Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Titel: Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
Vom Netzwerk:
Gläser, einige bereits benutzt, Tassen und Besteck. Die Szenerie erinnert an ein surrealistisches Gemälde aus dem zwanzigsten Jahrhundert: Alle Gegenstände sind ultrastabil, massiv, mit harten Konturen, und keins davon passt ins Bild.
    Warum eigentlich nicht?, denkt Toby. Warum passen sie nicht ins Bild? In der materiellen Welt ist nichts gestorben, als die Menschen starben. Früher gab es zu viele Menschen und zu wenig Zeug, jetzt ist es umgekehrt. Die festen Gegenstände haben sich von ihren Fesseln befreit – vom Meins, Deins, Seins, Ihres – und führen jetzt ein Eigenleben. Es ist wie nach den Krawallen damals in den Dokusendungen des frühen einundzwanzigsten Jahrhunderts, wo junge Leute sich zusammentelefonierten und Fensterscheiben einschlugen und Geschäfte plünderten, und man nahm mit, was man tragen konnte.
    Und so ist es jetzt, denkt sie. Irgendwer hat diese Stühle in Besitz genommen, diese Tassen und Gläser. Irgendwer hat sie hierhergeschleppt. Wir leben im Luxus, jetzt, wo die Geschichte vorbei ist. Jedenfalls was die Güter anbelangt.
    Die Teller sehen antik aus, zumindest teuer. Aber jetzt könnte sie das gesamte Service zerschlagen und es würde kein Hahn danach krähen, außer in ihrem eigenen Kopf.
    Rebecca taucht mit einer Servierplatte aus der Küche auf. »Süße!«, sagt sie. »Du bist wieder da! Und wie ich höre, habt ihr Amanda gefunden! Fünf Sterne!«
    »Sie ist nicht gerade in Bestform«, sagt Toby. »Diese Painballer hätten sie fast umgebracht, und dann, gestern Abend … ich denke, sie steht noch unter Schock. Brache.« Rebecca gehörte zur ersten Garde der Gärtner, also kann sie mit Brache etwas anfangen.
    »Sie ist hart im Nehmen«, sagt Rebecca. »Das wird schon wieder.«
    »Mag sein«, sagte Toby. »Wir wollen nur hoffen, dass sie sich nicht angesteckt hat und keine inneren Verletzungen hat. Du hast wahrscheinlich mitbekommen, dass uns die beiden Painballer entwischt sind. Spraygewehr inklusive. Ich hab’s total vergeigt.«
    »Kommt vor«, sagt Rebecca. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass du nicht tot bist. Ich war mir sicher, dass euch die beiden Dreckskerle umbringen, dich und Ren. Ich war krank vor Sorge. Aber jetzt bist du ja wieder da, wobei ich sagen muss, du siehst ziemlich beschissen aus.«
    »Danke«, sagt Toby. »Hübsches Porzellan.«
    »Greif zu, Süße. Dreierlei vom Schwein: Speck, Schinken und Koteletts.« Sie haben nicht lange gebraucht, um das Vegelübde der Gärtner untern Tisch fallen zu lassen, denkt Toby. Nicht mal Rebecca als schwarze Jüdin hat Probleme mit dem Schweinefleisch. »Klettenwurzel. Löwenzahnsalat. Eine Extraportion Hunderippchen. Wenn ich so weitermache mit den tierischen Fetten, werde ich bald noch dicker sein, als ich so schon bin.«
    »Du bist nicht dick«, sagt Toby. Wobei Rebecca schon immer kompakt war, selbst damals, als sie zusammen bei GeheimBurger schufteten, noch vor ihrer Gärtnerzeit.
    »Ich liebe dich auch«, sagt Rebecca. »Gut, ich bin nicht dick. Die Gläser da sind echt kristall, schön, oder? Das war mal richtig teuer, dieses Zeug. Weißt du noch, damals bei den Gärtnern? Eitelkeit ist tödlich, hat Adam Eins immer gesagt, also Töpferware und sonst nichts. Aber ich seh’s schon kommen, eines Tages machen wir uns nicht mal mehr die Mühe mit Geschirr und Besteck, wir essen dann einfach mit den Fingern.«
    »Selbst in einem ultimativ reinen und hingebungsvollen Leben ist Platz für schlichte Eleganz«, sagt Toby. »Auch das sagte Adam Eins.«
    »Genau, aber manchmal ist dieser Platz eben die Mülltonne«, sagt Rebecca. »Ich hab einen ganzen Stapel Stoffservietten, und ich kann sie nicht bügeln, weil ich kein Bügeleisen habe, das macht mich echt fertig!« Sie setzt sich und legt sich ein Stück Fleisch auf den Teller.
    »Ich bin auch froh, dass du nicht tot bist«, sagt Toby. »Gibt’s Kaffee?«
    »Klar, wenn du mit den angebrannten Zweigen und Wurzeln und dem anderen Mist leben kannst. Ist zwar koffeinfrei, aber ich zähle auf den Placeboeffekt. Wie ich sehe, habt ihr gestern Abend eine ganze Mannschaft mit hergebracht. Diese – wie nennt man die eigentlich?«
    »Es sind Menschen«, sagt Toby. Glaube ich zumindest, fügt sie insgeheim hinzu. »Es sind Craker. Die MaddAddamiten nennen sie so, und die müssen’s ja wissen.«
    »Die sind definitiv nicht wie wir«, sagt Rebecca. »Nicht mal annähernd. Dieser miese kleine Crake. Hat den Laden kräftig aufgemischt.«
    »Sie wollen in Jimmys

Weitere Kostenlose Bücher