Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)
zu viel Angst, auf den Streifen zu pinkeln.«
Toby überlegt, was sie sagen soll – irgendetwas Optimistisches und Beruhigendes. Gene sind nicht unbedingt gleich Schicksal? Natur versus Sozialisierung, auch aus Bösem kann Gutes erwachsen? Man muss damit rechnen, dass es epigenetische Veränderungen gibt, und vielleicht hatten die Painballer ja nur eine sehr, sehr schwere Kindheit? Oder wie wär’s damit: Vielleicht sind die Craker ja menschlicher, als wir denken? Aber nichts davon klingt sonderlich überzeugend, nicht mal für sie.
»O Toby, sei nicht traurig«, sagt eine Kinderstimme: Es ist Blackbeard, der sich an sie schmiegt. Er nimmt ihre Hand und tätschelt sie. »Oryx wird helfen und das Baby wird aus der Knochenhöhle kommen und dann wird Amanda sehr glücklich sein. Alle sind glücklich, wenn gerade ein Baby aus der Höhle gekommen ist.«
Jungschweine
»Rück mal rüber, du liegst auf meinem Arm«, sagt Zeb. »Was ist denn?«
»Amanda macht mir Sorgen«, sagt Toby, was zwar stimmt, aber das ist noch lange nicht alles. »Wie’s aussieht, ist sie schwanger. Sie ist nicht gerade glücklich.«
»Na bravo«, sagt Zeb. »Der erste Jungbionier in unserer schönen neuen Welt.«
»Du kannst wirklich herzlos sein, weißt du das?«
»Quatsch«, sagt Zeb. »Ich bin ein einziges bebendes Herz. Aber wenn man von den jüngsten Ereignissen ausgeht, ist der Vater wahrscheinlich ein Painballer; das wär natürlich dreifach zum Kotzen. Dann müssten wir’s ertränken wie ein Katzenbaby.«
»Das können wir knicken«, sagt Toby. »Diese Crakerfrauen lieben Babys über alles. Die würden durchdrehen, wenn ihm jemand schlimme und grausame Dinge antäte.«
»Versteh einer die Frauen«, sagt Zeb. »Nicht, dass ich was gegen so ne Mutter gehabt hätte: eine, die einen beschützt und knuddelt und so weiter.«
»Es könnte ein Mischling sein. Ein halber Craker«, sagt Toby. »Angesichts des Gruppenüberfalls an Sankt Juliana. Aber in dem Fall könnte das Baby ihren Tod bedeuten. Ihr embryonales Wachstum läuft schneller ab, ihre Köpfe sind bei der Geburt größer, wenn man sich zum Teil die Kinder anguckt, die die Frauen hier auf dem Arm haben, und das heißt, das Baby könnte unterwegs steckenbeiben. Ich wüsste nicht mal im Entferntesten, wie man einen Kaiserschnitt vornimmt. Und selbst wenn, was ist, wenn die Blutgruppen nicht zueinanderpassen?«
»Wissen Elfenbeinspecht und die anderen nicht irgendwas darüber? Über Genetik und Blutgruppen und sowas?«
»Ich habe sie noch nicht gefragt«, sagt Toby.
»Okay, dann setzen wir das mal auf die Krisenliste. Eine Schwangerschaft. Trommel die Gruppe zusammen. Aber wenn die MaddAddamiten auch nichts wissen, müssen wir wohl einfach abwarten, oder?«
»Das sowieso«, sagt Toby. »Eine Abtreibung ist nicht drin, niemand hier kann sowas, und abgesehen davon, wäre es viel zu riskant. Es gibt da zwar bestimmte Kräuter, aber wenn man sich nicht auskennt, können sie toxisch sein. Man kann nichts tun, es sei denn, irgendjemand macht bei der Gruppenversammlung einen genialen Vorschlag. Aber erstmal muss ich mich beraten lassen.«
»Von wem? Haben wir hier einen Arzt unter den Supercheckern?«
»Ich sag jetzt was, aber lach mich bitte nicht aus.«
»Mein Mund ist versiegelt. Schieß los.«
»Okay, das hört sich jetzt daneben an, aber: von Pilar. Die ja, wie du weißt, tot ist.«
Schweigen. »Und wie willst du das anstellen?«
»Ich dachte, ich statte ihr einen Besuch ab, du weißt schon, da wo wir …«
»An ihrem Schrein? Wie bei ner Heiligen?«
»So ähnlich. Eine erweiterte Meditation abhalten. Weißt du noch, wie wir sie im Park begraben haben? Am Tag ihrer Kompostierung? Wir haben uns als Parkwächter verkleidet und ein Loch gegraben …«
»Klar, ich weiß sogar noch, wo. Du hattest diesen grünen Parkwächter-Overall an, den ich für dich hatte mitgehen lassen. Wir haben einen Holunderstrauch über ihrem Grab gepflanzt.«
»Ja. Da würde ich gern hingehen. Ich weiß, es ist ein bisschen verrückt, wie die Außenwelt gesagt hätte.«
»Erst unterhältst du dich mit den Bienen und jetzt willst du mit den Toten reden? Nicht mal die Gärtner wären so weit gegangen.«
»Einige schon. Denk’s dir einfach als Metapher. Ich werde mir Zugang zu meiner inneren Pilar schaffen, wie Adam Eins das formuliert hätte. Er würde mich absolut unterstützen.«
Erneutes Innehalten. »Na ja, allein kannst du’s nicht machen.«
»Ich weiß.« Jetzt ist es an ihr
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