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Die Geschichte eines schoenen Mädchens

Die Geschichte eines schoenen Mädchens

Titel: Die Geschichte eines schoenen Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Simon
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Menschen in meiner Nähe sind. Aber das hier wollte ich nicht ganz aufgeben, also verbrachte ich die Sommermonate woanders und mietete Feriendomizile an der Küste. Einmal besuchte ich einen Freund am Cape, damals beschloss ich, dort ein Haus zu kaufen.«
    Martha hörte, dass Julia im Schlaf einen Ton von sich gab.
    »Müssen Sie nicht nach ihr sehen?«, fragte Landon besorgt.
    Martha schüttelte den Kopf. »So kräht sie, wenn sie etwas Schönes träumt. Anfangs wusste ich nicht, wie ich unterscheiden sollte, ob sie einen schönen oder einen bösen Traum hat, aber das ist gar nicht schwer.«
    »Sie lieben sie wirklich, oder?«
    Martha nickte. Tränen traten ihr in die Augen.
    Landon sagte: »Ich habe eine Idee. Mein Haus am Cape steht in den Wintermonaten leer. Aber es ist das ganze Jahr bewohnbar und hat eine Heizung. Und in der Stadt ist auch genügend los. Sie könnten dort wohnen, wenn Sie wollen.«
    »Das ist … das ist ein sehr großzügiges Angebot.«
    »Wie ich schon im Mai sagte, es ist wunderbar, etwas für einen Menschen tun zu können, der in meinem Leben eine so große Bedeutung hat. Außerdem geschieht etwas mit Ihnen, Mrs. Zimmer.«
    »Wie bitte?«
    »Sie sehen – oh, ich hasse es, das auszusprechen, aber ich tu’s trotzdem. Sie sehen weniger einsam aus.«
    Martha spähte verstohlen in seine Richtung.
    »In der Schule waren Sie immer fröhlich, genau wie in den Weihnachtstagen. Aber es gab hin und wieder Momente, in denen Sie furchtbar traurig wirkten. So gedankenverloren.«
    Hatte man ihr das angesehen? Wie konnte sie Ju-Ju verstecken, wenn ihr nicht einmal gelang, ihre Gefühle zu verbergen?
    »Deshalb habe ich den Leuchtturmmann für Sie gemacht«, fuhr er fort. »Ich wollte, dass Sie Gesellschaft haben.«
    »Tatsächlich? Das wusste ich nicht.«
    »Aber jetzt machen Sie einen ganz anderen Eindruck. Und Sie tragen Hosen und Blusen, nicht mehr nur diese Kleider. Und Ihre Frisur ist anders – weniger ordentlich.«
    Martha errötete. »Mit Julia komme ich manchmal nicht dazu, mich richtig zu kämmen oder sorgfältig zu bügeln.«
    »Tatsache ist, Sie sind nicht mehr so traurig. Ich denke, dies alles – was immer es auch sein mag – tut Ihnen gut.«
    Sie musterte ihn. »Das sagst du, obwohl du nicht weißt, was es ist, Landon?«
    Er trank sein Glas aus. »Ja. Und ich muss es auch nicht wissen.«
    An einem goldenen Oktobertag bogen Martha und Julia in eine Zufahrt in Harwich Port am Cape Cod ein.
    Der Abschied von Ivamae und Betty war schwer, insbesondere da er von weiteren Lügen begleitet war: Sie erzählte ihnen, dass ihre Nichte wegzog und sie gebeten habe, künftig bei ihr und ihrer Familie zu wohnen. Martha versprach, mit den beiden Freundinnen in Kontakt zu bleiben, und fragte, ob sie Fotos von ihnen haben könnte. Dann brach sie voller Wehmut wegen des Verlusts auf. Wie lange konnten sie ein solches Leben führen? War es jemals möglich, nicht nur Bekannte zu haben, sondern echte Freunde, die mit ihrer Biografie vertraut waren?
    Landons Haus stand hoch über der Küste. Es war ein zweistöckiger, mit grauen Schindeln verkleideter Bau wie die Nachbarhäuser mit Aussicht auf den Nantucket Sound und einem kleinen Garten mit Rasenfläche, Hortensien, Zedern, Blumenkästen und Hagebuttensträuchern am Zaun. Der Eingang befand sich an der Seite. Martha öffnete die Wagentür und nahm Julia, beinahe berauscht von der salzigen Luft, vom Rücksitz.
    Sie hob Ju-Ju hoch und sagte: »Sieh her, das ist unser neues Zuhause.«
    Sie schaute sich um. In keinem der anderen Häuser brannte Licht.
    »Nun, hier leben wir in der Tat abgeschieden. Wir müssen nur dafür sorgen, dass wir nicht zu einsam sind.«
    An einem der Häuser weiter unten an der Straße lehnte eine Leiter, von der ein Mann stieg. Ein Golden Retriever saß treu neben der Leiter.
    »Ju-Ju, was meinst du? Was sollen wir machen?«
    Julia sah zu ihr auf, streckte die Hände aus und patschte auf ihre Wangen. Das war eine der Gewohnheiten, über die Martha immer lachen musste, und das wiederum brachte Julia zum Lachen.
    Es ist immer schöner, wenn man selbst die Entscheidungen trifft , hatte Ivamae gesagt.
    »Ivamae hat recht«, sagte Martha. »Und wir können neue Freundschaften schließen.« Sie schlug die Wagentür zu und rieb ihre Nase an Julias Gesicht. Dann gingen sie los, um den Mann mit dem Hund kennenzulernen.
Gespenst
1970
    Sam klopfte mit seinem Stock aufs Armaturenbrett und deutete nach vorn auf zwei Tramperinnen am Straßenrand,

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