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Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Titel: Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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neutralen Tonfall zu ihm. War das Bewunderung oder nur eine Beobachtung?
    »Schillizzi?«, fragte Zeb. »Verdammte Scheiße, der alte Gammelfleischfresser hat schon wieder Kohle unterschlagen, aber diesmal richtig fett! Guck dir das an!«
    »Ich wünschte, du würdest nicht immer so fluchen«, sagte Adam mit seiner sanftesten Stimme.
    »Schnauze«, sagte Zeb munter. »Und er hat’s auf nem Konto auf den Caymaninseln gebunkert!«
    »Schillizzi war im zwanzigsten Jahrhundert ein bekannter White-Hat-Tresorknacker«, sagte Adam, der sich im Gegensatz zu Zeb für Geschichte interessierte. »Er hat nie Sprengstoff verwendet, nur seine Hände. Er war legendär.«
    »Ich wette, der alte Sack will sich absetzen«, sagte Zeb. »Heute noch hier und wupp, schon sitzt er am nächsten Morgen an irgendeinem Luxusstrand, nuckelt Martinicocktails, kauft sich n paar Kindernutten und lässt seine Schäfchen total verarscht in der Kälte stehen.«
    »Aber bestimmt nicht auf den Cayman-Islands«, sagt Adam. »Die liegen größtenteils unter Wasser. Die Banken sind allerdings auf die Kanaren umgezogen; da gibt’s ein paar mehr Berge. Nur haben sie die Cayman-Namen behalten. Traditionshalber, vermute ich.«
    »Ich frag mich, ob er die krude Trude mitnimmt«, sagte Zeb. Dass Adam über Banken Bescheid wusste, überraschte ihn, aber so gesehen überraschte ihn vieles an Adam. Man konnte nie genau wissen, was Adam alles wusste.
    »Nie im Leben nimmt er die mit«, sagte Adam. »Die wird ihm allmählich zu anspruchsvoll. Die ahnt nämlich schon, dass er was im Schilde führt.«
    »Und woher weißt du das?«
    »Fundierte Vermutung«, sagte Adam. »Körpersprache. Beim Frühstück wirft sie ihm ständig misstrauische Blicke zu, wenn er gerade nicht guckt. Sie nervt ihn wegen Urlaub, und wann sie endlich mal wieder wegfahren. Außerdem fühlt sie sich in ihren Inneneinrichtungsambitionen beschnitten: siehe ihre Sammlung von Tapeten- und Farbproben. Sie hat keine Lust mehr, nur der Gemeinde wegen die engelhafte Ehefrau zu spielen. Sie hat das Gefühl, dass sie geholfen hat, den häuslichen Überschuss zu mehren, und verlangt dafür größeren Aktionsradius.«
    »Genau wie Fenella«, sagte Zeb. »Sie wollte auch größeren Aktionsradius. Sie ist zumindest rechtzeitig abgehauen.«
    »Fenella ist nicht abgehauen«, sagte Adam sachlich. »Sie liegt unterm Steingarten.«
    Zeb wandte sich in Hochwürdens ergonomischem Chefsessel um. »Sie liegt wo?«
    »Sie kommen«, sagte Adam. »Beide auf einmal, im Konvoi. Fahr das Ding runter.«

Stumm und Dieb
    »Sag das nochmal«, sagte Zeb, als sie auf dem Tennisplatz und außer Hörweite waren. Keiner von beiden spielte sonderlich gut, aber sie taten, als würden sie trainieren. Sie standen Seite an Seite, schlugen Bälle über oder öfter noch gegen das Netz. Ihre Zimmer waren verwanzt – das hatte Zeb vor Jahren entdeckt, und er speiste mit Vorliebe falsche Informationen in seine Schreibtischlampe, um sie sich später über Hochwürdens Rechner zurückzuspielen –, aber am besten war es, sich dumm zu stellen, indem man die Wanzen gar nicht anrührte.
    »Unterm Steingarten«, sagte Adam. »Da liegt Fenella.«
    »Bist du sicher?«
    »Ich hab beobachtet, wie sie sie vergraben haben«, sagte Adam. »Vom Fenster aus. Sie haben mich nicht gesehen.«
    »Das war jetzt aber kein … du hast das nicht geträumt, oder?«, fragte Zeb. »Alter, du musst doch damals noch n verdammter Embryo gewesen sein!« Adam sah ihn ausdrucklos an: Nicht nur störte er sich an Derbheiten, er schien sich einfach nie an sie gewöhnen zu können. »Noch total jung, meine ich«, korrigierte Zeb. »Kleine Kinder erfinden doch ständig was.« Die Sache schockierte ihn: Er konnte kaum noch geradeaus denken.
    Wenn Adams Geschichte stimmte – und warum hätte er sich so etwas ausdenken sollen? –, änderte sie Zebs gesamte Selbstwahrnehmung. Fenella hatte die Geschichte seiner Vergangenheit geformt, und auch die seiner Zukunft, aber auf einmal war Fenella ein Skelett. Sie war die ganze Zeit über tot gewesen. Also keine heimliche Helferin, die da draußen auf ihn wartete: Es hatte sie nie gegeben. Da war kein mitfühlendes Familienmitglied, mit dem er eines Tages Kontakt aufnehmen würde, wenn er den Ausgang gefunden und die unsichtbaren Schlösser geöffnet und sich durch den Drahtzaun von Hochwürdens vergittertem Päderastenstall geschnitten hatte. Es war ein Solo im Cockpit eines Fliegers mit kaputter Tragfläche, er war ganz allein

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