Die geschützten Männer
die wir sammeln konnten!«
Dieses
Wir
setzt mich in Erstaunen. Pierce streift mich mit einem Seitenblick, während sie auf und ab geht, und ich kann mein Erstaunen
vor ihr nicht verbergen. Sie fährt fort: »Ja, das alles bestätigt, was Reginald und ich vermuteten« – eine Bemerkung, die
bei mir auf völlige Ungläubigkeit stößt, denn ich weiß genau, daß Joan »den armen Reginald«, wie sie ihn nennt, |175| aus allem heraushält, was sie leidenschaftlich interessiert. Ich bin sicher, mit diesem
Wir
ist nicht das Ehepaar Pierce gemeint. Sie bleibt stehen und sieht mich an.
»Eine Frage, Ralph.«
»Alle Fragen, die Sie wollen, doch ich bitte Sie, Joan, nicht wie aufgezogen hin und her zu laufen, und verschonen Sie mich
auch mit dem Schaukelstuhl!«
Pierce lacht und setzt sich auf einen Stuhl.
»Immer noch so sensibel, Ralph? Wissen Sie, gerade das wollte ich Sie fragen: wie fühlen Sie sich nach Anitas Abreise?«
»Eigentlich ganz gut.«
»Was bedeutet, eigentlich?«
»Im ersten Moment hat mir die Geschichte ganz schön zu schaffen gemacht, das will ich nicht bestreiten. Aber dann habe ich
mich befreit gefühlt. Und warum soll ich es Ihnen nicht sagen? Heute abend fühle ich mich bei dem Gedanken, nicht mehr auf
sie warten zu müssen, ungeheuer erleichtert.«
Schweigen. Ihr funkelnder, forschender Blick heftet sich auf mein Gesicht.
»Noch eine Frage, Ralph. Hat Anita Sie für immer verlassen?«
»Was mich betrifft, ja.«
»Sie wollen damit sagen, selbst wenn sie in einem Jahr, in zwei Jahren zurückkehren würde …«
»Nein. Ich würde ihre Rückkehr nicht akzeptieren. Sehen Sie, Joan, heute früh habe ich eins begriffen: ich kann Anita nicht
mehr achten.«
Eine Pause. Joan fixiert mich mit ihren durchdringenden Augen.
»Sie tragen es ihr nach, daß sie ihren Mann ihrer Karriere opfert?«
»Aber nein! Das könnte ich sogar sehr gut verstehen. Nein, was ich an Anita verurteile, ist, daß sie im Dienst einer Tyrannei
bleibt, und schlimmer noch: im Dienst einer Tyrannei, deren Ideologie sie nicht einmal billigt. Oh, ich weiß genau, wie sie
das rechtfertigt. Wenn sie an Bedfords Seite bleibt, versucht sie, den Schaden in Grenzen zu halten. Aber das ist die Rechtfertigung
aller Opportunisten. In Wirklichkeit ist Anita durch und durch zynisch. Sie ist im Begriff, ihre gesamte Lebensauffassung |176| zu verleugnen. Und wofür? Für einen Botschafterposten!«
Pierce richtet sich auf und sieht mich an. »Endlich«, sagt sie, »endlich, Ralph! Die Schuppen fallen Ihnen von den Augen.
Endlich sehen Sie die Situation, wie sie ist!«
Ich runzele die Brauen.
»Aber Sie selbst, Joan, haben bisher in unseren Diskussionen Anita immer verteidigt!«
»Gezwungenermaßen! Ich wollte mich doch nicht mit Ihnen überwerfen! Sie mußten selbst die Wahrheit entdecken. Jetzt ist es
soweit! Sie sind über den Berg! Sie haben sich von Anita gelöst. Das war ein dunkler Fleck auf Ihrer Weste, lassen Sie sich
das gesagt sein. Aber Sie sind ihn losgeworden.« Triumphierend fährt sie fort: »Ich habe immer Vertrauen in Sie gesetzt, Ralph!
Ich habe immer gesagt, daß Sie eines Tages zur Vernunft kommen werden. Bravo, Ralph! Endlich werden wir mit Ihnen arbeiten
können!«
Erneut fällt mir das
Wir
auf. Mir fällt ebenso auf, daß Pierce sich diesmal nicht mehr die Mühe macht, es zu verschleiern. Sie beugt sich vor und sagt
hastig: »Hören Sie, Ralph, Sie sind seit zwanzig Minuten hier. Deshalb müssen wir dann die Abhöranlage wieder einschalten
und noch einmal zwanzig Minuten über dies und jenes sprechen. Das ist lange. Ich laufe trotzdem Gefahr, daß jemand Ihre Ankunft
hier bemerkt und dem Abhördienst gemeldet hat. Wenn ja, wird der Leerlauf entdeckt und meine Abhöranlage ebenfalls heimlich
versiegelt. – Ralph, die Zeit drängt«, fährt sie fort. »Ich muß Sie um zweierlei bitten: ergreifen Sie von jetzt an keine
Initiative, ohne sich mit mir abzusprechen.«
»Was verstehen Sie unter Initiative?«
»Sie dürfen zum Beispiel keine Ablehnung an die Bundesspermabank schreiben.«
»Was denn, Sie wissen davon?«
»Aber sicher.«
»Ich habe zu Ihnen nicht darüber gesprochen.«
»Sie wissen doch, es gibt keine Geheimnisse. Ich habe es von Mutsch erfahren, und die hatte es von Stien.«
Pause.
»Gehört Mutsch zu dem Personenkreis, dem ich vertrauen kann?«
|177| Pierce schüttelt bedächtig den Kopf.
»Persönlich ist Mutsch absolut vertrauenswürdig, Ralph. Nur hat sie
Weitere Kostenlose Bücher