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Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Titel: Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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bis auf seinen an der Kopfwunde verbundenen Bruder, der ihm genauso gut plötzlich in den Rücken fallen und auf gläubig machen könnte, immerhin hatte er das Zeug dazu. Dann würde Zeb, willkommen im Großen Nichts, durch die Kälte und Finsternis schweben wie ein losgelöster Astronaut in einem dieser trashigen alten Weltraumfilme. Er knallte den Ball ins Netz.
    »Ich war fast vier«, sagte Adam mit seiner Wenn-ich-das-so-sage-dann-ist-das-auch-so-Stimme, die auf unheimliche Weise an diejenige von Hochwürden erinnerte. »Ich habe genaue Erinnerungen an die Zeit.«
    »Das hast du mir nie erzählt«, sagte Zeb. Er war gekränkt: Adam hatte ihn für zu wenig vertrauenswürdig erachtet. Das tat weh. Sie waren doch ein Team.
    »Du hättest es nur ausgeplaudert«, sagte Adam. »Wer weiß, was sie dann getan hätten.« Er warf den Ball hoch und spielte ihn sachte übers Netz. »Du hättest auch unterm Steingarten landen können. Von mir mal ganz zu schweigen.«
    »Warte«, sagte Zeb. »Du meinst, die verfickte Trudy hatte auch was damit zu tun?«
    »Sagte ich doch schon«, sagte Adam. »Es gibt keinen Grund zu fluchen.«
    »Verdammt, ist mir irgendwie rausgerutscht«, sagte Zeb. Keine Chance, dass er sich von Adam den Mund verbieten lassen würde. »Die treue Trudy?«
    »Da muss wohl etwas für sie rausgesprungen sein«, sagte Adam in seinem typischen Tonfall, der suggerierte, dass er die Provokation geflissentlich überhören wollte. »Und sei es Erpressermaterial. Oder sie wollte Fenella aus dem Weg räumen, um freie Bahn zu haben. Ich vermute, sie war schon mit dir schwanger. Die Church of PetrOleum duldet keine Scheidungen, mit dem ganzen heiligen Öl bei der Ehezeremonie. Wie wir wissen.«
    Jetzt war Zeb also auch noch schuld an Fenellas Tod. Weil er so schlechten Geschmack bewiesen und sich hatte zeugen lassen. Scheiße. »Wie haben sie’s gemacht?«, fragte er. »Die beiden? Haben sie ihr Arsen in den Tee getan oder …« Doch wohl keine Enthauptung, dachte er beschämt. So weit wären sie nicht gegangen.
    »Weiß ich nicht. Ich war erst vier. Ich hab nur gesehen, wie sie sie vergraben haben.«
    »Also waren diese ganzen Pillenschmeißer- und Nuttengeschichten und dass sie ihr Baby im Stich gelassen hätte und so weiter, das alles war also nur …«
    »Das ist es, was die Gemeinde glauben wollte«, sagte Adam. »Und sie hat es geglaubt. Rabenmütter sind immer eine gute Story für die Leute.«
    »Vielleicht sollten wir das CorpSeCorps informieren«, sagte Zeb. »Die sollen ein paar Schaufeln mitbringen.«
    »Würde ich nicht riskieren«, sagte Adam. »Darunter sind einige Petrobaptisten, und im Kirchenrat sitzen jede Menge Ölkonzern-Bosse. Da überlappt sich einiges, weil alle voneinander profitieren. Die haben sich darauf geeinigt, alle abweichenden Meinungen zu unterdrücken. Das heißt, die Ölkonzerne würden Hochwürden decken, wenn’s um einen simplen Mord an der Ehefrau geht, der ja nicht an sich an den Grundfesten rüttelt; die wissen genau, wie schnell man durch einen Skandal an Glaubwürdigkeit einbüßt. Uns beide würden sie als psychisch labil hinstellen. Die würden uns wegsperren, die schweren Medikamente auffahren. Oder, wie gesagt – im Steingarten noch ein paar Gruben ausheben.«
    »Aber wir sind seine Kinder!«, sagte Zeb und klang selbst in seinen Ohren wie ein zweijähriger Junge.
    »Glaubst du, das würde ihn aufhalten?«, fragte Adam. »Blut ist dünner als Geld. Er würde dann praktischerweise die Stimme Gottes vernehmen, die ihm sagt, er soll zugunsten des Allgemeinwohls einen Sohn opfern. Denk an Isaak. Er würde uns beiden die Kehle durchschneiden und anzünden, denn dieses Mal würde Gott kein Schaf senden.«
    Zeb hatte Adam noch nie so negativ erlebt. Obwohl sie sich kaum bewegt hatten, rang er nach Atem. »Warum erzählst du mir das alles erst jetzt?«
    »Wenn es stimmt, was du über deine Finanzaktivitäten erzählst, haben wir das Geld zusammen – darum«, sagte Adam. »Außerdem könnte dir die Kirche auf die Spur kommen. Wir sollten gehen, solange wir noch können. Bevor sie dich zum Sterben in die Teergruben schicken«, fügte er hinzu. »Es würde natürlich wie ein Unfall aussehen.«
    Zeb war gerührt. Adam hatte ein Auge auf ihn. Er dachte immer viel weiter als Zeb.
    Sie warteten bis zum nächsten Tag, als Hochwürden in einer Ratssitzung und Trudy beim Frauen-Bibelkreis war. Dann nahmen sie ein Solartaxi zum Torpedo-Bahnhof, wobei sie eigens für die gespitzten

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