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Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)

Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)

Titel: Die geschwätzigen Kleinode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Diderot
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»Murmelbach kenn’ ich nicht,« antwortete das Kleinod. »Vielleicht ist es der junge Geck, den meine Gebieterin aus dem Hause werfen ließ wegen einiger Frechheiten, deren ich mich nicht mehr genau erinnere.«
    Cynarens Kleinod nahm das Wort: »Nach Trübewasser, Greifgreif, Flachkopf fragen Sie mich? Ich habe wohl viel Bekanntschaften gemacht, aber diese Namen hör’ ich zum erstenmal. Vielleicht werden der Emir Amalek, der Finanzrat Tenelor oder der Wessir Abdiram mir Nachricht von ihnen geben können. Das sind meine Freunde. Die kennen die ganze Welt!«
    »Cynarens Kleinod ist sehr verschwiegen,« sagte Maikäfer. »Es schweigt von Zarafis, Ahiram, dem alten Trebister und dem jungen Mahmud, den man doch nicht so leicht vergißt. Es klagt nicht den kleinsten Brahminen an, ohnerachtet es sich seit zehn oder zwölf Jahren in den Klöstern umhertreibt.«
    »Ich habe doch gewiß schon manchen Besuch in meinem Leben empfangen,« sagte Melissens Kleinod, »aber Greifgreif und Breitschnabel, und noch weniger Maikäfer sind jemals zu mir gekommen.«
    »Herzens-Kleinodchen,« antwortete Greifgreif, »du irrst. Breitschnabel und mich magst du verleugnen, soviel dir beliebt, aber mit Maikäfer stehst du ein bißchen besser, als du zugeben willst. Er hat mir etwas davon anvertraut, ist der wahrhaftigste Junge in Congo, gilt mehr als einer, den du genannt hast, und kann einem Kleinod nur Ehre machen.«
    »Ja, die Ehre eines Betrügers gehört ihm und seinem Freunde Flachkopf,« sprach Fatimens Kleinod schluchzend. »Was hab’ ich den abscheulichen Menschen getan, daß sie mir Übles nachreden? Der Sohn des Kaisers von Abessinien kam an Erguebzeds Hof. Ich gefiel ihm. Er bewarb sich um mich, aber es wäre ihm mißlungen, und ich wäre meinem Gemahl treu geblieben, der mir teuer war, hätten der verräterische Sammtpfötchen und sein niederträchtiger Mitschuldiger Flachkopf meine Zofen nicht bestochen und den jungen Prinzen mir im Bade zugeführt.«
    Zirfilens und Zuleicas Kleinod hatten sich gegen den nämlichen Vorwurf zu verteidigen und sprachen beide zu gleicher Zeit, aber so hastig, daß es außerordentlich schwer war, jedem das Seine zu geben. »Gunstbezeigungen,« rief das eine. – »An Sammtpfötchen?« das andre … »Ja! wär’ es Zinzim … Zerbelon … Benengel … Agarias … der welsche Sklave Franz Rikeli … der junge Ethiope … Thezaka … aber der schmacklose Sammtpfötchen … der unverschämte Flachkopf! … ich schwöre beim Brahma … ich rufe die große Pagode und den Genius Cucufa zu Zeugen … ich kenne diese Menschen nicht – ich habe nie mit ihnen zu tun gehabt!«
    Zirfile und Zuleica sprächen noch, hätte Mangogul seinen Ring nicht zurückgedreht. Aber da diese Zauberkraft nicht mehr auf sie wirkte, verstummten ihre Kleinode plötzlich, und eine tiefe Stille folgte dem Geräusch. Dann erhob sich der Sultan und warf den unbesonnenen Buben zornige Blicke zu: »Ihr seid sehr dreist,« sprach er, »Damen zu verleumden, die Euch nie der Ehre würdigten, ihnen nahekommen zu dürfen, und kaum Eure Namen kennen. Wer macht Euch so frech, in meiner Gegenwart zu lügen? Zittert, Nichtswürdige!« Mit diesen Worten legte er Hand an sein Schwert, aber die erschrocknen Frauenzimmer schrien laut auf, und er hielt ein. »Ich wollt’ Euch,« fuhr Mangogul fort, »dem Tode übergeben, den Ihr verdient, aber die Damen habt Ihr beleidigt, sie mögen Euer Schicksal entscheiden. Kriechendes Gewürm! von ihnen hängt es ab, Euch zu zertreten oder Euch das Leben zu schenken. Reden Sie, meine Damen, was befehlen Sie?«
    »Sie mögen leben,« sprach Mirzoza, »und schweigen, wenn sie können.«
    »So lebt denn,« sagte der Sultan, »diese Damen erlauben’s. Vergeßt Ihr aber jemals die Bedingung, unter der Ihr lebt, so schwör’ ich bei der Seele meines Vaters …«
    Mangogul vollendete seinen Schwur nicht. Einer seiner Kammerherren unterbrach ihn mit der Nachricht, daß die Schauspieler bereit wären. Der Fürst hatte es sich zum Gesetz gemacht, die Zuschauer niemals warten zu lassen. »Man kann anfangen,« sagt’ er und gab seine Hand der Favorite, die er bis an ihre Loge begleitete.
    Hätte man in Congo an guter Deklamation Geschmack gehabt, so würde man einiger Komödianten haben entraten können. Die Gesellschaft bestand aus dreißig Personen, worunter kaum ein großer Schauspieler und zwei mittelmäßige Schauspielerinnen waren. Der Geist der Dichter mußte sich zu der Mittelmäßigkeit des großen Haufens

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