Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Titel: Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
Vom Netzwerk:
als »Rück endlich die Kohle raus«.
    Es hätte also einiges an Geldressourcen geschluckt, ihn von einem Cyberspürhund aus seinen diversen gefälschten Schichten herausschälen zu lassen. Er hatte seine Spuren so gut verwischt, dass man schon genau hätte wissen müssen, wo man sucht. Wer immer es war, musste hochmotiviert sein.
    Ristbones fiel mehr oder weniger flach, denn was wusste er schon über sie, was ihnen schaden könnte, wenn es durchsickerte? Dass Stimmzählmaschinen gehackt wurden, war ein offenes Geheimnis, und auch wenn immer mal wieder ein Grollen durch die sogenannte Presse ging, wollte niemand ernsthaft zum Papiersystem zurückkehren, und derjenige Konzern, der die Maschinen besaß, die Sieger auswählte und die Schmiergelder entgegennahm, hatte einen grandiosen PR -Job gemacht, insofern galt jeder, der zu viel Protest äußerte, als perverse rote Socke, die unbedingt allen anderen den Spaß verderben wollte, sogar solchen, die gar keinen Spaß hatten. Aber das konnten sie ja gern später tun. Später im Himmel.
    Also stellte er für Ristbones keine Gefahr dar, denn selbst wenn er irgendeinen vermoderten Bürgeraufstand hätte auslösen wollen, hätte ihm bis auf einige wenige Pappnasen mit Hirnherpes im Endstadium ohnehin keiner zugehört. Wäre er verrückt gewesen, hätte er versuchen können, die gehackten Maschinen erneut zu hacken – seinen eigenen virtuellen Senator einzuspeisen oder Ähnliches –, nur als Projekt, um zu demonstrieren, wie leicht so etwas möglich war.
    »Aber du warst ja nicht verrückt«, sagt Toby.
    »Aus Gag hätte ich’s machen können, wenn ich die Zeit gehabt hätte. Es wäre einer dieser ephemeren Streiche gewesen, mit denen beleidigte Programmiergenies wie ich ihren wirkungslosen Protest gegen das System kundtun.«
    »Also, Ristbones war’s nicht«, sagt Toby. »Dann Hacksaw?«
    »Grund zur Rache hätten sie zwar gehabt«, sagt Zeb. »Ich hatte ihren Wachmann zu Fischfutter gemacht, ihr Boot geklaut, eine ihrer verzweifelten Jungfern geraubt; aber schlimmer noch, ich hatte ein schlechtes Licht auf sie geworfen. Ich konnte mir vorstellen, dass sie öffentlich ein Exempel an mir statuieren wollten – mich in Ketten legen und von einer Brücke baumeln lassen oder sowas, minus ein Bein und ausgeblutet; mich zur Knorpelschau machen. Aber um in der Öffentlichkeit zu profitieren, hätten sie ja verraten müssen, was ich ihnen angetan hatte, also hätten sie trotzdem dumm dagestanden.
    Aber dass sie mich bis zur Bärenbrücke aufspüren, da oben in Whitehorse, konnte ich mir nicht vorstellen. Rio war sehr weit weg, und wahrscheinlich dachten sie, da gäbe es nichts als Schnee und Iglus, wenn sie überhaupt drüber nachgedacht haben. Aber vor allem konnte ich mir nicht vorstellen, dass ein Klemmi wie Chuck für solche Leute arbeitet. Ich konnte mir nicht mal vorstellen, wie sie zusammen in einer Bar sitzen. Die Hacksaw-Leute mussten immer erst mit einem in die Bar gehen, bevor sie einem den Job gaben, und bei Chuck ergab das keinen Sinn. Er hatte die falsche Garderobe. Keiner bei Hacksaw hätte jemals einen Typen mit einer so uncoolen Hose eingestellt.«
    Je mehr er über Chuck nachdachte – über den ekelhaft sauberen Saubermann, der er war –, desto mehr wurde ihm kar, dass hierin der Schlüssel lag. Diese schmierige Freundlichkeit, diese zahnweißlächelnden Verbrüderungsversuche … Er musste zur Church of PetrOleum gehört haben. Aber es war unmöglich, dass ihn Hochwürden und seine Jungs, ja selbst die angeheuerten Spitzel, durch seine sämtlichen Schlupflöcher hindurch hätten auf die Spur kommen können. Es war einfach unmöglich.
    Dann ging ihm auf, dass er das Pferd von hinten aufzäumte. Hochwürden und die gesamte Kirche und ihre engen religiösen Verbündeten wie die Gebotenen Früchte und ihre Polit-Spezis – sie alle waren anti-öko bis aufs Blut. In ihrer Werbung sah man ein niedliches blondes Mädchen neben einer besonders abstoßenden bedrohten Tierart, etwa der Surinam-Kröte oder dem Weißen Hai, und der Slogan dazu lautete: Diese oder diese? Womit suggeriert wurde, dass die Surinam-Kröte nur gedeihen könne, wenn man alle niedlichen blonden Mädchen ans Messer lieferte.
    Entsprechend war jeder, der gern Gänseblümchen roch, Gänseblümchen in der Welt zum Riechen haben wollte, quecksilberfreien Fisch essen wollte und dagegen war, aufgrund vergifteten Trinkwassers dreiäugige Kinder in die Welt zu setzen, ein von Dämonen besessener

Weitere Kostenlose Bücher