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Die Geschichte von Zoe und Will

Die Geschichte von Zoe und Will

Titel: Die Geschichte von Zoe und Will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Halbrook
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und sie sieht mich an, als wäre ich ein Held, und verdammt noch mal, ich will einfach nur wegschauen, weil ich es besser weiß.
    »Ich will …«, beginnt sie mit einem Murmeln, das mir einen Schauder den Rücken hinunterjagt. Sie zerrt an meinem Hemd, versucht mir zu zeigen, was sie nicht aussprechen kann.
    »Nicht hier.«
    »Das ist mir egal. Wo auch immer.«
    »Aber mir ist das nicht egal. Du verdienst was Besseres als das hier. Als die Rückbank eines Autos.«
    Bei meinen Worten zuckt sie zusammen, ihre Wimpern flattern. Sie versinkt in Gedanken, die sie nicht mit mir teilt. Aber ihre Wangen sind knallrot. Ich wollte sie nicht in Verlegenheit bringen. Nicht diesmal.
    »Das meine ich ernst. Du bist so wunderschön. Du verdienst was Besseres.«
    Ich muss die Worte flüstern, denn um uns herum ist diese Stille, die nicht durchbrochen werden darf. Denn wenn doch, weiß die Welt, dass sie hereinkommen und unseren Moment zerstören kann. Wir müssen in dieser neuen Welt, die wir geschaffen haben, versteckt bleiben. Nur die Stille hält all den Mist der Wirklichkeit von uns ab. In unserer Welt kann ich Zoe berühren und sie lieben, bis ich explodiere, weil sie mich die ganze Zeit so ansieht, wie sie mich jetzt ansieht.
    »Was, wenn es das letzte Mal ist …«
    »Red nicht so.«
    »Wir wissen nicht, ob … ich …«
    Ich schließe ihre Lippen sanft mit meinem Daumen, streichle über ihren Wangenknochen. Der Wangenknochen, der jetzt so viel besser aussieht. Rosig und blass und hübsch. Nur noch der Schatten eines blauen Flecks erinnert mich daran, was für ein Mann ich für sie sein will. Ich würde alles für sie tun.
    »Wir müssen weiter. Wie wäre es mit … vielleicht … Kalifornien. Wir könnten zu Misty. Vielleicht kann sie uns helfen.«
    »Ich denke … Will, sie hat Familie. Wir können sie in das hier nicht reinziehen.«
    Ihre Stimme ist genauso leise wie meine, denn es kostet uns alle Kraft, uns in unserer Stahl-und-abgeplatzter-Farbe-Camaro-Höhle vor der Polizei und dem FBI und Prügeleien und Fäusten zu verstecken.
    Ich frage mich, wie Mistys Kinder sind. Ob sie glücklich sind, ob sie gute Noten haben, Sport machen und Klavier oder so was spielen. Zeug, das normale Kinder eben tun. Zoe hat recht. Ich kann sie da nicht reinziehen.
    »Nein, wir sind auf uns allein gestellt, nicht wahr?«
    Angst blitzt in ihren Augen auf. Ich weiß nicht, wie lange sie das hier noch ertragen kann. Sie ist nicht aus demselben Holz geschnitzt wie ich.
    Ich drücke mich von ihr weg, küsse sie schnell, und dann klettern wir zurück nach vorne auf unsere Sitze. Ich lasse den Motor an und höre sie seufzen, als wir wenig später zurück auf den Highway biegen.

ZOE
    ES HAT ETWAS UNAUSWEICHLICHES an sich, ein Kein-Weg-führt-zurück-Gefühl, als wir die Grenze nach Kalifornien überschreiten. Je weiter wir uns von Vegas entfernen, von den Plänen, die wir geschmiedet, der Zukunft, die wir uns ausgemalt hatten, desto weniger habe ich das Gefühl, als würde ich den Weg wiedererkennen, den wir einschlagen. Wie lange können wir unsere Fahrt noch hinauszögern, bevor jegliche Hoffnung schwindet?
    Ich fürchte, ich muss mich übergeben.
    »Will, können wir einen Moment anhalten?«
    »Wir haben doch grade erst …«, setzt er an, aber seine Stimme verstummt, als er mein Gesicht sieht. »Ja. Sicher.« Ich schnappe mir einen Tampon und ein paar der Servietten, die ich einem der Fast-Food-Läden mitgenommen hab, und öffne die Tür.
    Die Scheinwerfer, die über die Straße gleiten, sind das einzige Licht in der Wüste. Selbst der Mond hat sich versteckt. Ich stolpere aus dem Wagen und taumle weg.
    Ich weiß, ich sollte Lärm machen, um Skorpione und andere Tiere zu verscheuchen, aber meine Instinkte versagen. Oder aber es ist mein Instinkt, der mir rät, ruhig zu sein: Es ist dunkel.
    Als ich entscheide, dass es sich bei dem Schatten ein paar Meter vor mir tatsächlich um ein Gebüsch handelt, stürze ich darauf zu. Ich habe noch nie hinter einen Busch gepinkelt, aber der Sache haftet jetzt eine ureigene Genugtuung an. Ich bin ein Hund, der sein Territorium markiert. Zoe war hier.
    Zurück beim Wagen waschen Will und ich uns mit dem letzten Wasser in der Flasche die Hände. Wassertropfen prasseln auf die Erde, und Schlamm spritzt auf meine Hose.
    Schwarze Flecken auf Dunkelblau, und je mehr ich sie anstarre, desto mehr wirbeln die Punkte umher und desto weniger kann ich etwas anderes sehen als diese schmutzigen Spritzer auf meiner

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