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Die Gesellschaft des Abendsterns

Die Gesellschaft des Abendsterns

Titel: Die Gesellschaft des Abendsterns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Mull
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das.«
    »Gut«, sagte Seth. »Das wäre also geregelt. Können wir jetzt reingehen?«
    Oma schob den Schlüssel ins Schloss und drückte die Tür auf. Sie quietschte ein wenig. Ein kühler, feuchter Luftzug begrüßte sie. »Wir müssen die Angeln mal wieder ölen«, meinte Oma mit gedämpfter Stimme, während sie mit ihrer Taschenlampe einen langen Flur entlangleuchtete. Boden, Wände und Decke waren aus Stein, Eisentüren mit kleinen verriegelten Fenstern säumten den Gang.
    Sie traten ein, und Oma schloss die Tür hinter ihnen. »Warum nur eine Taschenlampe?«, fragte Seth.
    Oma leuchtete auf einen Lichtschalter. »Der Kerker hat elektrisches Licht.« Sie richtete den Lichtstrahl auf mehrere nackte Glühbirnen, die von der Decke baumelten. »Aber die meisten unserer Gäste bevorzugen die Dunkelheit. Aus Gründen der Humanität halten wir uns deshalb normalerweise an Taschenlampen.«
    Oma ging auf die erste Tür zu. Das verriegelte Fenster befand sich etwa anderthalb Meter über dem Boden — niedrig genug, dass sie alle in die leere Zelle dahinter sehen konnten. Oma deutete auf einen Schlitz im unteren Teil der Tür. »Durch diesen Schlitz schieben die Wärter die Essenstabletts.«
    »Die Gefangenen verlassen niemals ihre Zellen?«, erkundigte sich Kendra.
    »Nein«, antwortete Oma. »Und eine Flucht ist schwierig.
Alle Zellen sind natürlich magisch versiegelt. Und wir haben einige Bereiche mit stärkeren Sicherungen für mächtigere Bewohner. Im Falle eines Gefängnisausbruches kommt als letztes Mittel ein Wisperhund zum Einsatz.«
    »Ein Wisperhund?«, fragte Seth.
    »Das ist kein lebendes Geschöpf, sondern ein Zauber«, erklärte Oma. »Ab und zu streift man hier unten an einem eiskalten Beutel vorbei. Das ist der Wisperhund. Er wird ziemlich grimmig, wenn ein Gefangener aus einer Zelle ausbricht. Ich habe noch nie gehört, dass das hier vorgekommen wäre.«
    »Es muss eine Menge Arbeit sein, den Gefangenen zu essen zu geben«, bemerkte Kendra.
    »Nicht für uns«, sagte Oma. »Die meisten der Zellen stehen leer. Und wir haben zwei Wächter, niedere Goblins, die den Brei machen und servieren und hier einigermaßen für Ordnung sorgen.«
    »Die Goblins lassen die Gefangenen nicht einfach frei?«, fragte Kendra.
    Oma führte sie durch den Gang. »Ein bisschen Schlauere würden es vielleicht tun. Unsere Wärter gehören zu der Art von Goblins, die seit Jahrtausenden in Kerkern arbeitet. Magere, unterwürfige Kreaturen, die nur dafür leben, von ihren Vorgesetzten Befehle zu empfangen und sie auszuführen —also von eurem Großvater und mir. Außerdem haben sie keine Schlüssel. Es gefällt ihnen, im Dunkeln zu leben und die Aufsicht über dieses trostlose Reich zu führen.«
    »Ich möchte welche von den Gefangenen sehen«, bat Seth.
    »Glaub mir, den meisten würdest du lieber nicht begegnen wollen«, versicherte Oma ihm. »Einige sind ziemlich alt und wurden aus anderen Reservaten hierhergebracht. Viele sprechen kein Englisch. Alle sind gefährlich.«

    Der Korridor endete in einem T und zweigte nach links und rechts ab. Oma leuchtete mit der Taschenlampe in beide Richtungen, wo sich weitere Zellentüren befanden. »Diese Gänge sind Teil eines großen Vierecks. Man kann entweder nach links oder nach rechts gehen und landet wieder hier. Es zweigen noch ein paar weitere Gänge von ihnen ab, und es gibt hier noch einige bemerkenswerte Dinge, die ich euch zeigen will.«
    Oma wandte sich nach rechts. Zu guter Letzt bog der Flur nach links ab. Seth versuchte ständig, in die Zellen zu spähen, an denen sie vorbeikamen. »Zu dunkel«, sagte er leise zu Kendra, während Oma mit der Taschenlampe den Weg vor ihnen beleuchtete.
    Kendra lugte in eins der Fenster und sah ein wolfsähnliches Gesicht, das sie anfunkelte. Was war nur mit Seth los? Waren seine Augen schlechter geworden? Er hatte gerade in dieselbe Zelle geschaut und vermeldet, er könne nichts sehen. Es war schummrig, aber nicht stockdunkel. Nachdem sie den Wolfsmann gesehen hatte, spähte sie lieber nicht mehr durch die vergitterten Gucklöcher.
    Ein gutes Stück den Gang hinunter blieb Oma an einer Tür aus blutrotem Holz stehen. »Diese Tür führt in die Halle des Grauens. Wir öffnen sie niemals. Die Gefangenen in diesen Zellen brauchen kein Essen.« Sie gingen weiter, doch Seths Blick blieb an der Tür kleben.
    »Denk nicht mal dran«, flüsterte Kendra.
    »Wie bitte?«, sagte er. »Ich bin vielleicht manchmal blöd, aber bescheuert bin ich

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