Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)
Kadilesker zwei große Eulen im Pelzmantel und statt der Wesire Gänse mit Pfauenschweifen. Ich überreichte mein Gesuch und hörte in dem Augenblick ein verzweifeltes Gekrächze, wodurch ich erwachte.«
»Der Traum ist wohl recht schwer zu entziffern?« sagte Mangogul. »Sie hatten gerade damals dem Diwan etwas vorzutragen und gingen, ehe Sie sich dahin begaben, durch das Tierhaus. Aber ich, Herr Bloculocus, wie steht’s mit meinem Hundekopf?«
»Es ist hundert gegen eins zu wetten,« sagte Bloculocus, »daß Sie an der gnädigen Frau oder an einer Dame, die Ihre Augen auf sich zog, einen Kragen mit Zobelschwänzen bemerkt hatten, und daß Ihnen die Möpse zum erstenmal aufgefallen waren. Beide Gegenstände sind einander zehnmal näher verwandt, als nötig ist, um die Seele zur Nachtzeit zu beschäftigen. Die Ähnlichkeit der Farbe verwandelte bei Ihnen einen Pelzkragen in einen Tierhals, und sogleich setzten Sie eine häßliche Hundeschnauze an die Stelle eines sehr schönen Damenkopfes.«
»Ihr System scheint mir begründet,« antwortete Mangogul, »warum lassen Sie es nicht drucken? Es könnte zur Beförderung der Traumkunde beitragen, einer wichtigen Wissenschaft, die man vor zweitausend Jahren sehr pflegte und seitdem zu sehr vernachlässigt hat. Ein andrer Vorzug Ihrer Lehre ist der, daß sie über viele alte und neuere Werke Licht verbreiten würde, die nichts als ein Traumgewebe sind: z.B. über Platos Abhandlung von den Ideen, über die Fragmente des Hermes Trismegistos, über die literarischen Parodoxen des Paters N …, über den Newton, über die Optik der Farben und über die Universalmathematik eines gewissen Brahminen. Könnten Sie uns zum Exempel nicht sagen, Herr Seher, was Guallonorone an jenem Tage gesehen hatte, als er seine Hypothese erträumte? was dem Pater C … geträumt hatte, als er sich anschickte, seine Farbenlehre zu fabrizieren, und was Cleobul für einen Traum gehabt hatte, als er seine Tragödie verfaßte?«
»Dahin hoffe ich es durch Nachsinnen zu bringen, gnädigster Herr,« antwortete Bloculocus. »Aber ich erspare diese heiklen Phänomene bis auf die Zeit, wo ich dem Publikum meine Übersetzung des Philoxenus vorlegen werde, deren Privileg ich mir von Eurer Hoheit erbitte.«
»Sehr gern,« sagte Mangogul, »aber wer ist der Philoxenus?« – »Fürst,« antwortete Bloculocus, »es ist ein griechischer Schriftsteller, der sich ungemein wohl auf Träume verstand.« – »Sie verstehn also Griechisch?« – »Keineswegs, gnädigster Herr.« – »Sie übersetzen doch den Philoxenus, der griechisch geschrieben hat?« – »Ja, gnädigster Herr, aber was braucht man eine Sprache zu verstehn, um sie zu übersetzen? Man übersetzt ja nur für Leute, die sie nicht verstehn.«
»Das ist vortrefflich,« sagte der Sultan. »Also, Herr Bloculocus, fahren Sie fleißig fort, aus dem Griechischen zu übersetzen, das Sie nicht verstehn. Ich verspreche Ihnen, ich will es niemand wiedersagen und Sie deswegen nicht minder hochschätzen.«
Die Unterhaltung war früher zu Ende als der Tag. Darum entschloß sich Mangogul, vor Abend noch einen Versuch mit seinem Ringe zu machen, wäre es auch nur, um sich mit fröhlicheren Gedanken zu Bette zu legen, als die ihn bisher beschäftigt hatten. Er begab sich alsobald zu Fanny, aber er fand sie nicht. Nach dem Nachtmahl kam er wieder hin, sie war aber immer noch abwesend. Also verschob er seine Prüfung auf den andern Morgen.
»Heute war Mangogul,« sagt der gelehrte Afrikaner, dessen Tagebuch wir übersetzen, »um halb zehn Uhr bei Fanny.« Man hatte sie eben zu Bette gebracht. Er trat an ihr Bett, betrachtete sie eine Zeitlang und konnte nicht begreifen, wie sie mit so wenig Reizen so viele Abenteuer hatte erleben können.
Fanny ist so blond, daß sie infolgedessen nichtssagend aussieht; groß, schlottrig, hat einen unanständigen Gang, ausdruckslose Züge, wenig Anmut, ein Gesicht von einer Keckheit, die nur bei Hofe erträglich ist; gerade so viel Verstand, als die Gewohnheit, zu lieben und sich lieben zu lassen, gewähren kann. Eine Frau müßte außerordentlich dumm von Natur sein, wenn sie nach zwanzig Liebeshändeln nicht wenigstens des alltäglichen Geschwätzes Meisterin wäre; denn so weit hatte es Fanny schon gebracht.
Ganz zuletzt war sie einem Manne zuteil geworden, der ihrem Charakter ganz angemessen war. Ihre Untreue machte ihm wenig Kummer, obwohl er nicht so gut wie die ganze Welt davon unterrichtet war, wie sie es trieb. Eine
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