Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)
auch nur ein Schnurrhaar zu versengen. Mit wenigen schnellen Bewegungen konnte er in die Church of PetrOleum-Buchhaltung einsteigen – in beide Bücher, die offiziellen und die tatsächlichen –, was er auch regelmäßig tat. Das ging ein paar Jahre so weiter, die 0,9 Prozent läpperten sich, und Zeb wurde immer größer und behaarter und stemmte Eisen in der Turnhalle von CapRock, wo er stets darauf bedacht war, notentechnisch im guten Mittelfeld zu liegen, vor allem in Informatik, um mit seinem extraterrestrischen Hackertalent unbemerkt zu bleiben.
Noch ein halbes Jahr, und er wäre mit der Schule fertig, und dann? Er hatte da ein paar Ideen, aber seine Erziehungsberechtigten ebenfalls. Hochwürden hatte bekannt gegeben, dass er Zeb über Beziehungen einen der heiß begehrten Jobs in der nördlichen Ölwüste besorgen könne, nämlich als Fahrer einer der riesigen Trennmaschinen für bituminösen, ölhaltigen Kies. Der Job werde Zeb zum Mann machen, sagt er, wobei er die mögliche Definition von Mann in der Schwebe ließ. (Kinderschänder? Religiöser Bauernfänger? Internet-Frauenenthaupter?) Außerdem sei das Geld nicht schlecht. Und wenn er das eine Zeitlang gemacht hätte, könne sich Zeb über seinen weiteren Berufsweg Gedanken machen.
Dieses hatte drei Subtexte: 1) Hochwürden wollte, dass Zeb sehr weit weg ging, denn allmählich stellte Zeb für ihn eine Bedrohung dar, und zwar zu Recht. 2) Mit etwas Glück würde sich Zeb dort Lungenkrebs holen oder ein drittes Auge oder Gürteltier-Schuppen; die Luft dort oben war so toxisch, dass man schon nach einer Woche zu mutieren begann.
Und 3) Zeb war kein Überflieger. Anders als Adam, der – in der Hoffnung, er werde eines Tages die Pseudokirche seines alten Vaters übernehmen – an die Spindletop University geschickt worden war und in den Fächern PetroTheologie, Sermonologie und PetroBiologie seinen Abschluss gemacht hatte; in letzterem Fach musste man, soweit Zeb erkennen konnte, Biologie lernen, um sie anschließend zu negieren. Das erforderte eine gewisse intellektuelle Gewandtheit, eine Gewandtheit – so wurde impliziert –, die Zeb nicht vorzuweisen hatte. Galeerensklave wäre eher sein Niveau.
»Ich finde, das ist eine wunderbare Idee«, sagte Trudy. »Du solltest deinem Vater dankbar sein, dass er sich so viel Mühe mit dir gibt. Nicht alle Jungen haben einen Vater wie du.«
Lächle, befahl sich Zeb. »Ich weiß«, sagte er. Das Wort smile stammte vom griechischen Begriff für Chirurgenmesser. Das hatte er im Internet gefunden, als er gerade mal nicht dabei war, historische Figuren zu enthaupten.
Zeb vermisste Adam, und er ging davon aus, dass das auf Gegenseitigkeit beruhte. Mit wem sonst hätte man über die unwahrscheinlichen, verborgenen Schichten ihres Lebens reden sollen? Wer sonst konnte eine irrsinnig komische, wortgetreue Imitation von Hochwürdens Gebet an Sankt Lucic-Lukas hinlegen, dem Gott das heilige Öl offenbart hatte?
Solange sie getrennt waren, vermieden sie SMS , Telefonate und alles andere mit elektronischen Signalen: Das Internet leckte bekanntlich wie ein Prostatakranker, und es war mehr als wahrscheinlich, dass Hochwürden wenn nicht bei Adam, dann zumindest bei Zeb spionierte. Wenn Adam jedoch in den Ferien nach Hause kam, war alles wie eh und je. Zeb begrüßte ihn mit einem Amphibium im Schuh, einem Anthropoden in der Manschettenschachtel oder ein paar kunstvoll plazierten Kletten im Eingriff seiner Unterhose, auch wenn sie für solchen Unfug eigentlich inzwischen zu alt waren. Also geschah es eher aus Nostalgie.
Dann gingen sie auf den Tennisplatz und spielten ein Pseudomatch, bei dem sie sich übers Netz hinweg kurze Satzfetzen zumurmelten und sich gegenseitig auf den neuesten Stand brachten. Zeb wollte von Adam wissen, ob er schon Sex gehabt hätte, eine Frage, der Adam stilvoll aus dem Wege ging. Adam wollte von Zeb wissen, wie viel Geld er von der Kirche abgeschöpft und auf seinen heimlichen Konten gebunkert habe, denn es war ihre feste Absicht, dem magischen Dunstkreis Hochwürdens den Rücken zu kehren, sobald sie genügend Geld zusammenhatten.
Es waren die letzten Ferien vor Adams Abschluss. Zeb saß am Bildschirm in Hochwürdens Büro, er trug Latexhandschuhe und summte leise vor sich hin, während Adam am Fenster stand, falls Hochwürden in seinem protzigen Benzinschlucker oder Trudy in ihrem Geländewagen in der Auffahrt auftauchte.
»Du hast Schillizzis Hände«, sagte Adam in seinem typisch
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