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Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Titel: Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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um: Es ist Blackbeard.
    »Ich möchte gern bei Toby sein«, sagt er.
    »Oh, fuck«, sagt Shackleton. Blackbeard lächelt vergnügt. »Und auch bei Fuck«, sagt er.
    »Ist doch gut«, sagt Toby. »Lass ihn ruhig mitkommen.«
    »Ist jetzt ohnehin nicht zu ändern«, sagt Zeb. »Da müsste ich ihm schon den Schädel einschlagen. Obwohl, ich könnte ihm sagen, er soll sich verpissen.«
    »Bitte«, sagt Toby. »Bring ihn nicht durcheinander.«
    »Wohin gehst du, o Toby?«, fragt Blackbeard.
    Toby nimmt seine dargebotene Hand. »Eine Freundin besuchen«, sagt sie. »Aber es ist eine Freundin, die man nicht sehen kann.« Blackbeard stellt keine Fragen, er nickt.
    Zeb schaut geradeaus, nach links, nach rechts. Er singt vor sich hin; das tut er schon, seit Toby ihn kennt. Meist bedeutet es, dass er gestresst ist.
    Der Karren steckt im Schlamm
    Wir haben keinen Plan,
    Die Sache ist vertrackt,
    Na, toll gemacht, o fuck …
    »Schneemensch-Jimmy hat es auch toll gemacht«, sagt Blackbeard. »Und Crake. Der auch.« Freudestrahlend blickt er zu Zeb und Toby hoch, sucht nach Bestätigung. »Das kannst du laut sagen, Kleiner«, sagt Zeb. »Das kannst du sowas von laut sagen.«
    Toby spürt, wie die Meditationsmixtur anschlägt. Zebs Kopf vor dem Hintergrund der Sonne ist von einem Strahlenkranz umgeben, er hat Spliss, wie ihr aufgeht – er könnte wirklich mal einen Haarschnitt gebrauchen, sie muss eine Schere auftreiben –, der ihr vorkommt wie eine Explosion elektrisch geladener Energie. Ein lumineszierender morpho-gespleißter Schmetterling schwebt über den Pfad. Natürlich leuchtet er sowieso, das weiß sie noch, aber jetzt ist er von einem heißen Blau wie die Flamme eines Gasherds. Nashorn ragt aus seinen eigenen Fußstapfen auf, ein Erdriese. Nesseln wachsen im Bogen vom Wegesrand, die brennenden Härchen auf ihren Blättern schimmern im Licht. Ringsum sind Laute zu hören, Geräusche, fast wie Stimmen: ein Summen und Klicken, ein Klopfen, geflüsterte Silben.
    Und da ist der Holunderstrauch, genau an der Stelle, an der sie ihn vor so langer Zeit eingepflanzt haben, auf Pilars Grabstätte. Er ist inzwischen bedeutend größer. Weiße Blüten rauschen zur Erde hinab, ein süßer Duft schwängert die Luft. Ringsum vibriert es: Honigbienen, Hummeln, Schmetterlinge groß und klein.
    »Bleib du hier, bei Zeb«, sagt Toby zu Blackbeard. Sie lässt seine Hand los, tritt nach vorn und kniet vor dem Holunderstrauch.
    Versonnen blickt sie auf üppige Blüten und denkt: Pilar . Das verhutzelte alte Gesicht, die braunen Hände, das sanftmütige Lächeln. Das alles war mal so real. Und ist zu Staub zerfallen.
    Ich weiß, dass du hier bist, in deinem neuen Körper. Ich brauche deine Hilfe.
    Es ist keine Stimme zu hören, aber da ist Raum. Ein Warten.
    Amanda. Wird sie sterben, wird dieses Baby sie umbringen? Was soll ich tun?
    Nichts. Toby fühlt sich im Stich gelassen. Aber mal ehrlich, was hat sie erwartet? Es gibt keine Zauberei, keine Engel. Das Ganze war immer nur Kinderei.
    Trotzdem muss sie fragen. Schick mir eine Botschaft. Gib mir ein Zeichen. Was würdest du an meiner Stelle tun?
    »Achtung«, sagt Zebs Stimme. »Nicht bewegen. Schau langsam. Nach links.«
    Toby dreht den Kopf. Nur einen Steinwurf entfernt überquert ein Riesenschwein den Weg. Eine Sau mit fünf kleinen Ferkeln in Reih und Glied. Die Mutter stößt ein sanftes Grunzen aus, die Ferkel ein helles Quieken. Wie rosa leuchtend ihre Ohren sind, wie kristallin ihre Hufe, wie …
    »Ich hab sie«, sagt Zeb. Langsam hebt er das Gewehr.
    »Nicht schießen«, sagt Toby. Ihre Stimme kommt ihr weit weg vor, ihr Mund fühlt sich übergroß und taub an. Das Herz ist windstill.
    Die Sau bleibt stehen, dreht sich zur Seite: die ideale Zielscheibe. Sie sieht Toby aus dem Augenwinkel an. Die fünf Kleinen versammeln sich in ihrem Schatten, unter den Zitzen, die aufgereiht sind wie Westenknöpfe. Ihre Mundwinkel sind hochgezogen, es sieht aber nur so aus, als würde sie lächeln. Das Licht glitzert auf einem Zahn.
    Der kleine Blackbeard geht weiter. Er leuchtet wie Gold in der Sonne, seine grünen Augen funkeln, er streckt die Hände aus.
    »Komm sofort zurück«, sagt Zeb.
    »Warte«, sagt Toby. Was für eine Macht. Eine Kugel würde die Sau niemals aufhalten, der Schuss aus dem Spraygewehr würde kaum einen Kratzer verursachen. Sie könnte sie wie ein Panzer überrollen.
    Leben, Leben, Leben, Leben, Leben. Es platzt aus allen Nähten, in dieser Minute. Sekunde.

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