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Die Gesellschaft des Abendsterns

Die Gesellschaft des Abendsterns

Titel: Die Gesellschaft des Abendsterns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Mull
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reden, wie es ist … erwachsen zu werden …«
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen«, platzte Kendra heraus und hob beide Hände, um Coulter am Weitersprechen zu hindern. »Ich werde es Sie wissen lassen, wenn ich reden will. Pickel kommen vor. Ich habe kein Problem damit.« Seth machte ein Gesicht, als würde er gleich vor Lachen explodieren, aber er schaffte es, sich zu beherrschen.
    Coulter wischte sich mit der Hand über den Kopf und strich das kleine Büschel grauer Haare glatt. Er war leicht rot geworden. »Schön. Wir haben genug über Hormone gesprochen. Jetzt zu etwas anderem.« Er hielt einen Moment
inne und rieb sich die Hände. »Was soll ich euch beiden beibringen?«
    »Wie wir uns unsichtbar machen können«, antwortete Seth.
    »Ich meine, im Allgemeinen«, erwiderte Coulter. »Warum wollt ihr bei mir in die Lehre gehen?«
    »Damit wir lernen, wie wir uns vor magischen Kreaturen schützen können«, sagte Kendra.
    »Und damit wir hier helfen können«, ergänzte Seth. »Ich bin es leid, auf dem Hof zu bleiben.«
    Coulter drohte ihm spielerisch mit dem Zeigefinger. »Ein Reservat wie Fabelheim ist ein gefährlicher Ort. In meiner Branche kann schon die kleinste Unvorsichtigkeit zu einer Katastrophe führen. Und mit einer Katastrophe meine ich den Tod. Ohne zweiten Versuch. Nur ein kalter, einsamer Sarg.«
    Durch den Ernst in seinem Tonfall änderte die Stimmung sich schlagartig. Kendra und Seth lauschten aufmerksam.
    »In diesem Wald«, sagte Coulter und deutete mit der Hand auf die Bäume, »wimmelt es von Kreaturen, die nichts lieber tun würden, als euch zu ertränken. Euch zu verkrüppeln. Euch zu verschlingen. Euch in Stein zu verwandeln. Wenn ihr auch nur für einen Moment nicht auf der Hut seid, wenn ihr für eine Sekunde vergesst, dass jedes einzelne der Geschöpfe in diesem Reservat potenziell euer schlimmster Feind ist, habt ihr keine größere Überlebenschance als ein Wurm auf dem Boden eines Hühnerstalls. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
    Kendra und Seth nickten.
    »Ich erzähle euch das nicht, um euch einzuschüchtern«, sprach Coulter weiter. »Ich versuche nicht, euch mit Übertreibungen zu erschrecken. Ich will, dass ihr mit offenen Augen durchs Leben geht. In meinem Beruf sterben ständig
Menschen. Talentierte, vorsichtige Menschen. Wie umsichtig ihr auch seid, es besteht immer das Risiko, einer Kreatur zu begegnen, die so gefährlich ist, dass ihr mit ihr nicht fertigwerdet. Oder ihr könntet euch in einer Situation wiederfinden, mit der ihr schon hundert Mal zu tun hattet, aber ihr macht einen Fehler, und eine zweite Chance bekommt ihr nicht. Falls einer von euch sich mit mir in diesen Wald wagen sollte, möchte ich nicht, dass ihr euch an ein falsches Gefühl der Sicherheit klammert. Ich bin des Öfteren in brenzlige Situationen geraten, und ich habe Menschen sterben sehen. Ich werde mein Bestes tun, um euch zu beschützen, aber es ist nur fair, euch zu warnen: An jedem Tag, und selbst wenn wir etwas tun, das bloße Routine zu sein scheint, könnten wir alle, wenn wir in diesem Wald sind, umkommen. Ich nehme euch nur mit, wenn ihr das voll und ganz begriffen habt.«
    »Wir wissen, dass es riskant ist«, sagte Seth.
    »Da ist noch etwas, das ich euch jetzt sagen sollte. Wenn wir uns in Lebensgefahr befinden und es so aussieht, als müsste ich mich selbst opfern, um einen von euch zu retten, oder schlimmer noch, als müsste ich zwei von uns opfern, werde ich wahrscheinlich mich selbst retten. Ich erwarte von euch, dass ihr genauso handelt. Wenn ich euch retten kann, werde ich es tun; wenn nicht … Ihr seid gewarnt worden.« Coulter hob die Hände. »Ich will nicht, dass eure Geister aufkreuzen und darüber jammern, dass ich euch nicht gewarnt hätte.«
    »Wir sind gewarnt worden«, bestätigte Kendra. »Wir werden Sie nicht als Geister heimsuchen.«
    »Na ja, ich vielleicht, aber nur ein bisschen«, meinte Seth.
    Coulter schnaubte, hustete ein wenig Schleim hoch und spuckte aus. »Also, ich beabsichtige, uns von Situationen
fernzuhalten, in denen unser Leben in Gefahr ist, aber es besteht immer die Möglichkeit, dass es zum Schlimmsten kommt, und wenn euch dieses Risiko zu hoch ist, dann sagt es jetzt, denn sobald wir draußen im Wald sind, könnte es zu spät sein.«
    »Ich bin dabei«, erklärte Seth. »Ich bin immer noch enttäuscht, dass ich gestern nicht mitgehen durfte.«
    »Ich bin auch dabei«, verkündete Kendra mutig. »Aber mir hat es nichts ausgemacht, gestern

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