich, den Anflug eines Lächelns zu sehen. Ich versuchte, die Dinge leicht zu machen. Ich sagte: Würdest du glauben, dass dieses Ding hier, wo sich dein Arm beugt, das ist, was man einen Ellbogen nennt. Ich sagte: Zwei Rabbis trennten sich in einem gelben Wald. Ich sagte: Moshe geht zum Arzt. Doktor, sagt er, und so weiter und so fort. Viele Dinge sagte ich nicht. Beispiel: Ich habe so lange gewartet. Anderes Beispiel: Und, warst du glücklich? Mit diesem Nebbich diesem Depp diesem holzkopferten Schlemihl, den du einen Ehemann nennst? In Wahrheit hatte ich das Warten schon lange aufgegeben. Der Moment war vorbei, die Tür zwischen dem Leben, das wir hätten führen können, und dem Leben, das wir führten, war uns vor der Nase zugeschlagen. Besser gesagt, mir . Die Grammatik meines Lebens: Als Faustregel gilt, wo immer ein Plural auftaucht, setz ihn in den Singular. Sollte mir je ein königliches Wir entschlüpfen, erlöse mich mit einem kurzen Schlag auf den Kopf von meinen Qualen.
    Fühlen Sie sich nicht wohl? Sie sehen etwas

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