Die Gesellschaft des Abendsterns
niemandem gestern Nacht etwas Merkwürdiges aufgefallen?« , fragte Opa und blickte forschend in die Runde.
»Ich wünschte, mir wäre etwas aufgefallen«, erwiderte Tanu.
»Nicht das Geringste«, murmelte Coulter mit einem nachdenklichen Ausdruck in den zusammengekniffenen Augen.
Kendra, Seth und Oma schüttelten den Kopf.
»Nun, solange wir nicht mehr wissen, müssen wir dies als einen Unfall ansehen«, sagte Opa. »Aber seid doppelt wachsam. Ich habe so eine Vermutung, dass bei diesem Puzzle mehrere Teile fehlen.«
»Keiner der Drumanten war giftig?«, hakte Oma nach.
»Keiner«, antwortete Vanessa. »Sie sind lästig, aber sie werden keinen dauerhaften Schaden anrichten. Ich werde Fallen aufstellen, und wir werden sie wieder einfangen. Wenn ihr Sägespäne und Knoblauch auf eure Laken streut, sollte sie das fernhalten.«
»Sollen wir vielleicht noch ein paar Glasscherben dazulegen, wenn wir schon dabei sind?«, brummte Coulter.
»Wenn all diese Drumanten hier frei herumlaufen«, begann
Seth, »wäre es vielleicht doch sicherer, wenn wir euch heute begleiten würden.«
»Netter Versuch«, bemerkte Kendra.
»Ruth wird euch helfen, euch die Zeit zu vertreiben«, sagte Opa.
»Ich habe ein paar faszinierende Dinge, die ich euch zeigen will«, bestätigte Oma.
»Coole Dinge?«, fragte Seth.
»Und wie«, versprach Oma.
Vanessa zog ein weißes Netz aus ihrer Tasche. »Ich werde einige dieser Tücher im Haus auslegen. Wenn ihr einen Drumant entdeckt …« Sie ließ den Stoff los, und er fiel wie ein Fallschirm zu Boden, wo er sich zu einem Durchmesser von fast zweieinhalb Metern ausbreitete. »Der Höcker wird euch verraten, wo der kleine Bengel sich versteckt hält. Wenn er versucht, wegzuhüpfen, wird er sich nur verheddern. Es könnte sein, dass ihr ein wenig Übung braucht, aber es funktioniert. Schlagt nur nicht einfach drauf oder versucht, sie mit bloßen Händen aufzuheben.«
»Da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen«, versicherte Kendra. »Haben Sie noch andere Tiere?«
»Einige Arten, ja«, antwortete Vanessa.
»Sind irgendwelche davon giftig?«, erkundigte Kendra sich weiter.
»Keine ist tödlich. Obwohl einige meiner Salamander bewirken könnten, dass du plötzlich einschläfst. Ich benutze ihre Extrakte für meine Pfeile.«
»Pfeile?«, rief Seth aufgeregt.
»Für mein Blasrohr«, erklärte Vanessa.
Seth sprang von seinem Stuhl auf. »Ich will es ausprobieren!«
»Alles zu seiner Zeit«, sagte Vanessa.
Am Fuß der langen, steilen Treppe hinunter zum Keller fühlte sich die Luft erheblich kühler an. Die Eisentür am Ende des düsteren Gangs sah unheilverkündend aus, nur beleuchtet von der Taschenlampe, die Oma Sørensen hielt. Im unteren Teil der Tür befand sich die kleine Klappe, die die Wichtel benutzten. Die Tür am oberen Ende der Treppe hatte ebenfalls eine solche Klappe.
»Die Wichtel kommen durch den Kerker rein und raus?«, fragte Seth.
»Ja«, antwortete Oma. »Mindestens einer kommt jede Nacht vorbei, um zu sehen, ob wir ihnen etwas zum Reparieren hingestellt haben.«
»Warum lasst ihr die ganze Kocherei nicht einfach von den Wichteln erledigen?«, erkundigte sich Kendra. »Sie machen so tolles Essen.«
»Köstlich«, stimmte Oma ihr zu. »Aber ganz gleich, welche Zutaten wir rauslegen, sie versuchen immer, ein Dessert daraus zu machen.«
Sie kamen an die Metalltür. Oma förderte einen Schlüssel zutage. »Denkt daran, sprecht leise und haltet euch von den Zellentüren fern.«
»Müssen wir hier rein?«, fragte Kendra.
»Spinnst du?«, rief Seth. »Sie sind alle eingesperrt, wir brauchen keine Angst zu haben.«
»Es gibt reichlich Grund, Angst zu haben«, korrigierte Oma ihn. »Ich weiß, du versuchst nur, deiner Schwester Mut zu machen, aber der Kerker ist nicht ganz ungefährlich. Die Kreaturen hier unten sind aus gutem Grund eingekerkert. Euer Großvater und ich nehmen die Schlüssel zu den Zellen nur dann mit, wenn wir einen Gefangenen verlegen müssen. Das sollte dir zu denken geben.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich sehen will, was hier unten ist«, bemerkte Kendra.
Oma legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Es ist töricht, die Gefahr bewusst zu suchen — wie dein Bruder hoffentlich gelernt hat. Aber genauso töricht ist es, die Augen vor der Gefahr zu verschließen. Viele Gefahren werden weniger bedrohlich, sobald du ihre potenziellen Risiken verstehst.«
»Ich weiß«, erwiderte Kendra. »Unwissenheit ist kein Schutz und all
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