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Die Gesellschaft des Abendsterns

Die Gesellschaft des Abendsterns

Titel: Die Gesellschaft des Abendsterns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Mull
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eröffnen, muss man sich angreifbar machen. Sie dürfen drei Fragen stellen, die man zur Gänze und mit absoluter Aufrichtigkeit beantworten muss. Wenn man die Fragen ehrlich beantwortet hat, erfüllt einem der Dschinn einen Wusch. Wenn man lügt, wird er befreit und hat von da an Macht über den Betreffenden. Wenn man mit einer Antwort hinterm Berg hält, bleibt der Dschinn zwar in Gefangenschaft, darf jedoch eine Strafe verhängen, die ihm beliebt. Die Frage, die sie nicht stellen dürfen, ist die nach dem Vornamen des Bittstellers, und man darf auf keinen Fall zulassen, dass ein Dschinn diesen Namen auf anderem Wege erfährt. Bevor der Dschinn die förmlichen drei Fragen stellt, kann er versuchen, dich zu einem anderen Handel als der traditionellen Beantwortung dreier Fragen zu überreden. Der Bittsteller muss geduldig abwarten und mit Bedacht sprechen, denn jedes Wort, das man einem Dschinn gegenüber äußert, ist bindend. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich betrat das Verlies, während Stan Wache stand, und der Dschinn und ich verhandelten. Es macht mich immer
noch wütend, wenn ich daran denke, wie hinterhältig der Dschinn war. Er hätte den Teufel dazu beschwatzen können, einen Gottesdienst zu besuchen. Ich war mit meinem Latein am Ende. Der Dschinn feilschte und schmeichelte und suchte geschickt nach Hinweisen auf die Fragen, die er stellen sollte. Er bot mir viele Alternativen für die Fragen an, von denen einige sich durchaus verführerisch anhörten, aber ich witterte in all seinen Vorschlägen Fallen. Wir tauschten Angebote und Gegenangebote aus. Sein letztendliches Ziel bestand eindeutig darin, wieder freizukommen, was ich natürlich nicht erlauben konnte. Nachdem unser Gespräch sich über viele Stunden erstreckt und ich mehr über mich selbst preisgegeben hatte, als mir gefiel, hörte er endlich auf zu schachern und kam zu den Fragen. Stan hatte Tage damit verbracht, sämtliche Passwörter und andere Protokolle von Fabelheim zu ändern, damit ich nichts verraten konnte, was wichtig für unsere Sicherheit ist. Ich hatte alle Fragen durchdacht, die er mir stellen konnte, und ich fühlte mich bereit, alles zu beantworten. Als Erstes wollte er wissen, ob es eine Frage gebe, die ich nicht bereit wäre, aufrichtig zu beantworten. Wie ihr euch vielleicht vorstellen könnt, hatte ich eine Frage wie diese erwartet und mich so vorbereitet, dass ich darauf erwidern konnte, ich sehe mich in der Lage, jede mögliche Frage freimütig zu beantworten. Aber genau in dem Moment, als er fragte, wurde mir bewusst — möglicherweise von dem langen Vorgespräch beeinflusst  –, dass es eine bestimmte Information gab, die ich nicht offenbaren konnte, und so zog ich es vor, die Frage nicht zu beantworten. Das musste ich tun, um zu verhindern, dass der Dschinn freikam. Allerdings durfte er jetzt eine Strafe über mich verhängen. Er konnte mich zwar nicht töten, aber er verwandelte mich in ein Huhn.«
    »So bist du also zu einem Huhn geworden!«, rief Seth aus.

    »Ja«, sagte Oma.
    »Was war das Geheimnis, das du nicht offenbaren konntest?« , wollte Seth wissen.
    »Etwas, über das ich nicht sprechen kann«, antwortete Oma.
    »Der Dschinn ist immer noch dort unten«, sagte Kendra leise und betrachtete die Luke.
    Oma ging zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Kendra und Seth folgten ihr. »Es braucht drei Schlüssel und ein Passwort, um die Luke zum Verlies zu öffnen«, erklärte Oma. »Mindestens eine lebende Person muss das Wort kennen, das die Luke öffnet, oder der Zauber ist gebrochen, und der Gefangene wird freigelassen. Wenn einer der Schlüssel zerstört wird, geschieht dasselbe. Anderenfalls würde ich die Schlüssel einschmelzen und keiner Menschenseele das Passwort verraten.«
    »Was ist das Wort?«, fragte Seth.
    »Es sind zwei Worte«, sagte Kendra. »Träum weiter.«
    »Kendra hat Recht. Vielleicht wirst du eines Tages bereit sein für diese Art von Verantwortung.« Oma tätschelte ihm die Wange. »Aber bis dahin bin ich wahrscheinlich schon lange tot.«
    Sie kehrten in den Hauptflur zurück und folgten ihm, bis er abermals nach links abbog. Oma blieb vor einer deckenhohen Nische stehen und richtete die Taschenlampe auf einen seltsamen Schrank. Er war ein wenig höher als ein Mensch und sah aus wie die Art von Kiste, die Zauberer benutzten, um darin Menschen verschwinden zu lassen. Der Schrank war aus glänzendem schwarzen Holz gefertigt und mit goldenen Zierleisten versehen.
    »Das ist die

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