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Die geschützten Männer

Die geschützten Männer

Titel: Die geschützten Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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aufgefordert, an den Diskussionen teilzunehmen, die meine Person betreffen!«
    »Männer sind von den Beratungen des
Wir
ausgeschlossen«, sagt Burage mit monotoner Stimme.
    »Das wird ja immer schöner!« sage ich sarkastisch. »Das nennt man, die Demokratie und die Gleichheit der Geschlechter respektieren!
     Ich glaubte, das
Wir
wollte, bis auf die Lage der Frau, den Status quo ante wiederherstellen.«
    »Nein, Doktor.« Burage sieht mich fest und voller Ernst an. »Das habe ich Ihnen gesagt, als ich Ihrer noch nicht so sicher
     war. In Wirklichkeit verhält es sich anders. Das
Wir
will den Sturz des Bedford-Regimes, aber nicht die Beseitigung der Frauenherrschaft.«
    |258| Ich reiße die Augen auf.
    »Wollen Sie damit sagen, daß auch nach Bedfords Sturz und nach der Machtübernahme durch das
Wir
die Männer von den leitenden Organen ausgeschlossen bleiben?«
    »In einer ersten Phase, ja. – Hören Sie, Doktor, und seien Sie nicht so aufgebracht, ich bitte Sie!« fährt sie drängend fort.
     »Versuchen Sie doch, uns zu verstehen. Bedford hat LIB durch ihre Maßlosigkeit und den Terror gegen die Männer diskreditiert.
     Die historische Erfahrung zeigt aber, daß diese Art Terror stets das Gegenteil provoziert. Nach Bedford wird das Pendel aller
     Wahrscheinlichkeit nach in die entgegengesetzte Richtung ausschlagen. Das wollen wir verhindern. Wir wollen eine frauenfeindliche
     Reaktion verhindern, wodurch die Lage der Frau auf den Stand des vorigen Jahrhunderts zurückgeworfen würde. Deshalb organisieren
     wir uns schon jetzt, um die Frauen nach Bedford an der Macht zu halten.«
    Ich sehe sie an.
    »Trotzdem, Sie haben mich belogen, Burage«, sage ich mit zugeschnürter Kehle.
    Burage reagiert auf eine unerwartete Art. Sie lächelt, nähert sich dem Tisch und legt ihre Hand auf die meine; dann zieht
     sie sie zurück und sieht mich voller Sympathie an.
    »Das stimmt«, sagt sie mit einem fast zärtlichen Lächeln. »Doch diese Lüge war nicht persönlich gemeint, Ralph, sie betraf
     nicht unsere Beziehungen. Sie erfolgte auf Grund einer allgemeinen Anordnung des
Wir
. Wir sollen gegenüber neuen Kontakten sehr beruhigend, sehr konservativ auftreten.«
    Ich überlege: eine frauenfeindliche Reaktion nach Bedford ist wahrscheinlich. Aber ich bin nicht so sicher, ob die Diktatur
     der Frauen das beste Mittel ist, diese Gefahr auszuschließen. Ich neige dazu, die Zukunft darüber entscheiden zu lassen. Aber
     ich mache mir keine übertriebenen Hoffnungen. In meinen Augen ist es schon viel, daß es in der LIB Frauen gibt, die den Haß
     auf die Zweierbeziehung, auf den Mann und die Kinder ablehnen und die mit aller Kraft dafür kämpfen, den bedfordistischen
     Fanatismus zu zerstören.
    »Nun, Doktor, wie denken Sie darüber?«
    Ich sehe Burage an. Ich will meine Gedanken weder verbergen noch zu unvermittelt formulieren. Schließlich verdanke ich dem
Wir
zuviel, nicht zuletzt die Aussicht zu überleben.
    |259| »Also, ich glaube, daß das
Wir
für die Zukunft eine Lösung ins Auge faßt, der es an Gleichgewicht mangelt, doch ich überbewerte das nicht. Am Ende wird alles
     ins Lot kommen. Entscheidend ist, daß ihr keinen Haß gegenüber dem männlichen Partner empfindet.«
    Burage lacht.
    »Ralph, Ihre Antwort trägt alle Merkmale italienischer Finesse.«
    »Und Ihre Bemerkung ist von einem gewissen Rassismus getönt«, sage ich trocken.
    Ich bin weit davon entfernt, mich meiner italienischen Vorfahren zu schämen, aber ich mag es nicht, wenn man sie ständig ausbuddelt,
     um sie für meine Fehler oder Vorzüge verantwortlich zu machen.
    Die Sprechanlage blinkt auf, ich drücke auf die Taste. Es ist Grabel. Er erinnert mich daran, daß ich mir die Hunde ansehen
     wollte. Da ich weiß, daß Burage unsere Gespräche aus Vorsicht gerne in Etappen führt, erhebe ich mich unverzüglich und verabrede
     mich mit ihr für eine halbe Stunde später.
    Grabel ist im Nebenraum gerade dabei, einen der drei geimpften Hunde an der Leine zu führen, um seinen Gang zu beobachten.
     Da ich ihn seit gestern nicht gesehen habe, frage ich ihn, wie es ihm geht, und zu meinem großen Erstaunen antwortet er in
     aller Ausführlichkeit auf diese harmlose Frage.
    »Gar nicht so schlecht. Ich habe ziemlich starke Kopfschmerzen und kleine Schwindelanfälle, aber das ist nichts Ernstes; seit
     heute früh hatte ich zweimal Sprachstörungen.«
    Ich bin erstaunt über sein Bedürfnis, mir zu erzählen, daß er Sprachstörungen hatte. Ich sehe ihn

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