Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Titel: Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
Vom Netzwerk:
doch fester , du sollst schreien und so weiter und so fort, die altbekannte Sado-Maso-Heavy-Metal-Perversen-Litanei. Kleine Späße vor dem Schlafengehen.
    Wenn Hochwürden dann durch wäre mit Zebs neurologisch demoliertem, wehrlosem, zitterndem Körper, würde er schließlich unterm Steingarten landen; aber erst, nachdem er mithilfe von Hitze und Strom dazu bewegt worden war, den digitalen Pfad zu Adam zu verraten, diverse Köder und Instruktionen für ihn auszulegen und zu betonen, dass er mit Hochwürdens fiskalen und sexuellen Fehltritten auf keinen Fall an die Öffentlichkeit gehen wolle und den dringenden Wunsch nach einem persönlichen Treffen verspüre, bei dem er alles erklären werde. Zeb machte sich keine Illusionen über seine Widerstandsfähigkeit gegenüber Implementierungen derjenigen Art, zu der Hochwürden und seine Helfer mit größtem Vergnügen zu schreiten bereit wären.
    So viel also zur Option Klinik, falls er sich die Gonokokken holte. Die Alternative zur Klinik war auch nicht ansprechender. Eiterpimmel, Schrumpelschwanz, Penisfäule; die Internethorrorseiten zu besagtem Thema waren der grünlich gelbe Stoff, aus dem Albträume sind. Mehr als genug Grund, dem Geheul der Rastplatzsirenen zu widerstehen, egal, wie fest und kompakt die Schenkel in ihren Kunstleder-Hotpants, wie hoch ihre Echsenimitat-Plateauschuhe, wie kühn ihre Drachen- und Totenschädeltattoos und wie hefeteigartig ihre Halbe-Melonen-Bimplantate aus den satinschwarzen Nackenbandtops quollen. Nicht dass er jemals einen Hefeteig aus der Nähe gesehen hätte. Aber in Videos. Und zwar in uralten Mutti-Retrofilmen, die ihm ehrlich gesagt ein bisschen an die Nieren gingen. Hatte die tote Fenella jemals Hefeteig gebacken? Trudy ganz sicher nicht.
    Als ihn die Schönheiten mit den verschmierten Lippenstiftmündern, dem körnigen Augen-Make-up und den Wabbelärschen ansprachen und fragten: »Na, Großer, wie wär’s mit nem schnellen Fick hinterm Doughnutstand?«, sagte er nicht: Komme sofort , und er sagte auch nicht: Wir sehen uns dann im Himmel, und er sagte auch nicht: Hey, habt ihr komplett einen an der Waffel? Er sagte: gar nichts.
    Zum Faktor Krankheiten kam hinzu, dass er sich auf den dunklen und dunkleren Wegen des Plebslandes noch nicht auskannte: Er hatte keine Lust, mit einer wildfremden Frau anzubändeln, um ihr anschließend blinden Auges in irgendeine Gasse, ein schäbiges Hotel oder aufs Klo eines zwielichtigen Bumsschuppens zu folgen und dann auf einer Bahre oder im Plastiksack wieder rauszukommen, wenn überhaupt. Eher würden sie ihn auf einem leeren Grundstück abladen und den Ratten und Geiern überlassen. Da inzwischen immer mehr von den ehemals öffentlichen Sicherheitsdiensten privatisiert worden waren, würde beim anständigen Begräbnis eines Herumtreibers wie ihm nichts herausspringen, ebenso wenig wie bei der Erfassung – Erfassung war ein beliebtes Wort in der Branche – des Schurken, der ihn wegen einer Handvoll Kleingeld abgestochen hatte.
    Seine Körpergröße und der sprießende Schnauzbart boten nur mäßigen Schutz. Er war ein grüner Junge und ein leichtes Ziel; das würde man auf den ersten Blick erkennen und umstandslos über ihn herfallen. Das Plebsland war ein härteres Pflaster als der Schulhof seiner Jugend, wo es tatsächlich auf die Größe ankam. »Je größer, desto doller knallen sie hin«, hatten die rumpeligen Jungs, und zwar nicht nur einmal, zu ihm gesagt. »Genau«, hatte er erwidert. »Aber je kleiner, desto öfter knallen sie hin.« Und er holte aus, gar nicht mal mit der Faust, und schon lagen sie auf der Fresse.
    Doch im finstersten Plebsland würde es kein verbales Vorspiel geben. Kein witzelndes oder spöttelndes Warngeklapper, nur einen blitzschnellen Stich oder Schnitt mit dem Messer oder eine Kugel aus irgendeiner altmodischen illegalen Waffe.
    Die Lintheads waren laut Internet besonders brutal. Und die Blackened Redfish. Und die Asian Fusions. Und die Texmexer mit ihren Drogenkriegsmaschen – den Totenschädelbergen, den an alten Kinomarkisen aufgehängten, beinlosen Leichen. Vermutlich war aufgrund der Territoriumsnähe der Giga-GliederZug-Highway nach Süden fest in der Hand der Texmexer.
    Trotz dieser Bedenken, oder sagen wir, trotz dieser Ängste war ihm klar, dass er kurzfristig im übelsten Teil der Stadt am besten würde untertauchen können. Zu viel Geld auszugeben würde die Schakale anziehen, so schlau war er mittlerweile; nach seiner Ankunft in San José

Weitere Kostenlose Bücher