Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)
anzufangen, und das war eigentlich ganz gut, denn als ich so mit wachem Blick und gespitzten Ohren nach dem nächsten großen Ding Ausschau hielt, fielen mir ein paar Typen auf, die in der Gegend rumhingen und den Bogen etwas überspannt hatten mit ihrem Look, asitechnisch, meine ich. Man sieht das einfach, ob jemand seinen fettigen Pferdeschwanz, die Schnurrbartzotteln und den fetten Nasenring schon immer trägt oder erst seit gestern: Die hatten einfach zu viel Scheiß im Gesicht. Und die Hosen stimmten nicht. Die hatten zwar nicht denselben Fehler gemacht wie Chuck mit seinen nagelneuen Hosen, aber die Risse und Flecken waren zu gewollt. Fand ich zumindest. Also ab zum nächsten GliederZug-Rastplatz und nix wie weg.
Diesmal bin ich runter nach Mexiko. Ich dachte mir, egal, wie weit Hochwürden seine Tentakel ausstrecken würde, bis dahin würden sie auf keinen Fall reichen.«
Im Hackerhimmel
In Mexiko gab es paranoide Drogendealer im Überfluss, die davon ausgingen, dass auch Zeb ein paranoider Drogendealer war und dass seine Interessen mit ihren Interessen kollidierten. Nach zu vielen Episoden, bei denen Männer mit obskuren Tattoos und Tulpenmustern in der Schädelhaut ihm mit finsterem Blick entgegentraten, dazu ein paar Beinahe-Messerstiche, um die Botschaft zu unterstreichen, zog er südwärts und hinterließ unterwegs nur etwas Kleingeld. Seine notwendigen Ausgaben zahlte er ausschließlich in bar: Er wollte keinen Cyperpfad hinterlassen, nicht mal den eines John, eines Roberto oder eines Diaz.
Von Cozumel aus sprang er über die karibischen Inseln und erreichte Kolumbien. Doch obwohl er die Kunst des Trinkens mit wildfremden Menschen in Bars immer weiter verfeinerte, hielt Bogotá keine Möglichkeiten für ihn bereit; hinzu kam, dass er viel zu sehr auffiel.
Anders als in Rio. Damals galt die Stadt als Hackerhimmel; es war die Zeit vor den Razzien mit Minidrohnen und Stromnetz-Sabotageakten, die die wirklich ernsten Operateure – die Überlebenden – in den kambodschanischen Dschungel trieb, um dort ihre Läden wieder aufzubauen. Damals aber war Rio an seinem Zenit. Die Stadt galt als Wilder Westen des Webs und strotzte vor stoppelbärtigen jungen Cyberganoven aller denkbaren Nationalitäten. Es wimmelte von potenziellen Kunden: Unternehmen spionierten andere Unternehmen aus, Politiker spannten Fangnetze, und dann waren da noch die militärischen Interessen: Die brachten am meisten Kohle, wobei sie leider auch bei jedem potenziellen Angestellten einen vollen Sicherheitscheck durchführten, und das wollte Zeb tunlichst vermeiden. Alles in allem jedoch war Rio ein Verkäufermarkt: Die Jobs lagen auf der Straße, es wurden keine Fragen gestellt, und jeder passte da unten ins Bild, egal, wie er aussah, solange es schräg genug war.
Aufgrund der Zeit, die er mit Fleischverkauf, dem Sekundieren Slaights des Zweiten, Irreführung-Verführungsversuchen und der Schlangenbeschwörung verbracht hatte, war er tastaturtechnisch aus der Übung, aber es dauerte nicht lange und er fand zu seiner alten Fingerfertigkeit zurück. Dann machte er sich auf Jobsuche. Innerhalb von einer Woche fand er eine Stelle, die zu seinen Talenten passte.
Sein erster Arbeitgeber hieß Ristbones, eine Firma, die sich auf das Hacken von elektronischen Stimmzählmaschinen spezialisiert hatte. Im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts war das noch einfach gewesen und auch profitabel – wer die Maschinen beherrschte, konnte, solange bei den echten Wahlen keine Mehrheit zustande kam, seinen Wunschkandidaten ins Rennen bringen –, doch dann war die Empörung groß und alle hatten sich aufgeregt, und damals wollte man wenigstens den Anschein von Demokratie wahren; also wurden Firewalls installiert und das Hacken war jetzt schwieriger.
Und auch langweilig – ein bisschen wie Häkeln, sich durch ziemlich elementares Zeug frickeln, das eher kosmetische als präventive Funktion besaß. Es konnte leicht passieren, dass man bei der Arbeit wegdöste. Als Hacksaw Inc. bei ihm anklopfte, ließ er sich also abwerben – etwas vorschnell, wie sich herausstellte. Er war zu dem Zeitpunkt zwar nicht betrunken, aber es war Wodka im Spiel. Wodka, jede Menge Schulterklopfer, laute Lacher und Komplimente unter Genossen. Abgegriffen wurde er von drei schmierigen Typen, einer mit großen Händen und ein anderer mit großen Geldscheinen. Der Dritte war vermutlich der Eliminator: Er sagte nur wenig.
Hacksaw lag auf einem Vergnügungsdampfer vor Rio und
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