Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)
Gefühle, kein Flirten, kein Schnickschnack. Ein treuer Kamerad und Fußsoldat ist sie, die zuverlässige und ach so kompetente Toby. Und das war’s dann auch.
Und sie wird ihm ihren Schnitzer beichten müssen. Ich war ein Vollidiot. Es war Sankt Juliana und ich konnte sie nicht töten. Sie sind mir entwischt. Sie haben ein Spraygewehr mitgenommen. Sie wird nicht jammern, sie wird nicht weinen, sie wird keine Ausreden erfinden. Er wird nicht viel sagen, aber er wird von ihr enttäuscht sein.
Geh nicht so hart mit dir ins Gericht, sagte Adam Eins damals immer mit seiner geduldigen Art und den blauen Augen. Wir alle machen Fehler. Stimmt, entgegnet sie ihm jetzt, aber manche Fehler sind verheerender als andere. Wenn Zeb von einem dieser Dreckschweine getötet wird, bin ich schuld. Wie kann man nur so blöd sein. Am liebsten würde ihre Stirn gegen die Wand des Lehmhauses knallen.
Sie kann nur hoffen, dass die Painballer so eingeschüchtert waren, dass sie sehr weit weggelaufen sind. Aber werden sie auch wegbleiben? Sie werden Lebensmittel brauchen. Vielleicht schaffen sie es, irgendwo aus den verlassenen Häusern und Geschäften ein paar geschmolzene Schokoriegel und etwas Ersatznahrung aufzuklauben, das, was noch nicht verschimmelt, von den Ratten gefressen oder schon vor Monaten geplündert wurde. Vielleicht schießen sie sogar ein paar Tiere – Wakunks, grüne Kaninchen, ein Löwamm –, aber sobald sie ihre Munition verschossen haben, werden sie neue brauchen.
Und dass die MaddAddamiten welche haben, wissen sie. Früher oder später werden sie versucht sein, das schwächste Glied der Kette anzugreifen. Sie werden sich ein Crakerkind schnappen und einen Tausch anbieten, genau wie mit Amanda damals. Nur werden es diesmal Spraygewehre und Batterien gegen Babys sein, plus das ein oder andere Mädchen, vielleicht Ren oder Lotis Blue – Amanda nicht, die haben sie aufgebraucht. Oder ein läufiges Crakerweibchen, warum nicht? Das wär doch mal was Neues, eine Frau mit leuchtend blauem Unterleib. Geistreiche Gespräche hat sie nicht zu bieten, aber das wird die beiden nicht stören. Sie werden auch Tobys Flinte verlangen.
Die Craker würden denken, es ginge ums Teilen. Sie wollen den Stock? Er würde sie glücklich machen? Warum gibst du ihnen den Stock nicht, o Toby? Wie soll man ihnen klarmachen, dass man zwei Mördern keine Mordwaffe in die Hand gibt?
Die Craker würden den Begriff Mord nicht verstehen, weil sie so gutgläubig sind. Auch Vergewaltigung liegt jenseits ihrer Vorstellungskraft – Was ist Vergewaltigung? Oder durchgeschnittene Kehlen – warum nur, o Toby? Oder dass jemand sie aufschlitzen und ihre Nieren essen könnte – Aber das würde Oryx nicht zulassen!
Hätten die Craker sie nicht losgebunden. Was hätte sie mit ihnen vorgehabt? Wäre sie mit den Painballern zum Lehmhaus zurückmarschiert, hätte sie sie eingesperrt, bis Zeb wieder da gewesen wäre und das Nötige selbst erledigt hätte?
Er hätte irgendeine Scheindiskussion angeregt. Dann hätte er vielleicht abstimmen lassen. Beide wären gehängt worden. Oder er hätte sie gleich mit dem Spaten erschlagen, nach dem Motto: Wozu einen Strick dreckig machen? Das Endresultat wäre dasselbe gewesen, als wenn sie die beiden auf der Stelle getötet hätte, dort am Lagerfeuer. Schluss jetzt mit der Grübelei. Der Tag hat begonnen. Sie muss aufhören mit diesen Tagträumen, in denen Zeb in die Hand nimmt, was sie hätte selbst in die Hand nehmen müssen. Sie muss aufstehen, hinausgehen, sich zu den anderen gesellen. Das Irreparable reparieren, das Unflickbare flicken, erschießen, was erschossen werden muss. Die Stellung halten.
Frühstück
Sie schwingt sich aus dem Bett, setzt die Füße auf den Boden, steht auf. Sie hat Muskelkater, ihre Haut fühlt sich an wie Schmirgelpapier, aber wenn man erstmal auf den Beinen ist, geht’s.
Sie sucht sich ein Laken aus dem Regal – lavendelfarben mit blauen Pünktchen. In jeder Nische liegt ein Stapel Bettzeug wie früher in den Hotels. Ihr rosa AnuYu-Umhang ist völlig zerfetzt und könnte mit dem infiziert sein, was Jimmy vielleicht hat: Sie wird ihn verbrennen müssen. Sobald sie die Zeit findet, wird sie ein paar zusammennähen und mit Ärmeln und Kapuze versehen, aber bis dahin hüllt sie sich in das lavendelfarbene Laken wie in eine Toga.
An Bettlaken herrscht kein Mangel. Die MaddAddamiten haben aus den verlassenen Gebäuden der Stadt vorerst genug gesammelt, und sie haben für schwere
Weitere Kostenlose Bücher