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Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)

Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)

Titel: Die geschwätzigen Kleinode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Diderot
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nur der Tod, der einem solch eine Frau raubt, vielleicht läge sie jetzt in meinen Armen.« – »Aber wie benahmst du dich denn ihr gegenüber?« – »Ich liebte sie über die Maßen. Ich versäumte keine Gelegenheit, ihr Beweise meiner Zärtlichkeit zu geben. Ich genoß der süßen Genugtuung, zu sehn, daß sie gut aufgenommen wurden. Ich war ihr ängstlich treu, sie ebenso mir. Wir stritten nur darüber, wer den andern am meisten liebte. Durch solche kleine Plänkeleien lernten wir uns besser kennen. Nie waren wir zärtlicher, als wenn wir unsre Herzen erforscht hatten. Nach einer solchen Erklärung wurden unsre Liebkosungen immer lebhafter. Wie liebevoll und wahr wurden dann unsre Blicke! Ich las in ihren Augen, sie las in den meinigen, daß wir vor gleicher wechselseitiger, Liebe brannten.« – »Und wo lief das alles hinaus?« – »Auf Freuden, die allen minder liebenden, minder wahrhaftigen Sterblichen unbekannt sind.« – »Sie genossen?« – »Ja, ich genoß eines mir unendlich teuren Glücks. Zwar die Achtung selbst berauscht mich, aber sie vermehrt den Rausch um ein großes. Wir legten uns unsre Herzen offen dar, und Sie können nicht glauben, wie sehr die Leidenschaft dabei gewann. Je tiefer mein Blick drang, je mehr Tugenden ich entdeckte, desto größer war mein Entzücken. Eine Hälfte meines Lebens verlebt’ ich zu ihren Füßen, die andre sehnt’ ich mich nach ihr. Sie war glücklich durch mich, ich war unaussprechlich glücklich durch sie. Ich sah sie immer mit Vergnügen und verließ sie immer ungern. So lebten wir. Jetzt entscheiden Sie, gnädige Frau, ob eine zärtliche Frau so sehr zu beklagen sei.« – »Nein, das ist sie nicht, wenn Sie mir die Wahrheit sagen; aber es wird mir schwer, Ihnen zu glauben. So liebt niemand. Und selbst die Leidenschaft, deren Sie sich bewußt sind, muß nach meinen Begriffen die Freuden, die sie gibt, durch große Unruhe erkaufen.« – »Die empfand ich auch, gnädige Frau, aber sie war mir teuer. Ich fühlte Aufwallungen der Eifersucht. Die geringste Veränderung, die ich auf dem Gesicht meiner Geliebten bemerkte, erschütterte die geheimsten Tiefen meiner Seele.« – »Welch eine Ausschweifung! Alles in allem, schließ’ ich, daß man besser tut, zu lieben, wie die heutige Welt liebt; nach Gefallen zu wählen, sich treu zu bleiben, solange man sich unterhält und sich zu trennen, sobald man Langeweile fühlt oder an einem andern Gegenstand Geschmack findet. Unbeständigkeit beut uns eine Abwechslung von Freuden, die ihr liebekranke Herzen nicht kennt.« – »Ja, ich gebe zu, für kleine Lebedamen, für käufliche Frauen mag diese Manier gut genug sein; aber ein Mann von feinem zarten Gefühl gibt sich damit nicht ab. Höchstens kann ihm das die Zeit vertreiben, wenn sein Herz frei ist und er Vergleichungen anstellen will. Mit einem Wort, eine Buhlerin könnte mir nie gefallen.« – »Du hast recht, lieber Amisadar, ich höre dich gern so reden. Doch in wen bist du denn gegenwärtig verliebt?« – »In niemand, gnädige Frau, außer in Sie; aber ich wage nicht, es Ihnen zu sagen.« – »Ach, mein Lieber, wag’ es immerhin, du kannst es sagen,« versetzte Fanny und sah ihn fest an.
    Amisadar verstand diese Antwort sehr gut, setzte sich zu ihr auf das Sofa und fing an mit einem Bande zu tändeln, das um Fannys Busen flatterte. Man ließ ihn gewähren. Seine Hand fand kein Hindernis auf ihrem Wege und glitt weiter. Man fuhr fort, Blicke auf ihn zu schießen, die er nicht mißverstand. »Ich merkte wohl,« sagte das Kleinod, »er habe recht.« Er küßte den Busen, den er so gepriesen hatte. Man gebot ihm, einzuhalten, aber mit einem Tone, der einen Gehorsam übelgenommen hätte; daher gehorchte er auch nicht. Er küßte die Hände, küßte den Busen wieder, küßte den Mund und fand keinen Widerstand. Unmerklich schoben sich seine Lenden unter Fannys Beine. Seine Hand berührte sie, sie waren sehr wohlgebildet, Amisadar übersah das nicht. Man hörte seine Lobeserhebungen mit zerstreuten Blicken an. Durch diese Unaufmerksamkeit begünstigt, machte Amisadars Hand Fortschritte und kam gar bald bis an das Knie. Die Unaufmerksamkeit dauerte fort, und Amisadar fing an, sich zurechtzusetzen, als Fanny wieder zu sich selbst kam. Sie beschuldigte den jungen Philosophen, er überschreite die gebührende Achtung, aber nun war er zerstreut: er hörte nichts oder beantwortete die Vorwürfe, die man ihm machte, nicht anders als durch Vollendung seines

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