Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)
posierte als Sex-Basar der unbegrenzten Möglichkeiten. Und das war nicht nur Pose, denn man kriegte alles, was der Schmerz begehrte, mit oder ohne Eier, Extraqualen nach Bezahlen. Unentspannte vier Wochen wirkte er auf diesem Todesstern für eine Gruppe russischer Mädchenhändler, die allmählich genug hatten vom Gejammer, dem Blut und der Notwendigkeit, ihre menschliche Ware zu füttern, und ihr Einkommen auf weichteilfreiere Weise aufzubessern suchten. Zeb sollte sich für sie zu Skimmingzwecken ins PachinkoPoker einhacken, was tendenziell anstrengend war, denn die Hacksaw-Leute waren laut anderer Cybersklaven dafür bekannt, einen zum Leuchtkrill zu kippen, wenn sie den Eindruck hatten, dass man zu lange brauchte, um das digitale Stickwerk aufzuräufeln.
Oder wenn man mit der Software anbändelte. Missbrauch war in Ordnung, solange die Ware unbeschädigt blieb, war Beschädigung doch das Vorrecht zahlender Kunden. Ein paar Gutscheine pro Woche für Angestellte gehörten wie Jetons und Verköstigung zum Lohnpaket. Persönliche Beziehungen jedoch waren strengstens untersagt.
Die Sexbasar-Seite von Hacksaw war mehr als übel; vor allem die Kinder wurden aus den Favelas für den schnellen Konsum abgezogen, erst zu Geld und dann zeitnah zu Fischfutter gemacht. Auch das gemahnte für Zebs Geschmack nur allzu sehr an Hochwürden und dessen Erziehungsmethoden, was er wohl irgendwann hatte durchblicken lassen, denn die Herzenswärme der heiteren Genossen ließ drastisch nach. Nachdem er erst einen Monat seines Vertrages abgearbeitet hatte, gelang es ihm, sich ein Schnellboot zu schnappen, indem er mit dem russischen Wachmann ein paar Gläser Wodka kippte, ihm anschließend eins über den Schädel gab, seine Papiere einsackte und ihn über Bord beförderte. Es war seine erste Tötung und es war schade um den Wachmann, einem unterbelichteten Stiernacken, der einfach nicht so blöd hätte sein dürfen, einem zwar unerfahrenen, aber nicht gerade zwergenwüchsigen und – als Hacksaw-Mitarbeiter – naturgemäß verschlagenen jungen Menschen wie Zeb über den Weg zu trauen.
Er sackte auch ein paar Hacksaw-Codes und Passwörter ein. Die würden ihm noch gute Dienste leisten. Und ein Mädchen nahm er mit. Er hatte sie so lange umgarnt, bis sie bereit war, als seine Irreführung aufzutreten: Mit seinen Gutscheinen buchte er sie für eine Stunde und bewegte sie dazu, in ihrem Nachthemd – einem halb durchsichtigen Fummel – an dem angeschickerten Wachmann vorbeizulaufen und gerade so verführerisch und gerade so verstohlen auszusehen, um das Spatzenhirn dazu zu bringen, sich nach ihr umzudrehen.
Zeb hätte das Mädchen auf dem Dampfer zurücklassen können, aber sie tat ihm leid. Die Genossen würden dahinterkommen, dass sie, ob nun wissentlich oder nicht, den Lockvogel gespielt hatte, aber das wäre ihnen egal und sie würden Kartoffelbrei aus ihr machen. Sie war nur deshalb auf dem Boot, weil sie mit fadenscheinigen Versprechungen und ein paar Brocken drittrangiger Schmeicheleien aus ihrer Heimatstadt im klapprig-rostigen Michigan gelockt worden war. Man hatte ihr erzählt, sie habe Talent; man hatte ihr gesagt, sie werde als Tänzerin angeheuert.
Er war nicht so blöd, mit dem Schnellboot einen regulären Hafen anzusteuern. Die Genossen hätten das Fehlen der beiden vielleicht schon bemerkt – der drei, wenn man den Wachmann mitzählte – und könnten auf der Pirsch sein. Er dockte vor einem der Uferhotels an und versteckte das Mädchen hinter einem Springbrunnen, bis er sich Zugang zu den Korridoren verschafft hatte, indem er sich mit dem Ausweis des Wachmanns ein Zimmer nahm, den Hauptcode austüftelte, sich in ein gut ausgestattetes Zimmer schlich und für sie ein paar Klamotten und für sich ein Hemd klaute. Mit Seife kritzelte er eine irreführende Drohung auf den Badezimmerspiegel: Ich komme wieder. Rache. Die Chancen standen gut, dass neun Zehntel der Typen, die in solchen Läden abstiegen, mindestens eine gewalttätige und unmutauslösende Geschichte in ihrer Vergangenheit schlummern hatten und daher das Hotel verlassen würden, ohne sich wegen der fehlenden Gegenstände bei der Hotelleitung zu beschweren.
Oder wegen der Autoschlüssel. Oder wegen ihres Autos.
Als sie weit genug weg waren, fand er ein Internetcafé, in dem er sich per Lotusblatt-Pathway bis zu einem seiner 0,9-Prozent-Geldbunker vorarbeiten konnte, eine Stange Geld von diesem auf ein anderes Konto verschieben und sich auszahlen lassen
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