Die Gesellschaft des Abendsterns

Titel: Die Gesellschaft des Abendsterns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Mull

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die Kugel konzentriert, lenkt sie einen ab. Also konzentriert man sich auf etwas in der Nähe der Kugel. Ich habe mich darauf konzentriert, den Grund des Vogelbads zu reiben, und die Kugel im Hinterkopf behalten. Während ich also den Boden des Vogelbads rieb, bemerkte ich die Kugel und schnappte sie mir.«
    »Ich habe mich auf die Kugel konzentriert«, sagte Kendra.
    Coulter warf die Kugel in Richtung der Bank. Sie landete auf dem Rasen. »Geh und hol sie noch einmal. Versuch es diesmal, ohne dich zu konzentrieren.«
    Kendra tat wie ihr geheißen und hob die Kugel auf. »Ich schätze, ich bin immun.«
    »Interessant«, murmelte Coulter nachdenklich.
    »Ich wette, jetzt könnte ich es auch«, erklärte Seth.
    »Leg sie hin, Kendra«, sagte Coulter.
    Seth ging auf die Kugel zu, bückte sich und pflückte ein paar Grashalme, dann machte er kehrt und setzte sich auf die Bank. »Was?«, fragte er und überlegte, warum die beiden ihn so anstarrten, dann schlug er sich abermals an die Stirn, als sie es ihm wieder ins Gedächtnis riefen.
    »Das muss eine weitere Nebenwirkung von den Feenküssen sein«, vermutete Kendra.
    »Ja«, sagte Coulter grübelnd. »Du gibst uns immer weitere Rätsel auf, nicht wahr? Und bei dieser Gelegenheit fällt mir noch etwas anderes ein: Die Feen haben auch hier in Fabelheim einige seltsame Dinge bewirkt. Wir haben
nach eurem letzten Besuch eine faszinierende Entdeckung gemacht. Es wird euch gefallen.« Er hob die Stimme. »Hugo, komm her!«
    Der riesige Golem kam hinter der Scheune hervor und lief mit langen, stampfenden Schritten auf sie zu. Als Kendra Hugo das letzte Mal gesehen hatte, blühten üppige Blumen auf ihm, was den Feen zu verdanken gewesen war. Jetzt sah er wieder fast so aus, wie er es getan hatte, bevor die Feen ihn wiederbelebten: ein grobschlächtiger Leib aus Erde, Stein und Lehm, eher affenartig in der Gestalt als menschenähnlich. Hier und da sprossen ein paar Gräser und Löwenzahn auf seinem Körper, aber keine belaubten Reben oder Blumen mehr.
    Hugo blieb vor ihnen stehen. Die Oberseite von Coulters Kopf reichte dem Golem kaum bis zur Mitte seiner mächtigen Brust. Hugo war breit, hatte dicke Gliedmaßen und überproportional große Hände und Füße. Er sah aus, als könnte er Coulter mühelos in Stücke reißen, aber Kendra wusste, dass Hugo so etwas niemals tun würde. Der Golem befolgte lediglich Befehle.
    »Ihr erinnert euch an Hugo?«, fragte Coulter.
    »Natürlich«, sagte Seth.
    »Passt auf«, fuhr Coulter fort. Er hob einen Stein auf und warf ihn nach dem Golem. Hugo fing ihn auf.
    »Was soll das beweisen?«, fragte Seth.
    »Ich habe ihm nicht aufgetragen, den Stein zu fangen«, antwortete Coulter.
    »Er muss einen ständigen Befehl haben, Dinge aufzufangen, die man ihm zuwirft«, vermutete Kendra.
    Coulter schüttelte den Kopf. »Kein ständiger Befehl.« Hugo lächelte schwach.
    »Lächelt er gerade?«, fragte Seth.
    »Zuzutrauen wäre es ihm«, erwiderte Coulter. »Hugo, tu, was immer du möchtest.«

    Hugo ging in die Hocke, dann riss er beide Arme nach oben und sprang hoch in die Luft. Er landete mit solcher Wucht, dass der Boden erzitterte.
    »Er tut Dinge aus eigenem Antrieb?«, fragte Kendra.
    »Kleine Dinge«, sagte Coulter. »Er ist immer noch absolut gehorsam und erledigt all seine Aufgaben. Aber eines Tages hat eure Großmutter ihn dabei beobachtet, wie er ein Vogeljunges zurück in sein Nest legte. Niemand hatte einen Befehl gegeben; er war einfach nett zu dem Tier.«
    »Sie sagen, dass die Feen etwas mit ihm gemacht haben?«, rief Kendra. »Nachdem Muriel Hugo mit einem Zauber zerstört hatte, haben sie ihn wiederhergestellt, aber sie müssen ihn auch verändert haben.«
    »Soweit wir das beurteilen können, haben sie ihn in einen echten Golem verwandelt«, erklärte Coulter. »Künstliche Golems, diese vernunftlosen Marionetten, die nur existieren, um Befehle zu befolgen, wurden ursprünglich als Imitationen echter Golems erschaffen, die lebende Geschöpfe waren. Echte Golems gibt es schon lange nicht mehr. Aber Hugo ist jetzt anscheinend einer. Er entwickelt einen eigenen Willen.«
    »Wow!«, rief Seth.
    »Kann er kommunizieren?«, wollte Kendra wissen.
    »Bisher nur sehr grob«, erwiderte Coulter. »Er versteht ziemlich viel, das tat er schon immer, sonst hätte er ja keine Befehle ausführen können. Seine körperliche Koordination ist präzise wie eh und je, doch jetzt fängt er an, damit zu experimentieren, sich auszudrücken und aus eigenem