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Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Titel: Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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ungleiches Paar. Dunkelhaarig und blond, bullig und zierlich; solche Anomalien fielen auf. Und Hochwürden würde sie im Doppelpack ausrufen lassen, nicht einzeln.
    Hund und Hieb, summte Zeb vor sich hin. Stumm und Dieb. Dumm und lieb.
    »Hör auf mit diesem Pseudo-Musical-Quatsch«, sagte Adam. »Das fällt auf. Außerdem singst du schief.« Okay, an Letzterem war was dran. An beidem.
    In einem Plebsland-Graumarkt-Vitamorph-Stundenshop bastelte Zeb zwei neue Personalausweise – sie waren aus Pappe, sehr empfindlich und würden keiner genaueren Prüfung standhalten, aber für den nächsten Schritt würden sie reichen. Adam zog nach Norden, Zeb nach Süden, beide mit der Absicht unterzutauchen.
    Er und Adam hatten eine Dropbox ausgemacht. Nämlich die oberste, von den Zephiren gestreute Rose auf einem Druck von Botticellis Geburt der Venus auf einer vielbesuchten italienischen Tourismusseite. Zeb plädierte für die linke Brustwarze, aber Adam war dagegen: viel zu offensichtlich, sagte er. Ebenfalls zu offensichtlich wäre es, fügte er hinzu, im nächsten halben Jahr miteinander in Kontakt zu treten: Hochwürden war nachtragend und inzwischen hätte er auch noch Angst.
    Zeb überlegte, was diese Rachsucht und Angst am ehesten für Konsequenzen haben könnten. Was würde er selbst tun, wenn seine Brut, zwei Klugscheißer, die er ohnehin nie hatte leiden können, sich mit seinen schmutzigen Geheimnissen davongestohlen hätten? Zorn. Verrat. Nach allem, was er für Adam getan hatte. Und für Zeb, denn waren seine Züchtigungen nicht immer nur zum Wohle der geistigen Entwicklung des Jungen gewesen? Mit ähnlich selbstgerechtem Dreck machte er sich wahrscheinlich noch immer etwas vor.
    Unter anderem würde er ein paar DOSEN anheuern: Digitale-Online-Such-Experten. Die kosteten zwar, lieferten aber angeblich auch schnelle Resultate. Sie würden per Suchalgorithmus die Profile im Internet abgleichen. Es war also unabdingbar, sich so weit wie möglich von der digitalen Welt fernzuhalten. Kein Surfen. Keine Einkäufe. Keine sozialen Netzwerke. Keinen Scheiß bauen. Keine Pornos.
    »Sei einfach nicht du selbst«, sagte Adam zum Abschied.

Tief im Plebsland
    In San Fran schnitt sich Zeb die Haare kurz. Er ließ sich einen Schnauzer stehen und er hatte sich auf dem dunkelgrauen Graumarkt ein Paar eher coole Kontaktlinsen besorgt, die nicht nur die Augenfarbe veränderten, sondern auch noch eine Hornhautverkrümmung und falsche Irismerkmale vortäuschten. Aber selbst wenn er bei einem zufälligen Körperscan damit durchkäme, wollte er keine nähere Kontrolle riskieren, und die Fingerabdruckverzerrer, die er besorgt hatte, waren lächerlich dilettantisch. Insofern war es besser, den Torpedozug vorerst zu meiden. Außerdem glaubten die meisten Leute, die damit unterwegs waren, noch immer an Recht und Gesetz und könnten unter dem steten Druck von außen Verdächtiges melden.
    Also wagte er sich auf die Highways. Er trampte nach Süden bis San José, indem er auf den Giga-GliederZug-Rastplätzen auf und ab ging und versuchte, älter auszusehen, als er war. Gelegentlich deutete ein Fahrer an, dass er einem Blowjob als Zahlungsmittel nicht abgeneigt wäre, aber Zeb war zu groß und zu nichts zu zwingen.
    Die andere Gefahr waren die Profinutten in den Bars entlang der Straße. Wobei der einzige Sex, auf den er sich berufen konnte, auf den haptischen Feedbackseiten stattgefunden hatte; für Echtfleisch war er noch nicht bereit. Außerdem war er misstrauisch, was fremde Frauen anging: Wer weiß, wie viele davon ihr Wissen gegen Zahlung weiterreichen würden? Einige dieser Bordsteinschwalben waren auffällig gut gekleidet und wirkten alles andere als hungrig.
    Dann waren da noch die Krankheiten. Das Letzte, was er hätte gebrauchen können, war ein Klinikaufenthalt – sofern er mit seinem Ausweis durch die Kontrolle käme –, oder einen klinikeigenen Sicherheitsmann, der ihn klinikreif prügelte, sofern er nicht durch die Kontrolle kam, womit eher zu rechnen war. Nachdem man ihn in die Zange genommen und seine wahre Identität erkannt hatte, würde man Hochwürden kontaktieren. Dann käme der Entsorgungsbefehl, oder er würde in Plastikschellen zurückgeschafft, und die Drohpredigten würden kein Ende nehmen. Ich werde dir noch beibringen, was Respekt bedeutet, du bist mir untergeben, Gott hasst dich, du bist moralisch wertlos, auf die Knie und tu Buße, trink den Eimer aus, leg dich auf den Boden, gib mir den Stock, du willst es

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