Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)
Toby. »Aber das hätten sie vielleicht auch ohne Bärenfell gedacht.«
»Machst du dich über mich lustig?«
»Das sollte ein Kompliment sein.«
»Denk ich nochmal drüber nach. Jedenfalls war ich nicht traurig darüber, wie’s gelaufen ist.«
Nochmal vorgespult nach Whitehorse: Da war er nun, gestriegelt, gebügelt und bei klarem Verstand, sofern möglich. Er mied die Zentrale der Bärenbrücke ebenso wie die üblichen Kaschemmen, weil die Leute dort ihn ja für tot hielten, und wozu die Vorteile opfern, die eine solche Nichtexistenz mit sich brachte? Also blieb er hauptsächlich in seinem Motelzimmer, knabberte erdnussähnliche Ersatzprodukte, bestellte sich Pizza und guckte Pay- TV , egal was, und überlegte hin und her, wie es weitergehen sollte. Wo sollte er hin, wenn er Whitehorse verließ? Wie käme er am besten aus der Stadt raus? Wie sähe seine nächste Wunsch-Inkarnation aus?
Und er fragte sich: Wer hatte Chuck angeheuert, um ihm diese Spritze zu verpassen? Welche der diversen Parteien mit Interesse an seinem Niedergang hatte ein Vollversager-B-Loch-Würstchen wie Chuck eingesetzt, um ihre giftigen Pfeile abzuschießen?
Kalte Platte
Er existierte in zwei Zuständen: in seinem gegenwärtigen Tarnmodus als ein Niemand mit ausgedachtem Namen; und in seinem ehemaligen Gewand als derjenige, der bei einem Schrauberabsturz verkohlt war.
Aber Adam durfte nicht denken, er sei tot – als er bei der Bärenbrücke rumkasperte, hatte längere Zeit Funkstille geherrscht –, also musste er wieder Kontakt aufnehmen, bevor irgendwelche Gerüchte in die Welt sickerten.
Er zog alles an, was er hatte, einschließlich Fliegerhelm, Fake-Daunenjacke und Sonnenbrille, und unternahm einen Ausflug in eines der beiden Internetcafés vor Ort, einen aufgeräumten Laden namens Kleiner Bär, in dem es pompöse Bio-Sojagetränke und Riesenmuffins gab, die nicht richtig durch waren. Er bestellte beides: Von den regionalen Speisen zu kosten gehörte zu seinen Prinzipien. Dann zahlte er bar für eine halbe Stunde Internet und schickte Adam über die Zephyr-Dropbox eine Mail. »Irgendein verfluchter Pimmel wollte mich kaltmachen. Alle halten mich für ne Leiche.«
Zehn Minuten später kam die Antwort: »Verzicht auf Flüche fördert die Verdauung. Bleib tot. Habe möglicherweise Job. Komm zeitnah nach New New York, dann melde dich bei mir.«
»O.k., besorgst du mir Job-Check-Identität?«, schrieb er zurück.
»Ja. Erwarte dich«, erwiderte Adam. Wo steckte er? Darüber ergingen keine Hinweise. Aber er musste irgendwo gelandet sein, wo er sich zumindest halbwegs sicher fühlte. Zeb war erleichtert. Adam zu verlieren wäre wie einen Arm oder ein Bein zu verlieren. Und den oberen Teil seines Schädels.
Er ging zurück in sein Motelzimmer und dachte über die Logistik der Reise nach New New York nach. Als Toter, und mithilfe der improvisierten Identität, die er sich zusammengestellt hatte, könnte er sich vielleicht nochmal in den Torpedozug wagen, sobald er sich per Giga-GliederZug bis nach, sagen wir, Calgary durchgeschlagen hatte.
Aber das größte Rätsel war noch nicht gelöst. Wer hatte ihn mittels Chuck aus dem Weg räumen wollen? Er versuchte die Möglichkeiten einzugrenzen. Erstens, wer hatte spitzgekriegt, wo er sich aufhielt? Dass er bei der Bärenbrücke war? Zu der Zeit hieß er Devlon und davor Larry und davor Kyle. Er sah eigentlich nicht aus wie ein Kyle, aber genau das war manchmal besser. Und davor hatte er bestimmt noch sechs andere Namen durchlaufen.
Die meisten seiner Identitäten hatte er auf dem dunkelgrauen Graumarkt gekauft, aber diese Leute hätten nichts davon gehabt, ihn auszuliefern: Sie mussten ja auch sehen, wo sie bleiben, brauchten das Vertrauen ihrer Kunden und hätten kaum einen Abnehmer gefunden. Für sie war er nur einer von vielen, der seine Schulden nicht bezahlen konnte oder wegwollte von einer raffgierigen Ehefrau, oder bei einem Konzern Geld unterschlagen oder Daten geklaut hatte oder Minimärkte ausgeraubt oder mithilfe von Frauenkleidern und Brechstangen eine Psycho-Mordserie begangen hatte; was es war, war ihnen egal. Sie fragten ein Mal pro forma nach, taten, als hätten sie Standards und Ethos – bitte keine Kinderficker –, und dann tischte er ihnen einen Teller aufgewärmten Schwachsinn auf, von dem alle wussten, dass es Schwachsinn war. Aber dergleichen Müll auszutauschen war höflich, ähnlich wie man »Wir helfen gern« und Ähnliches sagte, was nichts anderes hieß
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